17.05.2021

Sportkleider aus Fischernetzen

Kira Fässler hat genug von Fast Fashion und Umweltverschmutzung. Deshalb hat sie ein Modelabel gegründet.

Von Perrine Woodtli
aktualisiert am 03.11.2022
Das kann es doch nicht sein. Das dachte sich Kira Fässler, als sie vor zwei Jahren auf der Suche nach qualitativ hochwertiger Sportbekleidung war. Diese fand die heute 28-Jährige zwar, jedoch stammten die Kleider zu ihrem Verdruss praktisch alle aus Asien. Kurz darauf stiess sie auf ein kleines Label aus Zürich, das Bademode aus recyceltem Plastik herstellt. Fässler, die in Rheineck aufgewachsen ist und heute in Mörschwil lebt, war begeistert und fragte sich: «Wenn es möglich ist, dass ich mit diesem Material schöne und hochwertige Badehosen erhalte, müsste das doch auch mit anderen Funktionskleidern gehen?»Kleines Atelier in der Türkei gefundenDie Rheintalerin recherchierte stundenlang im Netz. Dabei stiess sie auf viele Unternehmen, die ihre Sportkleider als nachhaltig und fair anpriesen. Mit ein paar Klicks habe sie aber herausgefunden, dass viele Firmen Greenwashing betreiben. Das bedeutet, dass diese sich und ihre Produkte nachhaltiger darstellen, als sie es sind. Schliesslich entschied sie sich, ein eigenes Label zu gründen: Kiani Activewear war geboren.Kira Fässler machte sich in Europa auf die Suche nach einem Partner, stellte aber fest, dass viele Produzenten nicht mit Start-ups zusammenarbeiten. In Istanbul fand sie ein kleines Atelier, wo ihre Kleidung nun von Hand hergestellt wird. Faire Arbeitsbedingungen, eine nachhaltige Produktion und Vertrauen waren Fässler wichtig – und dass der Konsument den ganzen Wertschöpfungsprozess nachverfolgen kann. Bei allem, was für Kiani Activewear verwendet werde, handelt es sich laut Fässler um recycelte oder natürliche Materialien. Das Nylon etwa werde aus alten Teppichen und Fischernetzen gewonnen. Jährlich landen Tausende Fischernetze im Meer und werden somit Teil des Plastikmülls in den Ozeanen. Für Tiere werden die Netze zur Todesfalle. Auch andere Abfälle aus dem Meer dienen als Material für die Kleider. Die Rohmaterialien werden laut Fässler bei Organisationen oder direkt bei den Produzenten gekauft. Eine Organisation ist Healthy Seas, die Fischernetze in den Meeren sammelt und einer italienischen Firma verkauft, die das recycelte Garn herstellt. Fässler will so transparent wie möglich sein. Sie listet alle Infos zu den Produkten auf. Für ihre Marke stehe sie wortwörtlich mit ihrem Namen hin. Kiani steht für Kira und Annina – ihr Zweitname. Bis jetzt hat Kiani Activewear eine Sportleggins und einen Sport-BH in je drei Farben im Sortiment. Fässler arbeitet mit einem Designer ihres Produzenten zusammen. Bald kommt ein Sweatshirt aus 100 Prozent biologisch zertifizierter Baumwolle auf den Markt. Dafür hat sie einen zweiten Partner in Portugal gefunden. In Planung seien zudem kurze Hosen, T-Shirts und Thermounterwäsche. Fässler finanziert alles mit ihrem Ersparten.Es gehe nicht darum, reich zu werden, betont sie. Vielmehr will sie dazu beitragen, die Meere sauber zu halten sowie Nachhaltigkeit und bewusste Kaufentscheidungen zu fördern. Nachhaltigkeit wurde für sie vor einigen Jahren ein wichtiges Thema. Fast Fashion und die Wegwerfgesellschaft gehen der jungen Frau gegen den Strich. Sie kaufe nur das, was sie wirklich brauche. Und bei ihrem Esstisch handle es sich ursprünglich um Kuhstallboden. «Man kann so vieles selber machen. Wieso muss man immer alles wegschmeissen und neu kaufen?»Influencer müssen authentisch seinEin eigenes Modelabel aufzubauen, kostet Zeit. Fässler arbeitet Vollzeit beim Werkzeugmaschinenbauer Starrag in Rorschacherberg als Teamleiterin Produktion. Sie sitzt zudem an ihrer Masterarbeit für Business Administration. Wird das alles nicht zu viel? Fässler winkt ab. Sie habe schon immer gerne viel gearbeitet. Nun sei es ihre Aufgabe, alle von Kiani zu überzeugen. Derzeit sucht sie nach Influencern. Es hätten sich viele gemeldet. «Ich habe aber alle abgelehnt.» Es sei wichtig, dass die Werbeträgerinnen glaubwürdig und authentisch seien. «Sie müssen zur Philosophie von Kiani passen.» Sie versuche auch, ihre Kleider in Sportgeschäften anzubieten.Perrine Woodtli

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