07.02.2020

Sonnenberg nicht verschandeln

Gegen die Absicht, den Sonnenberg zu bebauen, gibt es schon länger Widerstand. Nun soll Pro Heerbrugg helfen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Es ist schwer bestreitbar: Das (von der Hauptstrasse nicht sichtbare) Gebiet hinter dem Schloss Heerbrugg ist von betörender Schönheit. Entsprechend gross ist die Angst vor der Verschandelung. Und diese fände nach Ansicht der Bebauungsgegner statt, falls auf der Wiese tatsächlich grössere kubische Gebäude entstehen, wie es vorgesehen ist.Auch in den Rebberg hinein soll moderner Wohnraum gepflanzt werden. Zudem planen die St. Gallischen Psychiatrie-Dienste Süd die Erweiterung ihrer Klinik im Osten des Sonnenbergs.Sonnenberg rückt wieder ins BewusstseinBereits im September vor vier Jahren war Kritik geäussert worden. Die Balgacher Gemeindepräsidentin Silvia Troxler hatte damals an einem Informationsabend gemeint, man wolle das Bauen am Sonnenberg nicht verhindern, sondern zusammen mit dem Kanton festlegen, welche generellen Regeln künftig gelten sollen. Es gehe darum, die parkartige Landschaft um das Schloss, das Ortsbild und den Charakter des gewachsenen Weilers am Sonnenberg zu erhalten.Schon einige Monate vor jenem Infoabend hatte der Gemeinderat für das Gebiet eine so genannte Planungszone erlassen. In einem als Planungszone bezeichneten Gebiet darf nichts unternommen werden, was einer künftigen Nutzungsplanung vorgreifen würde. Von der Möglichkeit, den Bestand der dreijährigen Planungszone um maximal zwei Jahre zu verlängern, wurde Gebrauch gemacht. Im letzten Monat ging die Frist zu Ende, wodurch das Thema eine neue Aktualität erhält.Parks und Wiesen aus der Bauzone nehmenDie Heerbruggerin Bettina Egli – eine interessierte Bürgerin, die den Sonnenberg von klein auf kennt – hat nun mit einem Brief den Verein Pro Heerbrugg ermuntert, sich für einen unveränderten Sonnenberg einzusetzen. Pro Heerbrugg, so Eglis Wunsch, möge der Gemeinde Balgach einen Antrag unterbreiten: Die schönen Parks und Wiesen am Sonnenberg seien aus der Bauzone auszuscheiden und unter Schutz zu stellen.Grund dafür gäbe es nicht nur aus der subjektiven Sicht der Naturfreundin, die keinen raumplanerischen Sinn darin sieht, «die letzte grüne Lunge von Heerbrugg zu zerstören». Dass bisher nur direkt Betroffene sich (mit Einsprachen) wehrten, liegt nach Einschätzung Bettina Eglis in einem simplen Umstand begründet: Was am Sonnenberg geschehen soll, sei einer breiten Öffentlichkeit viel zu wenig bekannt und der Bürgerschaft noch nie anschaulich dargelegt worden. Um die historisch grosse Bedeutung des Sonnenbergs zu unterstreichen, sagt Bettina Egli: Man stelle sich vor, die Rütliwiese würde überbaut!Nur 1500 m2 Wiese würden übrig bleibenDie Erweiterung der Klinik der St. Gallischen Psychiatrie-Dienste Süd ist geplant, obschon bereits die bestehende Einrichtung nicht zonenkonform ist. Jedenfalls hat dies das Amt für Raumentwicklung und Geoinformation im November 2013 festgestellt, zwei Jahre nach der Eröffnung der Klinik.Ausserdem quält Sonnenberg-Freunde die Aussicht auf «eine Betonwüste von zwei-, drei- bis sechsgeschossigen Klötzen» im Osten des von der Schlossstrasse durchschnittenen Grünareals. Zwischen den historischen Gebäuden im Süden und im Norden des weitläufigen Geländes bliebe gerade mal «eine Wiese von 30 mal 50 Metern übrig.Der Kern der Kritik lautet so: In der bisherigen Planung sei dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung nicht die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, sondern missachtet worden, dass die Heerbrugger Schlosslandschaft im kantonalen Richtplan als schützenswertes Ortsbild von nationaler Bedeutung aufgeführt sei.Schon im März 2016 habe sich die Denkmalpflege kritisch zu einer Klinikerweiterung geäussert. Sollte sie trotz des Widerstands möglich werden, hätte dies laut einer Vereinbarung von früher mit dem Ausbau der Tiefgarage einherzugehen; aber dies soll plötzlich nicht mehr möglich sein – aus wirtschaftlichen Gründen. Das verschärft die Sorge, der motorisierte Verkehr könnte den Wert des Sonnenbergs zusätzlich mindern.Baugegner berufen sich auf Bundesamt-AussagenEiner der Einsprecher, der Anwohner Christian Herzig, hat die Bedeutung der Schlosslandschaft in einem Exposé beschrieben. Er verweist auf einen Brief des Bundesamtes für Kultur vom November 2015. Darin wird der Schlosslandschaft in Bezug auf ihre Bedeutung im regionalen Vergleich die Höchstbewertung zuteil. Auch für den steil abfallenden Reb- und Wieshang des Sonnenbergs gelte das höchste Erhaltungsziel, heisst es in dem Exposé, weshalb der Hang als wichtiger Ortsbildhintergrund für Balgach und die Schlossanlage als Freiraum zu erhalten sei.Herzig schreibt: Geschützt seien aufgrund der Ausführungen des Bundesamtes nicht nur die Reb- und Wieshänge vor Schloss und Villa, sondern auch jene des Sonnenbergs im Hintergrund sowie die dazwischen liegenden Freiräume.Pro Heerbrugg behandelt Thema baldSteht der Bau der geplanten Häuser nicht im Widerspruch zum erwähnten Bundesinventar? Ist tatsächlich die Erweiterung der Klinik möglich, wo doch bereits das heutige Gebäude als nicht zonenkonform bezeichnet wurde? Das sind Fragen, zu denen Balgachs Gemeindepräsidentin Silvia Troxler sich nicht äussert, weil sie Bestandteil der hängigen Einsprachen seien. Das Verfahren laufe weiter, wobei der Ablauf der Planungszone vor einem Monat auf den weiteren Verlauf des Verfahrens keinen Einfluss habe.Ob Pro Heerbrugg einhakt und sich für den Erhalt des Sonnenbergs in seiner heutigen Form stark macht, ist offen. Präsident Markus Waser sagt, das Thema sei für die nächste Vorstandssitzung vom Dienstag, 25. Februar, traktandiert. Waser erinnert daran, dass Pro Heerbrugg nicht politisch sei, ergänzt aber, dass Pro Heerbrugg sich anderseits ganz grundsätzlich für Heerbrugg einsetze. Insofern könne die Erhaltung von Lebensraum schon auch ein Thema sein für Pro Heerbrugg.

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