07.12.2020

Seitenblick: Nicht noch mehr Inspirationen, bitte!

Bedeutet die Adventszeit mehr Stress als Besinnlichkeit? Und: Gibt es einen Überschuss an Inspirationen? Ja. Zu beidem.

Von Andrea C. Plüss
aktualisiert am 03.11.2022
Wie kann der Advent zur Zeit der Besinnlichkeit werden, wenn man gleichzeitig in Magazinen, Zeitungsbeilagen und Fernsehsendungen dazu aufgefordert wird, doch einmal Schoggi-Spitzbuben mit «Salted Caramel» auf das Backblech zu zaubern, die Nachbarn mit einem – natürlich selbst gebackenen – Grittibänz zu erfreuen oder doch einmal Zitronenöl mit Bio-Minze und einem Zweiglein Koriander anzusetzen? Die beste Freundin wird sich über die ölige Köstlichkeit sicher freuen!«Nach aufregenden Monaten im Krisenmodus», las ich in einem Adventsmagazin, tue es gut, innezuhalten und sich «auf die schönen Momente» zu konzentrieren. Man kann nicht innehalten, während man versucht, dem Grittibänz die Rosinenaugen auf gleicher Höhe einzudrücken. Welche Art Besinnlichkeit könnte aufkommen, während einem der Teig an den Fingern klebt? Und dies, obwohl  man jeden Arbeitsschritt «vermengen sie alle Zutaten vorsichtig von aussen nach innen» peinlich genau vollzogen hat?Ich habe nichts gegen die Adventszeit, auch nichts gegen Weihnachten. Ich mag es gemütlich; etwas Hygge darf es sein. Was ich nicht mag, ist der Druck des kreativen Schaffen- Müssens, der, wohlmeinend als Inspiration getarnt, daherkommt. Als ob in diesem Coronawinter mehr Zeit fürs Guetzlibacken, Päckchenschnüren und Badesalz ansetzen zur Verfügung stünde als in all den Jahren davor. Bei mir ist das nicht der Fall. Ich möchte guten Gewissens entspannen dürfen, auch im ersten Coronawinter für uns alle. Über Selbstgebackenes freue ich mich sehr. Von mir gibt es in diesem Jahr aber nichts dergleichen. Zu viele Inspirationen können einen matt setzen. 

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