05.04.2019

SMS warnt vor dem Wolf

Wildtiere: Reisst ein Wolf ein Nutztier, können die Landwirte im Kanton St. Gallen über ein SMS der Fachstelle Herdenschutz am Landwirtschaftlichen Zentrum informiert werden. Das System scheint zu wirken.

Von Katharina Rutz
aktualisiert am 03.11.2022
Der Wolf ist ein mobiles Tier, er legt in kurzer Zeit weite Strecken zurück. Am Calanda, an der Kantonsgrenze zwischen St. Gallen und Graubünden, lebt seit 2012 ein Rudel. Seit dessen Etablierung wurden 46 Jungtiere regis­triert. «Viele konnten durch das genetische Monitoring nachgewiesen werden – als abgewandert, als überfahren, als gewildert», sagt Dominik Thiel, Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei des Kantons St. Gallen.Aufgrund der Präsenz des Wolfes wurden in den letzten Jahren auf Bauernhöfen und Alpen im Kanton St. Gallen Verluste an Nutztieren verzeichnet. Thiel verfügt über Zahlen seit 2014. Am meisten Risse durch Wölfe an Nutztieren gab es 2015: 19 an der Zahl. Mit acht Rissen waren es 2018 am wenigsten. Seit dem Jahr 2014 wurden insgesamt 64 von Wölfen gerissene Nutztiere gezählt.Tierhalter erhalten Info über SMS Trotz der Präsenz des Wolfes sollen weiterhin Schafe und Ziegen gealpt werden. Für Landwirte lohnt es sich also, frühzeitig Massnahmen zum Schutz der Herden zu ergreifen. Dabei erhalten die Bauern Unterstützung von der Fachstelle Herdenschutz, die sich am Landwirtschaftlichen Zentrum in Salez befindet. Während der letzten vier Jahre hat Fachstellenleiter Sven Baumgartner zusammen mit IT-Spezialisten ein speziell auf den Herdenschutz massgeschneidertes Programm entwickelt. Damit lassen sich einerseits Fotos und Dokumente von Beratungen und Rissen archivieren und andererseits können Tierhalter bei Angriffen durch Raubtiere rasch per SMS über die Gefahr informiert werden. Grundlage sind die ­Informationen des Landwirtschaftsamtes, wo alle Tierbesitzer ihre Tiere melden müssen. Die Kontaktinformationen werden automatisch in das Herdenschutzsystem übertragen. «So sind rund 4000 Adressen hinterlegt», sagt Baumgartner. «Wichtig ist, dass der Tierhalter seine Tiere auch gemeldet hat und die aktuellen Telefonnummern hinterlegt sind.» Sonst laufen die Tierhalter Gefahr, im Ernstfall nicht informiert zu werden.Bei einem Wolfsriss beispielsweise, der von einem der kantonalen Wildhüter bestätigt wurde, kann Baumgartner auf diese Weise innert Kürze über SMS alle Tierhalter der Region darüber informieren. Sie können dann ihre Tiere schützen, sie beispielsweise nachts in den Stall treiben, ihre Zäune überprüfen oder verbessern. «Wir beschränken uns auf die regionale Information, weil wir nicht jedes Mal den ganzen Kanton aufwühlen wollen.»«Der Wolf ist ein Opportunist» Auch Fussspuren von Wölfen oder Sichtungen, die von der Wildhut bestätigt werden, hat Baumgartner schon so an die Tierhalter weitergegeben. Befinden sich bei einem Wolfsriss von einem Reh oder Hirsch keine Nutztiere in der Gegend, versende er unter Umständen kein SMS. «Die Zusammenarbeit mit der Wildhut ist sehr gut. Es wird offen kommuniziert und nichts vertuscht», betont der Herdenschutzfachmann. Er wägt allerdings auch immer ab, ob eine Information der Tierhalter wirklich nötig ist oder nicht. «Am Calanda gibt es seit Jahren ein Rudel, dort muss nicht jede Beobachtung verbreitet werden – vor allem im Winter nicht.» Ziel des Informationssystems ist es nicht, Gerüchte zu verbreiten. Im Frühjahr bei beginnender Weidesaison hingegen wird öfter informiert. «So können wir die Landwirte darauf aufmerksam machen, doch ihre Schutzmassnahmen zu überprüfen.»Auch Schafalpen sind erfasst Auch die Schafalpen des Kantons St. Gallen sind im Herdenschutzprogramm erfasst. Dabei gibt das System sowohl Auskunft über den Alpperimeter, das Weidesystem, die getroffenen Herdenschutzmassnahmen sowie den Bewirtschafter. «Sind Sofortmassnahmen nötig, wissen wir so genau, wo sich der Hirt mit einer Herde befindet und können ihm beispielsweise Zaunmaterial bringen oder hochfliegen lassen», erklärt Baumgartner. «Der Wolf ist ein Opportunist. Er lässt sich nicht gerne auf Gefahren ein.» Deshalb reicht laut Richtlinien zum Herdenschutz des Bundesamts für Umwelt ein mindestens 90 Zentimeter hoher Zaun normalerweise aus, um ihn abzuhalten. «Wichtig ist, dass der Zaun unter Strom steht und in Bodennähe eine Litze aufweist.»  Landwirten ist der Nachweis der Schutzmassnahmen wichtig. Bei einem belegten Riss durch einen Wolf wird das Tier des Halters nur entschädigt, wenn die geforderten Schutzmassnahmen umgesetzt wurden.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.