06.11.2019

Steter Kampf für mehr Belebung

In Altstättens Altstadt stehen mehrere Läden leer, auch grössere – und einige werden bloss notdürftig genutzt.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Das Problem kennen auch andere Orte. Vor allem die Modebranche trage stark zum Ladensterben in Schweizer Städten bei, war erst kürzlich im Zürcher Tagesanzeiger zu lesen. In Altstätten wurde nicht nur die OSV-Filiale (der Nachfolgebetrieb von Charles Vögele) geschlossen, auch zwei Geschäfte mit grosser Altstätter Tradition sind verschwunden: Das einstige Schuhhaus inmitten der Marktgasse steht ebenso leer wie das grosse Ladenlokal von Da Valentino schräg gegenüber.Gastro- und Coiffeurbetriebe im ÜberflussGefüllt werden die Lücken landesweit zunehmend durch Gastrobetriebe. Wo sich in Altstätten einst die Metzgerei Eugster oder der Kiosk im «Gaiserbahnhof» befanden, sind ebenso Imbisslokale entstanden wie im Sternen-Parterre, unter den Marktgass-Arkaden oder anstelle des früheren Top Mode beim Untertor. Auch das frühere Malergeschäft Stieger ist seit vielen Jahren eine Beiz. Selbst der ehemalige Kiosk neben der Traditionsbäckerei Rist an der Trogenerstrasse war in einen Kleinimbiss verwandelt worden, ist aber schon wieder geschlossen und die Glasscheibe hässlich verklebt. Auch am Schuhhaus-Lokal in der Marktgasse sei ein potenzieller Gastrobetreiber interessiert gewesen, sagt Agnes Etterlin, die das Lokal seit dem Sommer vermieten will.Auch die Zahl der Coiffeursalons ist in den letzten Jahren auffallend gestiegen. Vor allem mit Billigangeboten versuchen die Neuen ihr Glück – mit je einem Salon in der Marktgasse, der Engelgasse, der Obergasse und beim Freihof-Kreisel. Allerdings ist anzumerken, dass in jüngerer Vergangenheit auch ein paar neue, zugkräftige Läden dazukamen, die auf das Städtli setzen – darunter der 2013 in die Marktgasse umgezogene, stark vergrösserte Steinzauber, das gediegene Geschäft Flair an der Webergasse (Innenarchitektur, Wohnen, Mode), das Floranum an der Engelgasse oder die Agentur Machart.Etwa zehn Lokale sind derzeit zu habenZählt man die Ladenflächen zusammen, für die Mieter gesucht werden, kommt man auf ungefähr 500 Quadratmeter. Fast zehn Laden- und Geschäftslokale sind zu haben, wobei ein Teil der Besitzer immerhin eine Zwischennutzung gefunden hat. Erwin Buschor, der das verschwundene Tabaklädeli am Engelplatz vermieten möchte, hat ein paar Möbel herbeigeschafft, was sicher sehr viel besser ist als heruntergelassene Fensterläden oder der Blick in einen leeren Raum. Wo Gmüesler Buschor jahrzehntelang Bestand hatte, sind als Übergangslösung Skulpturen ausgestellt, und im ehemaligen Fachgeschäft Sandmann, das Haushalt- und Geschenksartikel verkaufte, betreibt Fredy Lüchinger sein originelles Body-Scan-Geschäft Atrejo. Dieses wäre allerdings auf deutlich mehr Laufkundschaft angewiesen, wie Lüchinger sagt. Erschwerend kommen die beschränkten Öffnungszeiten hinzu, die der anderweitig voll berufstätige Lüchinger nicht ohne weiteres auszudehnen vermag.Lieferdienst, City-MessengerDass Altstätten ein «hartes Pflaster ist», müssten Lüchinger und andere Befragte nicht ausdrücklich betonen – es ist bekannt. Immobilienprofis haben denn auch die Erfahrung gemacht, dass der Raum Heerbrugg – Widnau – Au bei der Suche nach einem Ladenlokal tendenziell anziehender ist. Dass ein paar der bestehenden Altstätter Läden von Inhabern im Pensionsalter fortgeführt werden, ist zwar anerkennenswert, aber kein Aspekt, der grosse Zuversicht bewirkt.Doch wie gesagt: Nicht nur Altstätten kämpft. Auch viel grössere Städte haben das gleiche Problem. Olten bringt Einkäufe auf Wunsch nun per Velokurier nach Hause und lässt eine Projektgruppe nach Belebungsmöglichkeiten suchen. Galerien, Ausstellungen, Pop-up-Stores haben vielerorts lindernde, aber nicht heilsame Wirkung.In St. Gallen gibt es neuerdings den City-Messenger – eine stark beworbene App, die lokale Betriebe und Kunden «zusammenbringt», wie es heisst, indem der Interessierte laufend über Aktionen, Neuheiten, Empfehlungen und Anlässe informiert wird. Altstättens neuer digitaler Marktplatz Crossiety hat zwar einen anderen Zweck, doch für die Bekanntmachung öffentlicher Anlässe wie z. B. einer Modeschau im Städtli kann er ebenfalls dienen.Arbeitsgruppe suchte nach guten IdeenAuf welche Weise sich die Altstadt beleben lässt, beschäftigt seit diesem Jahr die Arbeitsgruppe «Altstadt-Entwicklung» unter dem Vorsitz von Stadtpräsident Ruedi Mattle. Nachdem Ideen gesammelt worden seien und eine Priorisierung stattgefunden habe, gehe es nun in Richtung Umsetzung. Eine der Ideen zielt ab auf die Gestaltung von Schaufenstern leer stehender Läden, eine andere, die sich als Hit erweisen könnte, sei noch nicht spruchreif, sagt Mattle. Gewisse positive Wirkung ist auch dem neuen Beschriftungs- und Reklamereglement zuzutrauen, das zum Beispiel blinkende Reklamen, zugeklebte Fensterscheiben und andere optische Schandflecke in Zukunft vermeiden hilft. Die Bemühungen kommen gewiss nicht zu früh. Der wirklich grosse Wurf ist aber nicht in Sicht. Die stark umstrittene Autofrei-Initiative vor zwei Jahren scheiterte kläglich, und dem ein Jahr davor von Judith Schmidheiny angeregten Projekt «Stadtoase», einer Offenlegung von Kanälen in der Altstadt, sind offene Ohren bisher verwehrt geblieben.

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