10.02.2021

Sepp Benz – Goldene Zeiten in Marbach

Sepp Benz, Marbachs Bob-Olympiasieger, ist tot. Er stirbt 76-jährig infolge einer Coronainfektion. Viele Einheimische nehmen Anteil.

Von Andrea Kobler
aktualisiert am 03.11.2022
Der Jubel war gross, als Sepp Benz am 16. Februar 1980 als Bremser von Erich Schärer im Zweierbob gewann und das Team so das einzige Schweizer Olympiagold in Lake Placid holte. Im Vierer freuten sich die beiden zudem zusammen mit Ulrich Bächli und Rudolf Marti über Silber.[caption_left: Sepp Benz mit Erich Schärer unterwegs zu Gold in Lake Placid.]Nach dem Olympiasieg wurden die Bobfahrer in Marbach gefeiert. Die Olympiasieger wurden durch das Dorf kutschiert, musikalisch begleitet von der Musikgesellschaft und mit hunderten Fackelträgern am Strassenrand. Das ganze Dorf sei auf den Beinen gewesen, berichten Zeitzeugen: «Die Bobfahrer waren ein Magnet.»Nach Olympia: «So etwas haben wir noch nie erlebt»«Ich darf schon sagen, dass in der ganzen Schweiz noch nie Sportler so oft und so herzlich von einer Gemeinde empfangen und geehrt wurden wie wir Bobfahrer in Marbach», schrieb Sepp Benz nach dem Olympia-Empfang dem damaligen Gemeindammann Ruedi Freund sowie dem Gemeinderat.Zu diesen schönen Stunden könne er nur noch die Worte von seinen Kollegen anfügen, die sagten: «So etwas haben wir noch nie erlebt!» Olympia sei vorbei, «doch die Erinnerung an die Ehre, die mir in meiner Heimatgemeinde zuteil wurde und die glanzvollen Stunden, die ich bei euch erleben durfte, werden in mir bleiben. Meine Kollegen sprechen noch Monate später von Marbach und den Marbacher(innen).»[caption_left: Sepp Benz und seine Crew bei einem Empfang in Marbach.]Turner, Zehnkämpfer und Bob-AnschieberJosef Benz, von allen Sepp genannt, war ein «Marper» Bauernsohn, aufgewachsen mit neun Geschwistern. Als Primar- und Sekundarschüler trainierte er in der Jugendriege des STV Marbach. Als 17-Jähriger zog er für die Ausbildung zum Briefträger nach Zürich. Dort knüpfte er Kontakte mit dem TV Unterstrass und begegnete erstmals Erich Schärer.1971 gratulierte Benz ihm zu seinem ersten Weltmeistertitel. Damals war Schärer noch Bremser im Schlitten von René Stadler. Drei Jahre später suchte Schärer – nun selbst Pilot – startschnelle Mitfahrer. Da erinnerte er sich an Benz, der ihm mit seiner Bestzeit von 11,1 Sekunden über 100 Meter imponierte.Von dieser Schnelligkeit profitierten die Marbacher auch immer. Dem Sprinter war es wichtig, an Eidgenössischen Turnfesten über diese Distanz für Marbach zum Einsatz zu kommen. Auch schätzten es die Marper Turner, wenn sich dank Benz eine Übernachtungsmöglichkeit in Zürich ergab, die die Anfahrt an ein Turnfest verkürzte.So übernachteten Ruedi und Max Kobelt vor dem Einzelturnen des «Eidgenössischen» 1972 in Aarau bei Benz. Die beiden waren damals als Ringer bereits Olympioniken (1964 in Tokio). Benz selber bestritt am «Eidgenössischen» zweimal die Königsdisziplin, den Zehnkampf (seine Bestleistung waren 6500 Punkte) und gewann beim zweiten Anlauf 1978 in Genf den begehrten Kranz.«Wenn ich etwas mache, dann richtig»Zwölfmal trat Bob-Anschieber Sepp Benz zu Olympia- oder WM-Rennen an, zwölfmal stand er auf dem Podest – immer als Mitglied der Crew Erich Schärers. Er gewann drei Weltmeistertitel, Olympiagold, zwei silberne und eine bronzene Olympiamedaille. Zweimal wurden Schärer/Benz zur Schweizer Mannschaft des Jahres gewählt.Sepp Benz war Sportler mit Leib und Seele: «Wenn ich etwas machte, dann richtig. Tag und Nacht habe ich mich mit dem Starten und Fahren des Bobs beschäftigt. Kam es darauf an, war ich immer in Topform.»Sport zwischen der Arbeit, bis 35 Stunden pro WocheSport bedeutete Sepp Benz viel. Schon vor der Bob-Karriere trainierte er fünfmal in der Woche. Vor Olympischen Spielen waren es jeweils 35 Stunden die Woche. Zu Beginn trainierte er zwischen der ersten und zweiten Tour als Briefträger, nach der Arbeit und am Wochenende, später war sein Arbeitstag am Mittag zu Ende. Ein Marbacher Wegbegleiter, der damals ebenfalls bei der Post in Zürich arbeitete, erinnert sich: «Den Sportler konnte er auch bei der Arbeit nicht verleugnen. Statt die Gartentore zu öffnen, sprang er über alle Zäune. Sepp wurde überall geschätzt.»Sepp Benz wurde neben seinem eisernen Willen und seiner guten Technik auch eine grosse Kraft nachgesagt. Genugtuung waren für ihn seine Podestplätze: «Als Athlet in der Weltspitze mithalten zu können, während Jahren zuoberst auf dem Podest zu stehen, das ist ein grossartiges Gefühl.»Olympiagold ist in Marbachs Ortsmuseum«Marbach grüsst die Bob-Crew Schärer-Benz – sie schlägt die ganze Konkurrenz», stand auf einem Transparent, mit dem Marbacher die Bobfahrer an der Bahn unterstützten. Das freute Sepp Benz ungemein. Er war ein stolzer Marbacher, freute sich über die Unterstützung während seiner Karriere, schrieb Postkarten von den Grossanlässen «an alle Marbacher Bürger». Auch nach dem Rücktritt im Februar 1981, nach der Viererbob-Weltmeisterschaft in Cortina d’Ampezzo, freute er sich immer auf seine Besuche im Rheintal.Hier pflegte er den Kontakt zu seinen Brüdern Georg, Jakob, Hans und Anselm, die noch heute in Marbach leben. Ein regelmässiger Gast war er zudem bei Anlässen des Ortsmuseums. Dort, wo Olympiagold an seine grossartigen Erfolge erinnert.[caption_left: Drei der fünf Marbacher Olympioniken 2015 im Ortsmuseum (von links): Sepp Benz, Jennifer Hohl Capelli und Max Kobelt.]

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