04.04.2019

Sie räumen den Dreck anderer weg

Helene Tobler ist Ratsschreiberin, Hansjakob Tobler Mitglied des Thaler Ortsverwaltungsrates. Seit vergangenem Juni räumen sie alle zwei Wochen den «Grüsel»-Parkplatz an der Burietstrasse auf.

Von Kurt Latzer
aktualisiert am 03.11.2022
Kurt Latzer«Auf den Plätzen scheint das Littering-Gesetz nicht zu greifen, denn Abfall findet man dort gleich sackweise, ganz abgesehen von menschlichen Exkrementen», hiess es im Juli letzten Jahres in einem Artikel in dieser Zeitung. Seither hat sich viel geändert. Seit ein paar Wochen ist der grösste Teil der Parkplätze längs zur Burietstrasse gesperrt: mit Abschrankungen, für die die Ortsgemeinde Thal beim Kanton Miete zahlt.Parallel zur Start- und Landebahn des Altenrheiner Flugplatzes können Verkehrsteilnehmer auf einer im Vergleich zu vorher kleinen Abstellfläche rasten. Der Platz ist, wie sich beim Besuch am vergangenen Dienstagmorgen gezeigt hat, voller Last- und Personenwagen. Und wenn sich die Situation mit den illegal entsorgten Abfällen nicht bessert, schliesst die Ortsgemeinde den letzten freien Platz. «Wir schauen nun eine Weile zu, wie sich das Ganze entwickelt», sagt Hans­jakob Tobler, seit 29 Jahren im Ortsverwaltungsrat.Kanton und Gemeinde haben Dreck liegen lassen«Als wir letzten Sommer den Zeitungsartikel lasen, begannen wir hier nach dem Rechten zu sehen», sagt die Hausfrau, die seit 25 Jahren Ratsschreiberin der Ortsgemeinde Thal ist, «wir haben nicht gewusst, dass da niemand mehr aufräumt.» Früher hätten Kanton und Gemeinde auf den Plätzen Ordnung geschaffen. Heute, sagt Hansjakob Tobler, fehlten beiden fürs Aufräumen die Ressourcen, sprich das Geld.Deshalb machen das Ratsmitglied und die Ratsschreiberin seit vergangenem Sommer den Dreck anderer Leute weg. Knapp 6,5 Tonnen Kehricht haben die Hausfrau und der pensionierte Leiter des Alters- und Pflegeheims Trüeterhof in Säcke gefüllt und abtransportiert. Die grossen und schwereren Abfälle sind bei der Tonnage nicht eingerechnet, die haben Mitarbeiter des Thaler Bauamtes entsorgt.Darunter waren abgefahrene Pneus, ein Bürostuhl, Bauholz und sogar ein Lavabo. Helene Tob­ler zeigt eine Liste, auf der alle «Funde» akribisch genau aufgeführt sind. Die beiden Freiwilligen ekelten sich vor den Abfällen, haben sich gelegentlich über sie amüsiert.Vom Malerkübel über Socken bis hin zu Kaninchenmist und menschlichen Exkrementen haben sie vorgefunden. Anfangs haben sich die beiden ehrenamtlich um den Dreck anderer gekümmert. «Teilweise ist die Arbeit kaum zumutbar. Es gab auch Leute, die empört waren, dass wir aufräumen. Das sei Sache des Bauamtes», sagt Hansjakob Tob­ler, «unangenehm ist es jedenfalls für alle.» Seither bekommen die beiden für ihren Einsatz eine kleine Entschädigung. Auch die Ortsgemeinde Rheineck beteiligt sich an den Kosten. Denn 72 Prozent des Bodens, auf dem die Parkplätze stehen, gehören der Ortsgemeinde Thal, 28 Prozent den Rheineckern. «Sobald wir Hilfe bräuchten, bekämen wir die aus Rheineck. Für uns zwei aber passt das so, wir gehen alle zwei Wochen Abfälle einsammeln», sagt Helene Tobler. Rheineck bezahle 28 Prozent der anfallenden Kosten. Könnte man nicht einfach Abfallkübel aufstellen? «Die wären dauernd voll», sagt Hansjakob Tobler, «denn viele Leute entledigen sich hier auch ihres Hauskehrichts. Auch im Bach hinter dem Parkplatz fanden und finden wir immer wieder volle Abfallsäcke.»Kontrollen und Bussen folgenNoch ist offen, wie lange die Ortsverwaltungsräte mit der Schliessung des letzten Parkplatzes warten. Fest steht: «Wir reduzieren die erlaubte Parkierzeit von 36 auf zwölf Stunden», sagt Helene Tobler. Sobald dies in Kraft ist, werde durch die Kantonspolizei rigoros kontrolliert und gebüsst. Erst wenn alles nicht fruchtet, will der Thaler Ortsverwaltungsrat den letzten Abstellplatz ne­-ben der Landebahn schliessen. Die anderen Parkplätze bleiben wahrscheinlich die nächsten zwei Jahren geschlossen. Für diese Zeit hat die Ortsgemeinde die Absperrelemente gemietet.Negative Reaktionen von umliegenden Firmen oder Chauffeuren habe es wegen der Sperren bisher nicht gegeben. «Stark gebessert hat sich hier die Situation mit den Fahrzeugen, die an der Burietstrasse gesammelt und nach Osteuropa abtransportiert wurden», sagt das Ratsmitglied. Diese «Klientel» habe schnell auf die Absperrung reagiert und sei ausgewichen, möglicherweise auf Plätze der umliegenden Firmen, vermutet Hansjakob Tobler.

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