31.03.2022

Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine sollen möglichst rasch Deutsch lernen

Auch im Rheintal besuchen seit Kurzem Kinder aus der Ukraine den Schulunterricht. Sie sind neugierig und lernbereit.

Von Hildegard Bickel, Andrea C. Plüss
aktualisiert am 02.11.2022
In St. Margrethen sind es derzeit 16 Kinder, in Oberriet vier und in Widnau zwei, die an den Schulen angemeldet wurden. Sie haben nach der Flucht mit ihren Müttern oder der ganzen Familie in den Rheintaler Gemeinden eine Unterkunft erhalten. Die schulpflichtigen Kinder sollen nun rasch und unkompliziert am Unterricht teilnehmen. Wie viele es in den kommenden Wochen sein werden, vermag niemand zu sagen.In Widnau besuchen ein Drittklässler und seine Schwester, eine Schülerin der zweiten Oberstufe, eine reguläre Klasse. «Das ist ganz wichtig für eine erfolgreiche Integration», sagt Schulpräsident Richard Dünser. Entscheidend ist der Spracherwerb. Die Kinder sollen so viel Deutschunterricht wie möglich erhalten. Die Integration gestalte sich weitgehend wie bisher bei unterjährigen Eintritten nicht-deutschsprachiger Schulkinder. «Wir sind mit den bestehenden Strukturen, Lehrpersonen, der Schulsozialarbeit und flexibel einsetzbaren Klassenassistenzen bereits gut aufgestellt», sagt Richard Dünser.Vertrauen zu den Kindern aufbauenAuch Oberriet bietet eine Lösung, die auf die Bedürfnisse der geflüchteten Kinder zugeschnitten ist. «Zusammen mit der Gemeinde und zwei hoch motivierten Integrationsfachfrauen starteten wir mit einer Integrationsklasse», sagt der Oberrieter Schulratspräsident Samuel Hanselmann.Seit Montag leiten Julia Pedan aus Oberriet und Kim Stojkaj aus Rüthi diese Klasse und bereiten die Kinder auf den Eintritt ins Schulleben vor. Julia Pedan ist ausgebildete Lehrerin und stammt aus der Ukraine. Sie lebt seit 2014 in der Schweiz und spricht sehr gut Deutsch. Kim Stojkaj hat als Integrationsfachfrau und Klassenassistentin Erfahrung in der Förderung von fremdsprachigen Schulkindern.«Durch ihren persönlichen Hintergrund können beide Frauen rasch eine Vertrauensbasis zu den Kindern und zu den Eltern schaffen», sagt Samuel Hanselmann. Die Kinder kommen aus Oberriet, Kobelwald, Rüthi, Lienz und Altstätten. In den Räumen des Integrationsprojekts «Gleis 1» erhalten sie Deutschunterricht von 8 bis 11.30 Uhr. «Die Integrationsklasse findet bewusst nur am Morgen statt», sagt Samuel Hanselmann. Am Nachmittag würden die Kinder von den einzelnen Schulen vor Ort betreut. Der Nachmittagsunterricht könne individuell und je nach Stundenplan gestaltet werden. Sinn ergäben zu Beginn Fächer wie Gestalten, Musik, Werken oder Sport. Die Kinder seien motiviert und möchten lernen. Neu ankommende Kinder können jederzeit in den Unterricht einsteigen.Bereits seit zwei Jahren führt die Oberstufe Mittelrheintal in Heerbrugg eine Integrationsklasse für fremdsprachige Jugendliche, nach einem Konzept, wie es nun auch Oberriet umsetzt. Bisher sind indes noch keine Geflüchteten aus der Ukraine an der OMR. Schulleiter Markus Waser und Lehrerin Adelheid Breu haben das mögliche Szenario besprochen. Wichtigster Punkt sei der Umgang mit den aktuellen Schülerinnen und Schülern. «Sie sollen weiterhin beschult werden, eventuell mit weniger Lektionen in der Integrationsklasse, je nach Kompetenzen in Deutsch», sagt Waser.Mit den Flüchtlingsbewegungen folgen derzeit neue Herausforderungen für die Schulen, die eben erst mit Pandemiemassnahmen gefordert waren. «Die Lehrpersonen haben eine lange Zeit des Sondereinsatzes hinter sich. Es gilt gut abzuwägen, wie gross die Zusatzbelastungen sein dürfen», sagt Markus Waser. Eine Lehrperson führe eine Klasse mit 16 bis 24 Schülerinnen und Schülern mit klarem Bildungsauftrag. «Dieser muss für unsere Lehrpersonen weiterhin im Zentrum stehen.»Über das Bildungssystem in der Ukraine und zum schulischen Wissensstand der Kinder herrschen positive Meinungen vor. Richard Dünser bestätigt diesen Eindruck: «Da in der Ukraine bereits ab der ersten Klasse Primarschule Englisch als Fremdsprache unterrichtet wird, sind mehr oder weniger gute Englischkenntnisse vorhanden.» Das erleichtert die Kommunikation mit den Kindern und ihren Eltern. Nachgefragt [caption_left: Eva Graf, Schulleiterin. (Bild: pd)] «Keine Frage zur Flucht stellen»Eva Graf ist Schulleiterin der Volksschule tipiti im Bundesasylzentrum Altstätten. Diesen Monat führt sie im Auftrag des Bildungsdepartements Kurse durch für Lehrpersonen zum Umgang mit Ukraine-Kindern.Welche Inhalte vermitteln Sie? Eva Graf: Etwa, dass man die Klasse vorbereitet auf das neue Kind und dass keine direkten Fragen nach dem Kriegserleben und der Flucht gestellt werden sollen. Das Kind entscheidet selbst, wann es bereit ist, darüber zu reden. Lehrkräfte lernen, auf ihr Ressourcenmanagement zu achten.Was ist damit gemeint?  Menschen in sozialen Berufen erleben die Herausforderung, zwischen Empathie und Abgrenzung einen professionellen Weg zu finden. Wenn Kinder in die Klasse kommen, die Schreckliches erlebt haben, gilt es für Lehrkräfte, auf den eigenen Umgang damit zu achten und bewusst auch Momente und Rituale für die persönliche Psychohygiene einzuplanen.Stossen die Kurse auf Interesse? Neben den Kursen im BAZ bieten wir Abrufkurse für Schulen, die wir vor Ort durchführen. Wir haben schon eine ganze Reihe von Buchungen. (acp)

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