Lange dachte Peter Obst, seine Familie – Gattin Manuela, die Kinder Leon und Lena, Mutter Margrit und seine im Kanton Zürich lebende Schwester seien die einzigen in der Schweiz, die den Namen Obst tragen. Dann aber erhielt er eine Flugbestätigung für einen Herrn, der den gleichen Namen trug wie er. Seither passiere es immer mal wieder, dass er fälschlich eine Flugbestätigung für einen anderen Mann namens Obst erhalte, sagt Peter Obst. Einmal mailte ihm jemand, der sich auf ein Immobilieninserat in Australien bezog. «Ich dachte, das ist ein Fake, habe dann aber gegoogelt und das Inserat tatsächlich gefunden», so der 48-Jährige. Oft heisst es Probst statt ObstViele Personen mit dem Namen Obst gibt es nicht in der Schweiz. Im elektronischen Telefonbuch tel.search.ch finden sich elf Einträge von Privatpersonen. Auf der Website «Deutsche Nachnamen» – der Name Obst stammt aus Deutschland – wird die Zahl der Namensträger für die Schweiz mit 34 angegeben. Für viele Leute klinge der Name Obst wohl so aussergewöhnlich, dass sie anscheinend nicht glauben können, dass jemand so heisst, mutmasst Peter Obst. «Am Telefon stelle ich mich immer vor mit dem Satz: ‹Obst – wie der Apfel›, sagt der Marketing- und Verkaufsleiter. Schon lange hätten Kolleginnen und Kollegen im Büro aufgehört, über seine Vorstellung zu lachen, sie hörten sie schliesslich regelmässig. Auch Manuela Obst verwendet den Satz: «Obst – wie der Apfel.» Hin und wieder auch einfach nur «Obst – wie das Obst». Dann lachten die Leute, sagt die in Linz geborene Manuela Obst, deren Geburtsname Maurer lautet. Das Ehepaar hat sich über die Jahre damit abgefunden, als Frau Probst, Herr Probst oder auch Herr Pobst angesprochen zu werden. Nach Meinung Manuela Obsts liegt dies an mangelnder Aufmerksamkeit des Gegenübers. «Probst kommt hier doch noch hin und wieder vor, und manche Leute hören einfach nicht gut zu, wenn «Obst» gesagt wird. Peter Obst wundert sich, dass er E-Mails erhält, in denen die Anrede an einen Herrn Probst gerichtet ist, «obwohl die E-Mails als Antwort auf eine von mir gesendete Mail verfasst wurden, wo ja unten Peter Obst vermerkt ist, und in der Signatur nochmals Obst steht», sagt er. Derartige Vorkommnisse nimmt er locker und mit viel Humor. Als Kind «Fallobst» genanntDas war nicht immer so, erzählt der Familienvater, der 1973 in Uster geboren ist und in Hinwil im Zürcher Oberland die Schule besuchte. Als ihm während des Turnunterrichts ein Felgenaufschwung nicht gelang und er abbrechen musste, habe der Lehrer «Fallobst» gerufen und gelacht. Das habe ihn getroffen und er habe sich ein dickes Fell zulegen müssen, wenn solche und ähnliche Sprüche kamen.Bleibende Narben hätten die Kindheitserlebnisse indes nicht hinterlassen, so Peter Obst. Aufgrund seiner eigenen Erlebnisse habe er sich dann später immer mal wieder bei den eigenen Kindern erkundigt, ob diese in der Schule gehänselt würden oder dummen Sprüchen wegen des Familiennamens ausgesetzt seien. Beide, der heute 16-jährige Sohn Leon wie auch die jetzt 12-jährige Tochter Lena verneinten jeweils. «Ich finde es urschön, dass Obst den Kindern nichts ausmacht. Es ist so, als ob sie Frei hiessen», lautet der Kommentar des Vaters.[caption_left: Manuela, Lena, Leon und Peter Obst. (Bild: pd)]Peter Obst besitzt seit der Kindheit nebst der Schweizer auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Sein Vater, 1929 im ostdeutschen Leipzig geboren, war mit den Eltern kurz vor dem Bau der Berliner Mauer nach Uelzen in Niedersachsen geflohen. Jahre danach lernte er während eines Skiurlaubs in St. Moritz seine spätere Frau Margrit, Mutter von Peter Obst, kennen. Das Paar lebte einige Jahre in Uelzen und übersiedelte dann ins Zürcher Oberland. Mit dem Familiennamen Obst, mit dessen Herkunft oder Verbreitung, habe sich nie jemand beschäftigt, so Peter Obst. Die Familie väterlicherseits sei zudem nicht sehr gross und sein Vater war Einzelkind. Regelmässig ist Peter Obst als Kind zu Besuch bei der Grossmutter in Uelzen gewesen. Aber nur einmal, während seiner Teenagerzeit, hätten sie eine Reise nach Leipzig unternommen. Viel erzählt habe der Vater über diese Zeit nie. Nicht unbedingt auf Obst erpichtFamilie Obst aus Kriessern isst Obst, «aber nicht in rauen Mengen», präzisiert Manuela Obst. Er sei nicht unbedingt darauf erpicht, so Peter Obst und wiegele manchmal dankend ab mit den Worten: «Ich heisse schon so, das muss ich jetzt nicht haben.» Als Obst bezeichnet der 49-Jährige «alles, was einen Kern hat». Erdbeeren, Orangen oder Kiwi sind für ihn Früchte. Als Manuela Obst während der Arbeit unlängst von einem Mitarbeiter den Satz hörte: «Wir haben immer Obst im Haus», habe sie tatsächlich kurz gezögert, bis sie begriff, dass sie mit dem Obst gemeint war, und nicht etwa die stets gut gefüllte Obstschale beim Empfang. «Der Name Obst ist keine Bürde», stellt Peter Obst fest. Manchmal, wenn im Fernsehen jemand einen komischen Namen hat, pflegt er zu sagen: «Dann heisse ich lieber Obst.» «Der Name ist keine Bürde»Der Familienname Obst gehört zur Gruppe der indirekten Berufsnamen und geht auf das mittelhochdeutsche Obes (Obst) zurück. Personen, die als Obsthändler oder Obstbauern ihr Geld verdienten, hiessen auch Obesser, Obser oder Obster. Verbreitet war der Name Obst ursprünglich vor allem im Osten Deutschlands, in Polen und Tschechien. Mit den in Deutschland am häufigsten vorkommenden Familiennamen, die auf einen Berufsnamen zurückgehen, wie Müller, Schmidt, Schneider oder Weber, kann es der Name Obst bei der Verbreitung nicht aufnehmen. Einschlägige Websites zur Namensforschung beziffern das Vorkommen in Deutschland auf etwa viertausend. Durch wirtschaftlich begründete Ab- oder Auswanderung ist der Name Obst auch in den USA und in Australien vertreten.