08.12.2020

Starker Start im falschen Cup

Das Bobteam Kuonen mit dem Lüchinger Anschieber Marco Tanner ist mit einem zweiten Platz in die Europacup-Saison gestartet.

Von Yves Solenthaler
aktualisiert am 03.11.2022
Die Europacup-Saison kommt erst zaghaft in Schwung, Marco Tanner und seine Teamkollegen erlebten aber schon vor zwei Monaten eine herbe Enttäuschung: In je zwei Weltcup-Selektionsläufen in beiden Schlitten unterlagen Michael Kuonen & Co. den Teams von Michael Vogt und Simon Friedli.Dabei hatte es gut angefangen mit einem zweiten Platz im Zweierbob. Dann stürzte aber der grosse Schlitten im Abschlusstraining (ohne Tanner). Zwei Teammitglieder verletzten sich, in der zweiten Selektionstranche vier Tage später wirkte dieser Sturz nach. «Es war unser Ziel, im Weltcup zu fahren», sagt Tanner, «im ersten Moment war die Enttäuschung riesig, auch die Motivation liess nach. Dann sagten wir: Jetzt holen wir im Europacup Spitzenplätze.»Bestes Europacup-Resultat für Bobteam KuonenZum Auftakt in Winterberg hat das schon mal geklappt: Im ersten Zweierbobrennen fuhren Kuonen/Tanner auf den zweiten Platz, nur 0,08 s hinter dem Deutschen Hans Peter Hannighofer. Dabei standen die Weltcupteams von Frankreich und Lettland am Start: «Wir dachten vor dem Rennen, Top 6 wäre gut», freut sich Tanner, «so kann die Saison weitergehen.» Es war das bisher beste Resultat des Teams Kuonen – in der letzten Saison gab’s einen dritten Platz im Vierer- und zwei vierte Plätze im Zweierbob mit 0,01 und 0,02 Sekunden hinter dem Dritten.Den Schwung kann Marco Tanner nicht mitnehmen, er hat vorerst Rennpause bis Januar. Es gibt zwar im Dezember noch einen Europacup in Königssee. Aber dort fährt Kuonen mit zwei anderen Anschiebern. Weil es wegen Corona erst im nächsten Jahr wieder Viererrennen gibt, setzt Kuonen in den Zweierrennen dieses Jahres alle Teammitglieder ein. Deshalb startete Tanner auch nicht am zweiten Rennen in Winterberg, bei dem Kuonen und Sandro Ferrari den achten Rang belegten.Marco Tanner (links) und Michael Kuonen: Der zweite Platz in Winterberg war für sie das bisher beste Europacup-Ergebnis.«Der nächste Schritt wäre der Sieg im Europacup», sagt Tanner. Bei weiteren starken Europacupauftritten gibt’s Ende Saison vielleicht noch den einen oder anderen Weltcupeinsatz. Aber Vogt und auch Friedli sind im Zweier-Weltcup mit Podestplätzen gestartet. «Dadurch ist es als Schweizer schwieriger, in den Weltcup zu kommen als in den letzten Jahren», sagt Tanner, «das Gute daran ist: Sobald man dabei ist, weiss man, dass man um Podestplätze fahren kann.»Weil das Nationenranking eingefroren wird, bleibt die Schweiz auch in der Saison 2021/22 bei zwei Weltcup-Startplätzen. «Wir versuchen im nächsten Herbst wieder, einen zu ergattern», sagt Marco Tanner. Das ist von entscheidender Bedeutung: Jetzt nicht im Weltcup zu starten, ist mit Blick auf die Olympia-Selektion ein Nachteil. Aber noch kein Ausschlussgrund: «Es gibt auch in der Olympiasaison noch Selektionen», sagt Tanner.  Jedoch nur im Weltcup.Die rennfreie Zeit bis Januar überbrückt Marco Tanner mit Training. Er berichtet von Rekordwerten in Schnelligkeit in Sprunghöhe und neuer Anschiebe-Bestzeit. Die Schweizer Starter-Meisterschaften fielen aus, aber in einem internen Rennen mit allen Teams waren Kuonen & Co. mit beiden Schlitten die Schnellsten. Tanner ist noch kräftiger geworden. Aber nicht schwerer: «Ich habe wohl mehr Muskeln und weniger Fett, mehr als 93 kg geht mit 1,76 m aber kaum», sagt er. Wichtiger seien Explosivität, Schnelligkeit und Kraft, um das durch seine fehlenden Kilos zusätzliche Gewicht im Schlitten auszugleichen. Sprintübungen machte Tanner während des Lockdowns in Lüchingen auf dem Trottoir: «Ich rannte den Hügel hinauf.» Den Kraftraum der Sportlerschule in Teufen konnte er indes durchgehend nutzen.Ob die Saison stattfindet, war lange ungewiss. Jetzt gibt’s Rennen ohne Zuschauer. «Schön, dass wir überhaupt Wettkämpfe haben», sagt Marco Tanner. Er fühle sich unterwegs mit den vielen Corona-Tests und den strengen Sicherheitsvorschriften im Bobsport fast sicherer als in der Schweiz.

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