Martin RechsteinerSieben Minuten dauert der Weg vom Bahnhof Rheineck hinauf zur Burg. «Wir wollen am Fuss des Hügels bald ein Schild mit der Zeitangabe aufstellen», sagt Stadtpräsident Hans Pfäffli. Besucher sollen sehen, dass der Weg hoch zum Aussichtspunkt nicht so weit ist, wie er scheint.Wer die Stufen den Hügel hinauf erklimmt, erhält als Belohnung einen schönen Ausblick über das historische Städtchen und die nähere Umgebung. Pfäffli steht an der Mauer und zeigt auf verschiedene Gebäude. «Jugendstil, Barock, Modern . . . in Rheineck gibt es schöne Häuser in allen möglichen Baustilen», sagt er und wirkt dabei stolz. Es hat fast schon etwas Väterliches, wie er auf sein Städtchen hinabblickt. Und das ist nachvollziehbar. Denn seit gut 21 Jahren präsidiert er Rheineck, hat seine Geschicke gelenkt, es entwickelt und auch verändert.Doch bald soll Schluss sein. Hans Pfäffli will sein Amt im Herbst 2019 abgeben, wie er im Frühsommer angekündigt hat. Als Grund nennt er sein Alter. «Dann bin ich 63. Das muss reichen», lautet seine Erklärung. Ab dann will sich Pfäffli im Hintergrund halten. Andere Mandate oder Stellen strebe er nicht an. «Ich freue mich. Das Loslassen dürfte mir nicht schwer fallen. Auch nach über 20 Jahren im Amt nicht», sagt er und betont, dass er seinen Job stets gern ausgeübt hat und dies immer noch tut.Macedo ist ein «dicker Fisch»Läuft für Pfäffli alles nach Plan, muss für den Herbst kommenden Jahres also ein Nachfolger her. «Ich habe im Moment keine spezifische Idee, wer das sein könnte», sagt er. «Aber ich will es einmal so ausdrücken: Im Rheinecker Teich gibt es nicht so viele Fische.» Ein in dieser Hinsicht dicker Fisch, sprich heisser Kandidat, ist der Stadtschreiber Gabriel Macedo. Doch der schielt derzeit auf den Präsidentenstuhl der Stadt Amriswil im Kanton Thurgau. Die Wahlen sind im November. «Falls Macedo gewählt wird, muss Rheineck 2019 nebst meiner Nachfolge auch jene des Stadtschreibers lösen», sagt Pfäffli. Das sei natürlich keine leichte Aufgabe, aber machbar. «Für die Stelle des Schreibers findet sich wohl jemand aus einer Verwaltung.»Macedos Kandidatur im Kanton Thurgau hat Pfäffli nur teilweise überrascht: «Er war schon immer ein engagierter, junger Mann. Und dem wollen wir nicht im Wege stehen. Dass er die Herausforderung in Amriswil sucht, kann man ihm nicht verübeln.» Er sei für das Stadtpräsidium von Rheineck nach wie vor eine «gute Option». Auch Pfäffli selbst hat damals als Stadtschreiber das Präsidentenamt übernommen. «Ich glaube nicht, dass Macedo wegen seiner Amriswiler Kandidatur viele Unterstützer in Rheineck verliert.»«Sicht war schon vor Schutzwand eingeschränkt»Die Treue halten die Rheinecker laut Pfäffli auch dem Lärmschutzprojekt an der A1. Entlang der Autobahn wird derzeit eine bis zu sechs Meter hohe Mauer errichtet. «Das Projekt ist seit langem eine Rheinecker Herzensangelegenheit», sagt er. «Wir sind froh um die Sanierung der Autobahn und die Mauer.» Die eingeschränkte Sicht in Richtung Österreich habe vorher schon bestanden. «Der Erdwall auf der anderen Seite der Autobahn besteht schon lange und ist nur minim tiefer.» Dass das zuständige Bundesamt für Strassen (Astra) mit dem Bau im Zeitplan liege, freut den Stadtpräsidenten. «Wegen der Sanierung der Ausfahrt in Buriet weichen Verkehrsteilnehmer vermehrt auf die Strasse durch Rheineck aus. Das ist Ende Jahr zum Glück aber vorbei.» Bereits abgeschlossen in Buriet ist der Bau des neuen Depots der gemeinsamen Feuerwehr mit Thal und Lutzenberg. «Die definitiven Abrechnungen sollten im Herbst kommen», sagt Pfäffli. Auf 8,9 Millionen Franken beläuft sich der Voranschlag, er rechnet aber mit einem leicht geringeren Betrag. «Ein knappes Drittel daran wird Rheineck bezahlen, den Rest die anderen beiden Gemeinden.» Ein weiteres Projekt mit der Nachbargemeinde Thal ist zudem die Renovation des Alters- und Pflegeheims Kruft. «Wir werden das Baugesuch bald veröffentlichen», sagt Pfäffli. Rund 9,5 Millionen Franken schwer ist das Vorhaben, finanzieren soll es der Betrieb selbst. Falls dies aber nicht gelingt, müssen die Gemeinden in die Bresche springen – Rheineck mit bis zu 4,3 Millionen Franken.Weitere 3,5 Millionen Franken soll das neue Kindergartenzentrum kosten. «Derzeit hat Rheineck drei Kindergärten, alle sind sanierungsbedürftig», sagt Pfäffli. Sie zu renovieren käme gleich teuer wie der geplante Neubau neben dem Primarschulhaus. «Mit dem Gebäude am neuen Standort könnten wir Synergien nutzen, wie etwa gemeinsame Pausenaufsichten oder Grundschulangebote.» Am 23. September stimmt das Städtli über das Projekt ab. Zwei Vorhaben will Hans Pfäffli vor seinem Abgang zudem noch vollenden, beziehungsweise so weit wie möglich voranbringen. Eines davon ist das Verkehrsregime in Rheineck.Das Städtli will vermehrt auf 30er-Zonen setzen. «Nach den Sommerferien wollen wir alle nötigen Massnahmen für Tempo 30 im Altstadtkern öffentlich auflegen», sagt der Stadtpräsident. Im kommenden Jahr soll der Bereich ab dem Löwenhof in Richtung Zentrum folgen.Runder Tisch fürs GrüenauquartierPfäfflis zweites Vorhaben ist das Grüenauquartier. Auf dem Areal stehen ältere Liegenschaften, sie gehören grösstenteils der Stadt. Diese wollte das Gebiet bereits einmal als mögliches Bauland erschliessen und ihre Liegenschaften für eine koordinierte Arealentwicklung verkaufen. Die Bevölkerung erteilte dem Vorhaben jedoch eine Absage. Pfäffli will nicht aufgeben. Er wünscht sich eine Wohnsiedlung auf dem Gebiet. «Das würde den Grüenau-Grundbesitzern, inklusive der Gemeinde, mehr bringen als ein brachliegendes Areal», sagt er. Deshalb hat er kürzlich alle Grundbesitzer an einem runden Tisch versammelt. «Das Treffen lief gut. Bei der nächsten Zusammenkunft Ende August will die Gemeinde genauer aufzeigen, was es für bauliche Optionen auf dem Gelände gibt, wie eine Siedlung dort aussehen könnte.»Neue Ortsplanung dem Nachfolger überlassenHans Pfäffli scheint also noch voller Tatendrang, obwohl der Ruhestand winkt. «Es ist noch mein Job und ich mache ihn nach wie vor gern», betont er. Etwas allerdings wird er nicht mehr anpacken: die Revision der Ortsplanung. «Das ist ein längerer Prozess, der Kanton gibt uns zehn Jahre Zeit.Da lohnt es sich nicht mehr, wenn ich etwas beginne, das ohnehin nicht einmal im Ansatz fertig wird», sagt er und fügt mit einem Lächeln an: «Das ist etwas für meinen Nachfolger.»