«Gras ist das Heilmittel der Nation, Alkohol ihre Zerstörung», sagte der Reggae-Musiker Bob Marley. Welche Schäden der Konsum von Cannabis tatsächlich hinterlässt, ist nach wie vor umstritten. Bisher wird dem Konsum von Cannabis in der Schweiz – im Gegensatz zum Alkohol – ein Riegel vorgeschoben. Alle Versuche für eine Legalisierung der Droge scheiterten. Fakt ist: Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Substanz in der Schweiz. In den Ostschweizer Kantonen gibt es bei den Konsumentenzahlen allerdings grosse Unterschiede.Bei der letzten Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) aus dem Jahr 2017 gaben in der Schweiz 679 von 16 979 (4%) der befragten Personen an, in den letzten 30 Tagen Cannabis konsumiert zu haben. Befragt wurde die ständige Wohnbevölkerung ab 15 bis 64 Jahren in Privathaushalten.«Wir sind keine Hochburg für Cannabis»Im Kanton St. Gallen liegt der Konsum mit 21 von 849 (2,5%) Personen «signifikant niedriger» als im Rest der Schweiz. Allgemein gilt: Junge Erwachsene konsumieren häufiger Cannabis. Mit zunehmendem Alter nimmt der Konsum stetig ab und wird zur Randerscheinung. Der Anteil der Männer mit Cannabiserfahrung ist in allen Altersgruppen höher als der Anteil der Frauen, so das BAG.Bei der Suchthilfe St. Gallen kann man diese Entwicklungen bestätigen. Geschäftsleiterin Regine Rust führt aus: «Wir sind schweizweit sicherlich nicht als Hochburg für Cannabis bekannt. Eher für Kokain.» Zudem treffe man selten auf Extremkonsumenten. Auf die Frage, wieso die Zahl der Cannabiskonsumenten so niedrig ist, sagt sie: «Ich finde, dass es im Kanton St. Gallen eine hohe Kompetenz gibt, mit Cannabis umzugehen.»«Die Zahlen haben mich positiv erstaunt», sagt Martina Gadient, Fachbereichsleiterin Sucht beim Gesundheitsdepartement St. Gallen. Normalerweise nehme sie an: «Je urbaner ein Gebiet, desto mehr wird konsumiert.» Dass der Kanton St. Gallen so niedrige Zahlen aufweist, könne sie sich nicht erklären, ohne zu spekulieren. So rät sie zur Vorsicht: «Wir müssen unsere Angebote für die Suchthilfe aufrechterhalten und zum Teil weiter ausbauen. Aber wir sind auf einem guten Weg.»Dies bestätigen auch die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Fachhochschule St. Gallen. Thema war, ob es bei der Suchthilfe Lücken oder eine Überversorgung gibt. In einer Mitteilung schreibt der Kanton, das Resultat zeige, dass das Angebot sehr gut aufgestellt sei und als ausreichend wahrgenommen werde. Insbesondere in den Bereichen der ambulanten und stationären Versorgung für Erwachsene biete der Kanton St. Gallen eine gute Bedarfsdeckung. Weiter listet die Studie Verbesserungsansätze auf: Vor allem die Angebote von stationären und ambulanten Therapieplätzen für Jugendliche «könnten weiterentwickelt werden». Es sei klar ersichtlich, dass die Suchthilfe einen Schwerpunkt auf erwachsene Personen mit Suchtproblem legt. Das Verdikt: «Jugendliche stehen weniger im Fokus.»Jugendliche sehen Kiffen nicht als ProblemDas St. Galler Gesundheitsdepartement ist sich des Problems bewusst. Martina Gadient sagt: «Das Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene ist sicher ausbaufähig.» Immer wieder behandelt man das Thema in Schulen. Doch: «Die Jugendlichen nehmen ihren Cannabiskonsum oftmals nicht als Problem wahr.» So sei es häufiger, dass Eltern Hilfe für ihre Schützlinge anfordern als die Jugendlichen selber.Gerade angesichts der vergleichsweise weiten Verbreitung des Cannabiskonsums im Jugendalter ist der Befund, dass es für diese Zielgruppe zu wenig Angebote gibt, besonders wichtig. Ein Problem: die Realisierbarkeit. Gadient erklärt, dass man die Jugendlichen weniger gut erreichen könne als hilfesuchende Erwachsene. Weiter sagt sie: «Wenn wir unsere Sensibilisierungs- und Präventionsstrategie näher an die Jugend bringen könnten, dann könnten wir das Problem besser anpacken.»Im Gegensatz zum Kanton St. Gallen kiffen in Ausserrhoden laut Statistik des BAG überdurchschnittlich viele Cannabis. Mit 5,6 Prozent ist der relative Anteil sogar der höchste der Schweiz. Somit zählt Ausserrhoden zu einer der nationalen Cannabis-Hochburgen. Dies noch vor den Westschweizer Kantonen Waadt und Genf.Ausserrhoder kiffenam meisten«Die publizierten Zahlen zum Cannabiskonsum in Appenzell Ausserrhoden haben auch uns erstaunt», sagt Markus Meitz, Leiter Abteilung Gesundheitsförderung in Ausserrhoden. Er ist aber der Meinung, dass sich die Statistik etwas relativieren lasse, da insgesamt ein Drittel der dargestellten Kantone über dem durchschnittlichen Wert von 4 Prozent bei den 15- bis 64-Jährigen sind. Meitz erklärt: «Bei Statistiken ist es immer so, dass wenige zusätzliche Fälle einen kleinen Kanton gleich an die statistische Spitze bringen.» Bei der Ausserrhoder Beratungsstelle für Suchtfragen stehe das Thema Cannabis bei der Zahl der Beratungen – hinter Alkohol – an zweiter Stelle. Gemäss Meitz lässt sich mit einem Anteil von 21 Prozent aller Anfragen jedoch kein kausaler Zusammenhang mit dem Spitzenplatz herstellen.Eine mögliche Erklärung könnte aber die nahe Verbindung zum Tabakkonsum sein. Gemäss Monitoring 2017 habe man in Ausserrhoden festgestellt, dass der Kanton auch beim gemessenen Anteil der Bevölkerung beim Tabakkonsum an vierter Stelle steht. «Fachlich wissen wir, dass es Zusammenhänge zwischen Tabak und Cannabis gibt», sagt Meitz. Dabei würden Personen, die Zigaretten rauchen, öfters Cannabis konsumieren als Nichtraucher.Die Bevölkerung im Thurgau kifft etwas weniger (3,2%) als der Schweizer Durchschnitt. Aus Innerrhoden gibt es keine Zahlen.