21.09.2022

Schulen kanzeln Regierung ab

Der Lehrkräftemangel sei inzwischen dramatisch, sagt unter anderem der Rebsteiner Mitte-Kantonsrat Sandro Hess.

Von Max Tinner
aktualisiert am 02.11.2022
Erst kurz vor den Sommerferien habe die Schule Altstätten eine letzte freie Stelle noch besetzen können: «Das ist kein Einzelfall – heute braucht es tatsächlich Glück dazu», stellte der Rebsteiner Mitte-Kantonsrat Sandro Hess fest, der Schulleiter in Altstätten ist. Zusammen mit dem Altstätter SP-Kantonsrat und Schulpräsidenten Remo Maurer und der Buchser FDP-Kantonsrätin und Schulpräsidentin Katrin Frick hatte er im Februar einen Vorstoss zum Lehrkräftemangel eingereicht. Die Antwort der Regierung auf diesen wurde gestern im Rat hitzig diskutiert. Junge Lehrkräfte wenden sich von der Schule abSelbst wenn im Rheintal die Grenznähe gelegentlich noch ein Vorteil sei – die Anerkennungsverfahren für ausländische und selbst ausserkantonale Diplome schrecke potenzielle Bewerbende ab: «Die Schule und die Schulqualität leiden unter dem Lehrkräftemangel», sagte Hess.Verschärft werde das Problem noch, weil viele junge Lehrkräfte sich nach drei, vier Jahren bereits wieder vom Beruf abwendeten: Es sei nötig, angehende Lehrerinnen und Lehrer auf den Druck im Schulzimmer und die Diskussionen mit den Eltern vorzubereiten, sie «resilient» zu machen, forderte der Rorschacherberger FDP-Kantonsrat Raphael Frei, Schulleiter in Waldkirch. Andere die Interessen der Schulen vertretende Ratsmitglieder griffen die Regierung respektive das Bildungsdepartement teils scharf an. Immer werde man nur vertröstet, aber gehandelt werde nicht, beklagte sich der Schulratspräsident von Sargans, SP-Kantonsrat Bernhard Hauser. «Die Regierung hat das Problem verschlafen», rief Lichtensteigs Stadtpräsident und Mitte-Kantonsrat Mathias Müller in den Saal. «Es brennt an den Schulen – die Lehrerinnen und Lehrer brennen aus», sagte Sarah Noger-Engeler, GLP-Kantonsrätin und Lehrerin aus Häggenschwil.Polemik und Schuldzuweisungen seien nicht hilfreich, wehrte sich Regierungsrat Stefan Kölliker, der dem Bildungsdepartement vorsteht. Er wies den Vorwurf, man tue nichts, zurück: «Hätten wir in den letzten Jahren tatsächlich nichts unternommen, wäre die Situation viel dramatischer.» Und: «Wir haben vieles richtig gemacht – noch nie waren an St. Galler Schulen so viele Leute beschäftigt wie heute, und noch nie gab es an der Pädagogischen Hochschule so viele Studierende wie heute.» Dies zeige, dass der Beruf «hochattraktiv» sei. Für noch mehr Studierende würde schlicht die Infrastruktur fehlen. Kölliker: Schulen sollten sich selbst hinterfragenDie Personalengpässe mancher Schulen lösen möchte Kölliker mit einem  Ausbildungskonzept, das für die Oberstufe schon besteht und für die Primarstufe nun auch eingeführt wird: Bereits ab dem fünften Semester sollen angehende Lehrerinnen und Lehrer zu 50 Prozent unterrichten dürfen. Dies soll auch Berufsausstiegen vorbeugen. Zu bedenken gab Kölliker weiter: «Mich wundert, dass manche Schulen keine Mühe haben, ihre Stellen zu besetzen, andere vergleichbar gelegene hingegen schon – vielleicht sollten sich letztere fragen, weshalb sie weniger attraktiv sind als die anderen.»

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