14.06.2021

Sich selbst zuliebe

«cara.» heisst das Zauberwort, das dem Gemeinnützigen Frauenverein Diepoldsau Auftrieb verleiht.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Monika von der LindenDachten Irma Kehl und Käthi Witschi vor drei Jahren an den Gemeinnützigen Frauenverein, sahen sie schwarz. Beinahe hätte er aufgelöst werden müssen. Es fehlte an Nachwuchs. «Doch dann kam Irma Kehl und brachte den Turnaround», sagt Käthi Witschi. Der Erfolg kehrte zurück. Und auf ihn setzt der Schweizerische Dachverband Gemeinnütziger Frauen (SGF) noch einen drauf. Er würdigt die Diepoldsauerinnen für das Projekt cara. mit einem Anerkennungspreis.Vom Armen- zum gemeinnützigen VereinBlickt ein Verein auf seine enttäuschende Mitgliederstatistik, liegt der Schluss nah, dass er nicht attraktiv genug ist. Oft aber bleibt die Frage unbeantwortet, wie es gelingen kann, dass sich auch Jüngere mit dem Verein identifizieren mögen. Der Gemeinnützige Frauenverein Diepoldsau hat auf seine Geschichte geschaut, um zu verstehen, was sich ändern müsste: Als Armenverein wurde er im Jahr 1906 gegründet. «Die Frauen kümmerten sich um Flüchtlinge. Sie schöpften ihnen Suppe», sagt Präsidentin Irma Kehl. Damals verteilten die Vereinsfrauen Naturalien. «Sie verschenkten Stoff zum Kleidernähen.» Später wurde der Frauenverein evangelisch und 1992 gemeinnützig. Die Aktivitäten orientierten sich stets daran, einen Dienst in der Kirche zu erbringen. «Den Namen zu ändern, war ein mutiger Schritt», sagt Irma Kehl. Seinerzeit lehnten die Katholikinnen nämlich eine Fusion beider kirchlichen Frauenvereine ab.Käthi Witschi störte sich an dem veralteten Vereinsimage und entwickelte die Idee, das kirchlich-karitativ orientierte Jahresprogramm zwar nicht abzuschaffen, aber zu ergänzen. «Frauen müssen nicht immer nur lieb und nett sein», sagt Käthi Witschi. «Frauen sollen nicht nur Pflichten erfüllen, sie dürfen auch sich selbst zuliebe etwas tun.» Und das beschränkt sich nicht auf ein geselliges Kaffeetrinken. Diese Haltung ist der Grundgedanke des nun ausgezeichneten Projekts cara., Käthi Witschi leitet es im Auftrag des Vorstands. Der Begriff «cara» entstammt dem Italienischen und heisst: lieb, nett, wertvoll. Inzwischen machen sich die Frauen auch einmal auf den Weg, um das Bundeshaus zu besichtigen oder eine Aufführung der Freilichtbühne Rüthi anzuschauen. Der Besuch einer Neujahrsgala im KKL in Luzern steht noch bevor.Es hat sich als richtig erwiesen, das Programm um Kultur- und Bildungsanlässe zu ergänzen, und doch den aus dem Armenverein erwachsenen Kern nicht zu vernachlässigen. Nach einem Jahr zählte der Frauenverein bereits 16 neue Mitglieder. «Unser Publikum ist nun durchmischt», sagt Käthi Witschi. «Wir orientieren uns über die Grenzen der Kirchgemeinde hinaus und heissen ausdrücklich auch Nichtmitglieder willkommen», sagt Irma Kehl. Das Vereinsimage hat sich gewandelt. «Wir sind jünger, vielseitiger, offener und beweglicher.» Fragen des Lebens und des Alters aufgreifenDiese Einschätzung teilt der Dachverband. Er führt jährlich einen Wettbewerb durch und zeichnet Sektionen aus, die sich durch eine besonders hohe Innovationskraft hervorheben.«Ich habe nicht damit gerechnet, dass unser kleines, bescheidenes Projekt gesamtschweizerisch Anklang findet», sagt Käthi Witschi. Umso mehr sehen sie und Irma Kehl den Preis als Ansporn, «cara.» fortzuführen und auszudehnen. «Wir möchten auch Themen wie Fragen des Lebens und des Alters aufgreifen», sagt Käthi Witschi. Ein Krematorium zu besichtigen, ist eine Idee. Es sei nicht richtig, 65-Jährige und Altersheimbewohner gleich einzuordnen. «Pensionäre möchten in den ersten zehn Jahren etwas bewirken. Sie haben dazu Lust, Zeit und Ideen.» Mit «cara.» will die Pensionärin Käthi Witschi etwas für die jungen Alten bewirken. Nächstes Mal treffen sich die Mitglieder am 17. Juni zu einem Kaffeenachmittag. Ganz im Sinne von «cara.» backt diesmal keine Frau den Kuchen. «Wir haben ein Dessertbuffet organisiert», sagt Irma Kehl und schwärmt über die zu erwartende Vielfalt. Schliesslich gilt es, den Anerkennungspreis zu feiern. Schwarzsehen braucht nun wohl niemand mehr.

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