Gert BrudererVor vier Jahren sagte der damalige Marketingleiter des Traditionsunternehmens: «Niemand hätte gedacht, dass es der Ego mal schlecht gehen könnte.» Dem «Fels in der Brandung.» Aber der Altstätter Betrieb wurde markant heruntergefahren, ein grosser Teil der Belegschaft suchte sich andernorts eine neue Beschäftigung – oder musste dies tun.Michael Dietsche, der bei Ego auch der Service-Organisation vorstand, gründete eine eigene Firma, die im April 2017 «mit null Umsatz und sieben Monatslöhnen» begann. Die Leute fragten ihn am Anfang, ob er sich nicht fürchte. Dietsches Antwort «Es muss funktionieren» war so gemeint: Das eigene Unternehmen kann das, was der Schreiner nicht kann und was grosse Firmen nicht machen wollen, weil sie anders ausgerichtet sind und sie die Wertschöpfung in Produktion und Vertrieb haben.Home Office war Dietsche zu wenigSeCasa, an der Michael Dietsche als einer von drei Eigentümern mit dem grössten Aktienpaket beteiligt ist, sieht das Hauptgeschäft im Service, in der Wartung und in der Reparatur von Fenstern und Türen. Se steht für Service, Casa für Haus – und der Firmenname somit für Servicehaus. Der Ersatz von Gläsern jeder Grösse ist ein zweites Betätigungsfeld, hinzu kommen allgemeine Schreinerarbeiten und bei Bedarf der Ersatz von Fenstern und Türen. Neubauten hingegen sind kein Thema.SeCasa hatte von Anfang an die ganze Schweiz im Sinn. Es gibt deshalb je einen Firmenstandort in Kemptthal, in Aigle sowie in Altstätten.Doch zu den Büros an der Alten Landstrasse kam Michael Dietsche auf einem Umweg. In seinem Home Office in Rebstein hatte er schnell gemerkt, dass das Arbeiten daheim nicht seinem Naturell entsprach. Der 49-Jährige ist jemand, der die Betriebsamkeit braucht, ein Geschehen um ihn herum, also wechselte er für die Anfangszeit in ein Büro in Heerbrugg und von dort an den jetzigen Altstätter SeCasa-Hauptsitz.Auch der Chef schlüpft ins Servicegwändli«Wir sind schnell, zuverlässig und kompetent», sagt Michael Dietsche, «und haben somit ganz altmodische Werte.» Kein Kunde sei seiner Firma zu klein, und ganz gleich, was für die Reparatur zum Beispiel eines Fensters nötig sei: «Wir springen jedem noch so schwer erhältlichen Beschlag, jeder Dichtung, jedem einzelnen Kleinteil nach, das es braucht.» Die Empfehlung, ein Fenster auszuwechseln, werde erst geäussert, wenn es wirklich nicht mehr anders gehe. Und das Neue stamme dann, sofern der Kunde es nicht anders wünsche, aus einheimischer Produktion.Seit seiner Zeit bei EgoKiefer, als Chef von hundert Mitarbeitenden, hat Michael Dietsche eine Metamorphose erlebt. «Die beiden letzten Jahre haben mich geerdet», sagt er. Wann immer seine Zeit und die Aufgabe es zulassen, schlüpft der Unternehmer auch selbst ins Servicegwändli.Nie war klar, was der nächste Tag bringen würde«Niemand hat auf uns gewartet und am Anfang kämpften wir darum, alle Löhne zahlen zu können.» Als die Firma den Betrieb aufnahm, am 3. April 2017, fing es mit Telefonieren an. «Alle haben wir potenzielle Kunden angerufen», sagt Michael Dietsche. «In den ersten paar Monaten wussten wir an keinem Tag, was der nächste bringen sollte.»Inzwischen ist ein gewisser Arbeitsvorrat vorhanden und kann SeCasa auf einen Kundenstamm zählen, der das junge Unternehmen regelmässig berücksichtigt – Liegenschaftsverwaltungen, Private, Geschäftskunden, unter ihnen ein national tätiges Textilhandelsunternehmen.Nachdem er zeitlebens Arbeitnehmer gewesen war, ist Michael Dietsche nun Mitglied im Arbeitgeberverband. Der Vater zweier erwachsener Kinder sagt, sein jetziges Berufsumfeld sei eine völlig neue Welt.Zwei Jahre nach dem Start dürfte der Weg zu schwarzen Zahlen deutlich kürzer sein als die bereits zurückgelegte Strecke. Zur zehnköpfigen Belegschaft kommt im Mai eine elfte Arbeitskraft, und der sukkzessive Ausbau sowohl des Standortnetzes als auch des Personalbestandes ist ein klares Ziel. Um in allen Sprachregionen des Landes vertreten zu sein, soll möglichst bald auch eine Filiale im Tessin entstehen. Michael Dietsche sagt: «Wir wollen rasch vorwärtsmachen.»