Gert Bruderer«Das ist es», sagt Peter Bützer und stellt einen kleinen durchsichtigen Behälter mit einer blauen Substanz auf den Tisch. «Indigo», fügt der studierte Molekularbiologe und ehemalige Kantonsschullehrer hinzu, «das ist Indigo.»Er sagt es mit einem Lächeln und spricht von der Substanz wie einem Wundermittel.Nach seiner Pensionierung vor elf Jahren hat Peter Bützer bis im letzten Jahr das Bundesamt für Umweltschutz sowie die Armee bei der Beurteilung gefährlicher Substanzen beraten. Vor seiner Zeit als Kanti-Lehrer und HSG-Dozent war er zwei Jahre lang am Institut für Reaktorforschung und drei Jahre bei der KKW-Bewilligungsbehörde, wo er mit radioaktiven Abfällen und operationellem Strahlenschutz zu tun hatte.Er ist der Autor der 2017 erschienenen Vollzugshilfe zur Störfallverordnung.Die Farbe Blau fasziniert ihnWas Peter Bützer seit jeher beschäftigt, ist die Farbe Blau. Der Skifahrer und Langläufer nennt sie die schwierigste Farbe der Chemiker.Wir lebten auf einem blauen Planeten, der Himmel sei blau und das Meer, aber das Blau sei nicht fassbar. «Wenn i e Hampfle nimm, han i nüt Blaus i de Hand», sagt der Chemiker.Die Farbe ändere sich rasch, «es braucht dazu fast nichts», und bei den Blüten sei das Blau besonders selten.Selbst die Pflanzen, aus denen sich Indigo gewinnen lasse, zeigten diese Farbe nicht; erst bei der Verletzung der Pflanze trete Blau als Farbe hervor. Indigo wird für die Färbung von Bluejeans verwendet und in der Elektronik als Halbleiter eingesetzt.Der Glanz brachte ihn auf die IdeeWie aber kam Peter Bützer auf die Idee, ausgerechnet Indigo als neue Skiwachs-Alternative einzusetzen?Dem Einfall liegt ein Bild aus einem Buch zugrunde, an das Peter Bützer sich erinnerte. Ein ehemaliger Verwaltungsrat von BASF, Matthias Seefelder, schenkte es dem Altstätter in der ersten Hälfte der Achtzigerjahre. In diesem Werk ist ein Tuareg abgebildet, dessen tiefblauer Turban metallisch glänzt.Auch mit Indigo hergestellte Stoffe indischer Kulturen kamen Peter Bützer in den Sinn; auch sie, sagt er, würden metallisch glänzen.Der Glanz verriet dem Chemiker, dass die Oberfläche des Turbans nicht rau sein konnte. Seine zweite Folgerung: Indigo könnte sich als «Skiwachs» eignen.Anwendung ausgetüfteltAlso fing Peter Bützer an, Indigo als Gleitmittel auf Schnee zu testen. Das war nicht ganz leicht. Es ging zunächst darum, herauszufinden, wie das Mittel aufzutragen ist. Es war eine Anwendung auszutüfteln, die so gut ist, dass die Skiwachs-Alternative auf dem Skibelag wunschgemäss haften bleibt.Ein paar hundert Stunden habe er für diese Arbeit schon gebraucht, sagt Peter Bützer, was wahrscheinlich wenig ist. Er hatte ja den Vorteil, dass er den gebrauchten Stoff schon sehr gut kannte.Anders als das in Skiwachs enthaltene Paraffin, das aus Kettenmolekülen besteht, ist Indigo aus planaren Molekülen aufgebaut. Das heisst, die Moleküle haben eine Plattenform – und diese Platten haften seitwärts und übereinander. Je besser der Stoff sich dem Skibelag aufreiben lasse, desto besser würden diese Schichten sich verbinden, sagt Peter Bützer.Tests mit Rennskis erfolgten bei Verhältnissen, die für ein Wachs mit Fluor speziell geeignet sind. Peter Bützer hat Indigo zudem selbst getestet, auf 500 Kilometern oder mehr.Auch hat er auf die Skis Bekannter, denen er seit jeher ab und zu die Wachsarbeit erledigt, ohne deren Wissen ebenfalls Indigo aufgetragen – und ausschliesslich positive Rückmeldungen erhalten.Als Patent angemeldetSein Gleitmittel für Wintersportgeräte hat Peter Bützer patentieren lassen. Unterstützt hat ihn dabei sein Sohn Marcel, ein Systemingenieur, der sich in seinem Studium mit geistigem Eigentum (Intellectual Property) befasst und den Mastertitel erlangt hat.Der urheberrechtliche Schutz der Idee, Indigo als Skiwachs-Ersatz zu verwenden, bedeutet, dass Indigo zu diesem Zweck nicht kommerziell genutzt werden darf, sofern Peter Bützer nicht seine Zustimmung gibt. Veröffentlicht werde das Patent 18 Monate nach der Eingabe, sagt Peter Bützer, also im Juli des nächsten Jahres.Dem Altstätter Traditionsunternehmen Toko, das heute in norwegischen Händen ist und Toko Swix Sport heisst, hat der Altstätter Molekularbiologe seine Idee schriftlich dargelegt. Auch wenn sie «nicht gleich die Welt auf den Kopf stellt», hätte er sich doch gefreut, wenn sein Skiwachs-Ersatz Interesse geweckt hätte. Doch erhalten habe er bloss einen Standardbrief.Mit etwas saurem Lächeln sagt der Chemiker: «Das hat mich schon enttäuscht.»