Paul Gruber ist ein Pionier des Snowboardens. Seit 45 Jahren steht er auf dem Board, gehörte mit seinen Marken Crazy Banana und Rad Air zu den innovativsten und grössten Brettherstellern. Seit 25 Jahren organisiert er in Stuben am Arlberg als Saisonschluss das Snowboard-Rennen Longboard-Classic (LBC), an dem Anfänger und Profis miteinander starten und im Freeride-Gebiet mehr als 1000 Höhenmeter überwinden. Ob die Teilnehmenden einige Minuten oder über eine Stunde unterwegs sind, ist nebensächlich, Preisgeld gibt es keines. Im Interview erklärt der Rebsteiner, wieso sein Event seit vielen Jahren beliebt ist.
Paul Gruber, wieso soll ich am Wochenende nochmals das Snowboard hervorholen und ans Longboard-Classic kommen?
Auf dem Albonagrat auf 2400 Meter über Meer liegt noch richtig viel Schnee bis hin zur Mittelstation. Ob es noch reicht, um bis nach Stuben hinunterzufahren, das auf 1400 Meter über Meer liegt, wird sich zeigen.
Es hat noch viel Schnee, gibt es noch weitere Gründe?
Du lernst 500 neue Freunde kennen, die aus der ganzen Welt kommen, sogar extra dafür anreisen. Zudem macht man am Snowboardrennen mit den meisten Teilnehmenden weltweit mit. Zudem haben wir ganz Stuben und den ganzen Berg für uns. Die Pisten am Arlberg sind nur noch bis am 20. April offen. Die Stimmung ist gut, das Alter nebensächlich. Teilweise sind drei Generationen einer Familie vor Ort und zwei nehmen auch am Rennen teil.
Zwischenzeitlich wurde es ein richtiger Hype, am «Woodstock des Snowboardens» teilzunehmen, auch aus dem Rheintal reisten stets viele Leute an. Wer kommt denn jetzt so?
Vor Corona waren es jeweils knapp 600 Boarderinnen und Boarder von überall her, das konnten wir organisatorisch gerade so verkraften. Grösser hätte bedeutet, dem Event neue Strukturen zu verpassen. Jetzt haben wir wieder um die 500 Teilnehmende, das ist eh schon gross, aber wir kommen mit dem Zelt und dem Cateringservice aus, den wir immer hatten.
Ein grosser Event für das kleine Bergdorf?
Ja, das ganze Dorf hilft auch mit, Feuerwehr, Skiliftangestellte, Restaurationsbetriebe etc. Dafür können wir etwas für Stuben tun und «füllen» nochmals ein Wochenende das Dorf. Danach sind die meisten Hotels und Restaurants geschlossen. Der durchschnittliche Wintertourist hat jetzt keine Lust mehr, in die Berge zu fahren.
Was wird rund ums Plauschrennen geboten?
22 Snowboardfirmen werden bereits ihre Produkte von nächster Saison zeigen, die man auch testen kann. In den letzten Jahren fanden wieder grosse Entwicklungen statt, und zwar weg vom Profisport hin zum einfach zu fahrenden Spassgerät. Deshalb gibt es viele gute Laune-Bretter von Boutique-Board-Firmen, die kleine feine Serien mit innovativen Formen produzieren.
Was erwartet die Teilnehmenden an Unterhaltung?
Chillen mit guten Leuten und am Abend legen die Reggae-DJs Mortal Kombat auf – Sänger Ucee wird dazu live singen. Die DJs gehören fast zum Stammpersonal, die kommen, weil es ihnen am LBC gefällt. Deren heutige Gagen könnten wir nicht mehr bezahlen. Am Abend zeigen wir die Dokumentation «Rebellen im Schnee – 40 Jahre Schweizer Snowboardkultur». «10 vor 10»-Moderator Arthur Honegger geht den Ursprüngen auf den Grund. Er wird mit seiner Familie vor Ort sein und mich danach interviewen.
Zur 25. Austragung des Longboard-Classics kommt eine Dokumentation rund um das «Woodstock des Snowboardens» heraus. Wie kam es dazu?
Ausgangslage war der leicht sentimentale Gedanke meinerseits, mit einem kleinen Fotobüchlein auf die lange Zeit von einem Vierteljahrhundert zurückzublicken. Erinnerungen an zahlreiche Leute wachzuhalten, die ich kennenlernen durfte und an jede Menge Spass, die der Event jeweils brachte.
Es ist allerdings ein richtig dickes A-4-formatiges Buch mit vielen Impressionen geworden.
Letztlich wurden es 144 Seiten, 250 Stunden wurden allein in die Grafik investiert, nicht dabei ist meine Arbeit, die zehn Monate lang sämtliche Freizeit von mir beanspruchte. Es wurde ein Zeitdokument mit Zitaten der Legenden, Ranglisten, Bildern und zahlreichen Geschichten rund um die Faszination Snowboarden. Es soll den Spirit des Events und der Anfänge konservieren. Letztlich zählt immer noch, was stets galt: Am schönsten ist es, mit Freunden zu fahren, was auch immer noch das Motto des LBC ist: Ride with friends.
Kann man das Buch kaufen?
Wir druckten eine limitierte Auflage von 500 Stück, ist die weg, war es das. Man kann das Buch am Event selbst beziehen und danach über www.longboardclassic.com kaufen. Es wird cool, wenn die Snowboardlegenden Ausgaben signieren und dies auch gegenseitig tun. Das wird viele gute Gespräche und Begegnungen geben.
Wird es nächstes Jahr auch wieder ein LBC geben?
Nach 25 Jahren bringen wir dann das nächste Buch heraus.(lacht) Wir wollten schon einige Male aufhören, den Event zu organisieren, auch schon nach den ersten Austragungen. Irgendwann sagten wir uns, komm, wir machen es noch bis zur zehnten Auflage, aber es ging immer weiter. Wir machen es noch so lange, wie es meiner Familie und mir Spass macht. Fixiert ist bereits das 26. Longboard-Classic. Es findet am 5. April 2025 statt. Persönlich würde es mich freuen, wenn es noch eine 30. Auflage gäbe, dann werde ich pensioniert und man sagt ja, dass man danach für nichts mehr Zeit finde.
Ist Snowboarden immer noch eine aktive Leidenschaft?
Zwischen 25 und 30 Tagen bin ich immer noch im Schnee. Inzwischen allerdings oft allein, viele fahren in meinem Alter nicht mehr oder zumindest nicht mit der Intensität. Meine Snowboard-Freunde werden immer jünger, sind teilweise halb so alt wie ich. Oft bin ich allerdings auch antizyklisch unterwegs; wenn es schneit und die meisten zu Hause bleiben, kann ich mich in der wilden Natur so richtig ausleben. Ich erachte es als Glück, wenn man im Leben etwas findet, das einen dermassen ausfüllt. Solange es die Knochen zulassen, werde ich weiter mit voller Inbrunst snowboarden.