Savary ist nicht gerade ein fürs Rheintal typischer Name. Josef Savarys Vater Henri stammte aus Payerne im Waadtland. Die Arbeit als Geometer hatte ihn hierher verschlagen. In Montlingen, wo er logierte, lernte er Maria Kobler kennen, die er heiratete und mit der er eine Familie gründete. Acht Kinder hatten sie. Josef kam am 19. April 1921 als letztes von ihnen auf die Welt.Wäre es nach seiner Mutter gegangen, hätte Josef Savary Pfarrer werden sollen. Doch dieser interessierte sich schon als Gymnasiast brennend für Medizin. Dank seines Lerneifers legte er nach Studien in Fribourg, Paris und Zürich bereits 1946, nur sechs Jahre nach der Matura, das Staatsexamen ab. Danach war er kurz Assistenzarzt in Zürich und Uznach. 1948 eröffnete er bereits seine eigene Praxis in Montlingen. Nach einer Weiterbildung in Wien wurde er zu einem Spezialisten für Beinleiden. Er hätte Karriere in so manchem renommierten Spital machen können. Aber Josef Savary blieb lieber in Montlingen. Nebenbei war er viele Jahre Sportarzt, im Besonderen für Ringer und Schwinger.Der Doktor, der den Leuten den Hexenglauben ausredeteAls junger Dorfarzt musste er feststellen, dass im Rheintal noch in der Mitte des aufgeklärten 20. Jahrhunderts der Aberglaube weit verbreitet war. Manche gingen lieber zu einer Gesundbeterin als zum Arzt, weil sie glaubten, dass Krankheiten und selbst Unfälle einem von einer Hexe angewünscht worden sind. Und nicht selten vermutete man die Nachbarin oder den Nachbarn dahinter. Das Büchlein «Dr. Sepp», das Gregor Loser 2014 auf Grundlage von Savarys Erinnerungen schrieb, beschreibt viele solcher Fälle. Wenn die Zaubersprüche und teils recht blasphemischen Gebete nichts nutzten, kamen die Leute schliesslich doch zum Doktor, der ihnen begreiflich machte, dass ihr Leiden eine natürliche Ursache hatte. Das mag auch zu einem besse-ren Verhältnis mit ihren Nachbarn geführt haben. Gut möglich, dass Josef Savarys aufklärerisches Wirken nicht nur zur Genesung vieler Erkrankten beitrug, sondern auch zum heutigen guten Dorfgeist in Montlingen.Dr. Sepp oder Sprützasepp41 Jahre, bis 1989, praktizierte Josef Savary in Montlingen. Sprechstunde hatte er ab 6 Uhr früh. Gleichwohl konnte man ihn auch nachts und an den Wochenenden rufen, wenn es einem schlecht ging. Behandelte er Leute, die sich einen Doktor eigentlich gar nicht leisten konnten, gab er sich auch mit einer Bezahlung in Form von Eiern, Kartoffeln oder anderen Naturalien zufrieden oder verzichtete grad ganz aufs Honorar. Dies, und weil er ja in Montlingen aufgewachsen ist, führte zu einer tiefen Verbundenheit mit der Bevölkerung, für die Josef Savary der Dr. Sepp oder der Sprützasepp war.Josef Savary engagierte sich nicht nur für die Gesundheit seiner Mitmenschen. Jahrzehntelang war er auch Schulrat. Und erst auf Savarys Anregung hin bekam Montlingen sein Dorfwappen. Auch für und in Vereinen wirkte er: Dem KTV Montlingen war er Fahnengötti. Am Dorf-Orientierungslauf machte er noch mit fast 90 Jahren als ältester Teilnehmer mit – und das Familienteam Savary war beileibe nicht das langsamste.Für Natur und Landschaft, den Menschen zuliebe2007 schenkte Josef Savary der Ortsgemeinde 4000 m2 Boden am Bergli zur Erweiterung ihres Rebbergs. Er hatte ihn einst zum Dreifachen des damals üblichen Bodenpreises als Bauland gekauft und ihn dann auszonen lassen, um ihn so vor einer Überbauung zu bewahren. Josef Savary hatte auch in den 1970er-Jahren an vorderster Front gegen das bei Rüthi geplante Atomkraftwerk gekämpft. Er setzte sich ausserdem für den Naturschutz ein und veröffentlichte ein Büchlein über im Rheintal wildwachsende Heilpflanzen. Für sein Wirken zum Schutz von Natur und Landschaft wurde Josef Savary 1992 ein Anerkennungspreis der kantonalen Kulturstiftung zugesprochen.Für ihr Engagement zum Wohle ihres Dorfes und ihrer Gemeinde waren Josef Savary und seine Frau Olga zudem bereits 1990 zu Ehrenbürgern sowohl der Ortsgemeinde Montlingen als auch der Politischen Gemeinde Oberriet ernannt worden.Letzten Mittwoch, 30. Januar, ist Josef Savary im Alter von 97 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben. Der Gedenkgottesdienst mit Urnenbeisetzung findet am Samstag, 23. Februar, um 10 Uhr in der Pfarrkirche Montlingen statt.