Die Freisinnigen werfen Gemeindepräsidentin Silvia Troxler ein «eigenwilliges Demokratieverständnis» und eine Verletzung des Kollegialprinzips vor. Obschon der Gemeinderat mehrheitlich keine separate Budgetversammlung mehr wolle und eine entsprechende Anpassung der Gemeindeordnung befürworte, wende sich Silvia Troxler im Vorwort zum Geschäftsbericht mit ihrer persönlichen – entgegengesetzten – Meinung an die Bürgerschaft.Das sei «inakzeptabel», findet der FDP-Vorstand. Dieser erwartet, «dass sich alle Ratsmitglieder – auch die Gemeindepräsidentin – an die Mehrheitsbeschlüsse des Rates halten und diese nach aussen überzeugend vertreten».CVP-Vorstand steht hinter TroxlerSilvia Troxler wundert sich über den Vorwurf. Sie hält der FDP entgegen, die Haltung des Gemeinderats sei im Geschäftsbericht (samt Antrag) klar dargelegt, und ihre eigene Meinung sei stets bekannt gewesen. Jede Bürgerin und jeder Bürger könne sich aufgrund der Unterlagen eine eigene Meinung bilden.Der Vorstand der CVP stellt sich in dieser Sache hinter Troxler. Er «sieht keinen Vertrauensbruch im Sinne des Kollegialitätsprinzips». Was die Gemeindepräsidentin zum Thema kundtut, erachten die CVP-Verantwortlichen als legitim. Zumal sie sich im Rahmen eines Vorworts äussere, seien Troxlers Sätze auch klar als persönliche Meinung gekennzeichnet.Weiter heisst es in der Stellungnahme der CVP: «Uns stellt sich vielmehr die Frage, wieso die FDP, die ihrerseits (wie die CVP, Anmerkung der Redaktion) drei Gemeinderäte stellt, nicht bereits im Vorfeld eine Korrektur des Vorworts verlangt hat, wenn dieses so eklatant gegen das Kollegialitätsprinzip verstossen soll.» Der Geschäftsbericht werde ja hoffentlich vorgängig im Gemeinderat thematisiert und abgesegnet.Gewerbe äusserte Unmut im HerbstKritik an Balgachs politischer Spitze war bereits Ende November aufgekeimt, als sich der örtliche Gewerbeverein über «eher spärlich fliessende Informationen» aus dem Rathaus beklagte – dies allerdings durchaus selbstkritisch, weil der Verein ja auch eine gewisse Holschuld habe. Vereinspräsident Roger Seitz und Jürg Kehl als Präsident der Arbeitsgruppe «Wirtschaftspolitische Agenda» liessen durchblicken, dass sie die politische Streitkultur in Balgach für verkümmert halten. Die beiden strichen die Notwendigkeit einer «permanenten, konstruktiven Auseinandersetzung mit bedeutungsvollen Themen» hervor, worauf sie hätten verzichten können, gäbe es diese Auseinandersetzung ihres Erachtens bereits. Der Gewerbeverein kündigte an, bei den Gemeinderatswahlen in vier Monaten mitzumischen, um selbst wieder mehr Einfluss auf das Geschehen in Balgach zu nehmen.Roger Seitz sagt heute, nicht nur die FDP sei nach der öffentlich geäusserten Kritik auf den Gewerbeverein zugekommen, sodass dieser tatsächlich mit einer starken (aber noch nicht spruchreifen) Gewerbevertretung zu den Kommunalwahlen werde antreten können. Das Gemeindepräsidium wünschte Seitz sich kommunikativer, es mangle an Transparenz. Silvia Troxler habe zwar vieles gewiss richtig gemacht, die Gemeinde stehe entsprechend gut da, sagt der Gewerbepräsident, aber unter dem Strich ist er unzufrieden.«Im Dorf kaum anzutreffen»Die im Gemeinderat nicht vertretene SP stört sich ebenfalls an manchem. Parteipräsidentin Karin Hasler hält der Gemeindepräsidentin zwar zugute, dass sie auf Anliegen reagiere, doch im Vordergrund stünden das Verwalten sowie eine Rechtfertigungshaltung. Das gehe so weit, dass Silvia Troxler bei einer Begegnung schon «in krasser Weise, gereizt reagiert» habe und sie von der Gemeindepräsidentin in Gegenwart anderer Leute «zusammengestaucht» worden sei. Die SP-Präsidentin weist zudem darauf hin, dass Silvia Troxler im Dorf kaum anzutreffen sei, was auch andere einheimische Exponenten in den letzten acht Jahren so wahrgenommen haben. Liege der politischen Führung die lokale Kultur nicht am Herzen, merke man das irgendwann, sagt Karin Hasler, dann werde dies irgendwann sichtbar.Silvia Troxler sagt, sie sei zwar in keinem Verein, verbringe aber die Wochenenden im Dorf, jogge hier und kaufe in Balgach ein. Wer mit ihr reden wolle, erhalte von ihr jederzeit einen Termin. Überhaupt: «Für die Gemeinde setze ich mich täglich 24 Stunden ein.»Die eigene Meinung durchboxenAls Silvia Troxler vor acht Jahren als Parteilose gegen je einen CVP- und FDP-Vertreter zur Wahl antrat, hatte nicht nur die SP sie unterstützt, sondern ebenso die SVP (die wie die SP nicht im Gemeinderat vertreten ist). SVP-Präsident Dirc Marti meint heute, er könne Silvia Troxlers Leistung schwer einschätzen; vielleicht arbeite sie gut, aber dann kommuniziere sie es nicht gut genug. Einen Mangel an Transparenz beklagt auch Marti, der aus dem engen politischen Umfeld der Gemeindepräsidentin schon öfter vernommen hat, sie boxe gerne ihre Meinung durch, was sich mit seiner eigenen Wahrnehmung decke.Und was meint die CVP zur Art der Kommunikation Silvia Troxlers und zum Vorwurf, sie sei zu wenig in Balgach präsent? Wie alle anderen Parteien, schreibt die CVP, sei sie zu einem jährlichen Austausch mit der Gemeindepräsidentin eingeladen worden. An diesem Anlass und im direkten Kontakt seien immer alle Fragen offen beantwortet worden.«Nach unseren Erfahrungen und entsprechenden Rückmeldungen aus der Bevölkerung erhält man in Balgach die gewünschten Informationen», meint die CVP und verweist auf eine ganze Reihe weiterer Anlässe (Quartiergespräche, Behördentreff am Weihnachtsmarkt, Apéro an Bürgerversammlungen u. a.), die allen Interessierten für einen persönlichen Kontakt mit Behördenvertretern offen stünden. «Dass eine aktivere Kommunikation von Gemeindethemen zum Beispiel via Balger-Zittig möglich und erwünscht wäre, haben wir bereits bei verschiedenen Gelegenheiten deponiert», meinte die CVP weiter. Dies aber als mangelhafte Kommunikation abzutun, gehe zu weit. An den oben erwähnten Anlässen sei Silvia Troxler stets präsent, schreibt die CVP, und fügt hinzu: «Unsere Erfahrungen zeigen, dass sie auf Einladung wann immer möglich an Vereinsanlässen teilnimmt oder sich angemessen vertreten lässt.» In der CVP findet die FDP also keine Verbündete. Somit hat sich die FDP mit ihrer ungewohnt heftigen Attacke gegen Silvia Troxler als ihre Hauptkritikerin in Szene gesetzt. Parteipräsident Marco Rezzoli sagt, man sei auch in manch anderer Hinsicht unzufrieden mit der amtierenden Präsidentin.Angesprochen auf die Intransparenz im Hallenbad-Betrugsfall, meint Rezzoli, ja, das sei eines der Beispiele. Den mehrfach geäusserten Vorwurf, dass zum Beispiel die Schadensumme nicht öffentlich gemacht worden sei, begründet die Gemeindepräsidentin auf Nachfrage damit, dass eine Vereinbarung gemäss Artikel 53 des Strafgesetzbuches getroffen und der so ermöglichte Vergleich vom Gemeinderat genehmigt worden sei.Es werde sich etwas bewegen müssenSchon bevor die FDP am Montag das «eigenwillige Demokratieverständnis» Silvia Troxlers im Hinblick auf die bevorstehende (wegen Corona briefliche) Abstimmung vom 14. Juni rügte, hatte sich FDP-Vizepräsident Märk Nüesch mit einem (am 20. Mai veröffentlichten) Leserbrief zu Wort gemeldet. Märk Nüesch ist es, der an der Budgetversammlung von Ende November die Prüfung des künftig wieder einteiligen Versammlungsmodus’ beantragt und grosse Zustimmung erfahren hatte.Nun steht Märk Nüesch mit Blick auf die Gesamterneuerungswahlen von Ende September dem Wahlstab seiner Partei vor, und seine Haltung ist unmissverständlich: In Balgach werde sich etwas bewegen müssen.