07.03.2021

"Sonntags-Spaziergang" gegen Corona-Massnahmen

50 Leute nehmen an einem Spaziergang durch die Altstadt teil: Ein stiller Protest gegen die Covid-Massnahmen.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 03.11.2022
Sonntag, 13.50 Uhr, vor der evangelischen Kirche: Etwa zehn Personen haben sich auf dem Kiesplatz eingefunden. Eine Frau in gelber Regenjacke platziert Flyer auf einer Sitzbank. Es ist Rebecca Stoop, sie hat über Facebook zum Spaziergang aufgerufen: «Auch die Leute im Rheintal sollen zeigen können, dass sie mit den Corona-Massnahmen nicht einverstanden sind.» Man müsse sich doch fragen, ob der jetzige Zustand nicht mehr Schaden verursache, als es das Virus könnte.  «Bei Kindern zeigen sich teilweise schon Verhaltensstörungen.» Die Rebsteinerin, die den Anlass aus persönlichem Engagement organisiert, ist Mitglied beim Verein «Freunde der Verfassung», der sich als parteipolitisch unabhängige Organisation anpreist und sich einsetzt für «Grundwerte der Verfassung, Freiheit, Gleichheit, Geschwisterlichkeit und Nachhaltigkeit». Rebecca Stoop organisierte bereits drei Spaziergänge in ihrem Wohnort und gestern den zweiten in Altstätten. Eine Handvoll bis ein Dutzend Leute hätten jeweils teilgenommen.Argumentiert wird mit Zahlen und StatistikenWährend des Gesprächs strömen immer mehr Leute auf den Kirchplatz, etwa 50 sind es am Schluss: Familien mit Kindern, Pärchen, Einzelpersonen – alle Altersklassen sind vertreten. Langsam bewegt sich die lose Ansammlung zur Heidener­strasse, spaziert über die Obergasse zur Breite, dreht zur Migros hinunter, spaziert zum Untertor und über den Engelplatz zur Marktgasse und zurück Richtung Schulhaus Bild. Transparente sah man sonst keine, nur der Mann, der das Ende der Gruppe markierte, trug eines. (Bild: Reto Wälter)Es wird argumentiert: «Die Zahlen zeigen doch eigentlich deutlich, dass die Massnahmen übertrieben sind», sagt Riccarda Stocker. Manchmal habe sie sich gefragt, ob das eigentlich niemand sehen könne. «Von daher tut es gut, hier unterwegs zu sein und festzustellen, dass es auch andere gibt, die so denken», sagt die Rebsteinerin. Auch Michael Weber bringt Zahlen und Statistiken: «Bei den unter 70-Jährigen liegt die Sterblichkeitsrate bei einer Infektion bei 0,03 Prozent – und die sind meistens auch noch vorbelastet. Auch eine normale Grippe fordert ihre Todesopfer. Aber trotzdem häufen wir mit fragwürdigen Aktionen Milliarden Schulden an.» Alleine eine Milliarde wolle man jetzt für die ebenfalls  fragwürdige Schnelltestaktion ausgeben. «Unter diesen Schulden werden wir und unsere Kinder leiden», meint der vierfache Familienvater. Die Polizei wusste von der AktionIhre Teilnahme am Spaziergang begründet Jeanette Weder so: «Irgendwie muss man darauf aufmerksam machen, dass es jetzt reicht.» Man habe in dieser Angelegenheit schlichtweg keine Möglichkeit, seine Meinung einzubringen. Aufmerksamkeit erregt die zurzeit ungewohnte Anzahl an Menschen, die in die gleiche Richtung gehen: Andere Spaziergänger schauen verwundert und mit fragenden Gesichtern auf den langen Zug an Menschen, der sich ruhig an ihnen vorbei bewegt. Die Polizei hatte Kenntnis von der Aktion und schickte eine Patrouille nach Altstätten. «Solange sich die Leute an die Abstandsregeln halten, greifen wir nicht ein», sagt Pascal Held, Polizeisprecher des Kantons St. Gallen. Zur Anzahl von rund 50 Personen erklärt er, dass sich im öffentlichen Gelände, beispiels­- weise auch an einer Seepromenade, viele Menschen aufhalten würden, deshalb seien die Abstandsregeln entscheidend. An einem Bahnhof etwa gelte dann aber die Maskenpflicht. «Bei Regelverletzungen setzen wir zuerst auf Dialog. Kommt man dann nicht zur Einsicht, kann es bis zu einer Verzeigung kommen.»

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