13.01.2020

Stadt verliert ihren Steinzauber

Der Steinzauber in Altstätten schliesst sein Ladenlokal Ende März. Doch der Umsatz sei nicht der Grund, heisst es.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Gert BrudererInhaberin Sonja Zünd führt ihr Geschäft fort, aber ohne das Ladenlokal. Dieses übernimmt ihr Gatte Andreas Zünd mit seiner Werbeagentur Machart, die sich heute 50 Meter entfernt an der Trogenerstrasse befindet.Weil beide Ehepartner selbstständig sind und jedes der beiden Geschäfte gewachsen ist, «bleibt manchmal zu wenig Zeit für die Familie und andere eigene Interessen», sagt Sonja Zünd.Zu kurz kommt auch die Schmuckherstellung, ihre grosse Leidenschaft. In einem Betrieb mit vier Mitarbeiterinnen sei das Hobby, das einst zur Geschäftsgründung führte, allzu sehr in den Hintergrund getreten, weil viel andere Arbeit erledigt sein will.Weitermachen, nur ohne festes LadenlokalSonja Zünd wird sich künftig wieder vermehrt der Herstellung von Schmuck widmen, einen Online-Handel betreiben und an Märkten teilnehmen. Sicher an den drei Altstätter Hauptmärkten will sie vertreten sein. Ausserdem stellt sie sich vor, den Steinzauber zwischendurch immer mal wieder «kurz aufblitzen» zu lassen, indem sie zum Beispiel leer stehenden Raum vorübergehend nutzt.Die Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit ohne festes Ladenlokal ist der Grund, weshalb sie nicht nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger für ihren Laden suchte. Eine Übergabe hiesse, dass sie sich die Konkurrenz gleich selber schaffen würde. Bestimmte Linien ihres Ladens würden jedoch andere Läden im Städtli übernehmen, sagt Sonja Zünd – gute Schweizer Produkte wie Tücher oder Duftstoffe; an Interessenten mangle es nicht.Mit ihrem Steinzauber begann Sonja Zünd 2007 an der Engelgasse, 2013 zügelte sie in die Marktgasse. Hier erfreut sie sich eines treuen Kundenstamms. Etwa die Hälfte der Kundschaft stamme aus Altstätten, 25 bis 30 Prozent aus der Umgebung, der ansehnliche Rest sogar aus Regionen wie dem Appenzellerland, dem Fürstentum Liechtenstein und dem Vorarlberg.Dass der Steinzauber sein Ladenlokal aufgibt, sei auch unter dem Aspekt zu sehen, dass «Neues entstehen soll», sagt Andreas Zünd. Die beiden Eheleute bündeln ihre Kräfte und wollen ihre Kreativität auch zugunsten der Stadt nutzen.Viele Projektideen, aber bisher keine ZeitDas ist zurzeit zwar nicht konkret, sei aber ernst gemeint. Seine Frau und er hätten in den letzten Jahren viele Einfälle gehabt, sagt Andreas Zünd – Ideen für Projekte, doch die Zeit, sie anzugehen, habe schlicht gefehlt.Den beiden Geschäftsleuten schweben sowohl Projekte unter Einbezug weiterer Beteiligter vor, als auch die Ausarbeitung von Vorschlägen für Altstättens Belebung.Gerade der Steinzauber, sagt Andreas Zünd, habe klargemacht, dass es möglich sei, mit einem besonderen Angebot Auswärtige nach Altstätten zu holen.Städtli könne ein gutes Pflaster seinObschon in Diepoldsau aufgewachsener Balgacher Bürger, fühlt Andreas Zünd sich ganz als Altstätter. Hier wurde er mit seiner Agentur «gut aufgenommen» und er hat sich ein gutes Netzwerk aufgebaut. Seit 15 Jahren lebt er hier mit seiner Frau, die in Balgach die Kindheit verbrachte.Auch Sonja Zünd möchte die Stadt nicht mehr missen.Während die Altstätter Geschäfte über das Jahr verteilt «viele Veranstaltungen durchführen» und mit viel Liebe und Aufwand bestrebt seien, dem Städtli eine bedeutsame Rolle als Einkaufsort beizumessen, sei die Unterstützung aus dem Rathaus bisher zu bescheiden, gab Sonja Zünd bei FM1 Today zu verstehen.Ein Vorwärtsgehen mit geballter Kraft vorausgesetzt, könne das Städtli ein gutes Pflaster sein, finden Zünds. KOMMENTARHoffnung im SchockDie Meldung von der Ladenschliessung kommt für Altstätten sehr überraschend. Ausgerechnet der Steinzauber! Ein erfolgreiches Vorzeigegeschäft an bester Lage! Das kommt dem Städtli wirklich ungelegen.Als hätte Altstätten nicht schon genug zu tun, um a) für leer stehende oder zwischengenutzte Ladenlokale in der Altstadt eine neue, solide Lösung zu finden und b) mit vielversprechenden Rahmenbedingungen die Basis für geschäftlichen Erfolg zu stärken. Zehn Läden, darunter zwei grosse, stehen derzeit leer oder werden bloss provisorisch genutzt, weitere Ladenschliessungen sind schon in Aussicht gestellt. Trotz abgelehnter Autofrei-Initiative hat sich das Lädelisterben in der jüngeren Vergangenheit leider beschleunigt.Wenigstens hat das Steinzauber-Ladenlokal eine Nachfolgemieterin – eine Werbeagentur, deren schöpferischer Inhaber Andreas Zünd nicht nur die eigene Firma im Auge hat, sondern das Städtli als Ganzes. Zusammen mit seiner Gattin, der Steinzauber-Inhaberin, möchte er mehr für das Zentrum tun, Projekte anstossen, Ideen für Altstätten einbringen.Sollten solche Kreativität und Einsatzfreude irgendwann in Form von Zahlen spürbar werden (mehr Läden, mehr Umsatz) – umso besser. Für Vorschusslorbeeren ist jedoch, mitten im Steinzauber-Schock, noch zu wenig Konkretes bekannt.

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