27.05.2022

Schon als Kind aggressiv aufgefallen

Ein 28-Jähriger wird wegen schwerer Körperverletzung verurteilt. Er hatte in Altstätten einen Barbesucher niedergeschlagen.

Von Claudia Schmid
aktualisiert am 02.11.2022
Die St. Galler Staatsanwaltschaft warf einem Portugiesen vor, er habe im Juni 2019 vor einer Bar in Altstätten einem Mann einen Faustschlag gegen den Kopf verpasst. Danach soll er ihn auf den Boden geworfen und seinen Kopf gegen den Boden geschlagen haben. Der Angegriffene erlitt ein Schädelhirntrauma und musste ins Spital gebracht werden.Den Hund am Ohr gezogenAm Kantonsgericht St. Gallen gab der 28-Jährige zu, dass er den Privatkläger geschlagen hat, jedoch sei der Vorfall ganz anders verlaufen, als von der Anklage geschildert. Er sei nach Mitternacht mit seinem Hund an der Bar vorbeigelaufen und auf den Mann getroffen, mit dem er schon früher eine verbale Auseinandersetzung gehabt habe. Sein Hund sei von ihm angefasst und so stark am Ohr gezogen worden, dass das Tier aufgejault habe. So sei es zu einem Schlag gekommen. Ganz sicher aber habe er nicht den Kopf des Mannes gepackt und ihn auf den Boden geschlagen. Das gehe gar nicht, weil er damals den einen Arm verletzt in einer Schlinge getragen habe. Weiter wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, seine ehemalige Freundin bedroht, genötigt und beschimpft und mindestens 560 Gramm Kokain an verschiedene Abnehmer verkauft zu haben. Den Kokainverkauf begründete er mit Geldsorgen, die Vorwürfe der ehemaligen Freundin wies er mehrheitlich zurück.Das Kreisgericht Rheintal hatte den Beschuldigten im Februar 2021 unter anderem wegen versuchter schwerer Körperverletzung, Tätlichkeiten, Beschimpfung, Nötigung und dem Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig erklärt. Es verurteilte den bereits mehrfach vorbestraften Mann zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, die zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufgeschoben wurde. Zudem ordnete die Vorinstanz eine Landesverweisung von acht Jahren an.In der Berufungsverhandlung wehrte sich der Beschuldigte vor allem gegen die stationäre Massnahme. Er werde sich keinesfalls darauf einlassen, betonte der Mann, der sich bereits seit rund drei Jahren im vorzeitigen Strafvollzug befindet. Er sei bereit, die Gefängnisstrafe abzusitzen und akzeptiere auch die Landesverweisung. Er plane, sich in seinem Heimatland eine berufliche Zukunft aufzubauen. Sein Verteidiger beantragte eine Verurteilung wegen einfacher und nicht schwerer Körperverletzung, eine tiefere Freiheitsstrafe von vier Jahren und ebenfalls den Verzicht auf die angeordnete stationäre Massnahme. Die Staatsanwaltschaft plädierte für die Abweisung der Berufung.Das Kantonsgericht befragte an der Verhandlung eine psychiatrische Gutachterin, welche beim Beschuldigten eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostizierte. Ohne stationäre Therapie schätze sie die Rückfallgefahr als hoch ein, erklärte sie. Es sei beim Beschuldigten von Kindheit an zu aggressiven Handlungen gekommen, die er nicht einfach ablegen könne, da sie eng mit seiner Grundpersönlichkeit verknüpft seien. Sie räumte aber auch ein, dass ein Therapieerfolg zwar nicht ausgeschlossen, aber unsicher ist, wenn der Beschuldigte sich dagegen sperrt.Das Kantonsgericht St. Gallen bestätigte die Schuldsprüche des Kreisgerichts Rheintal und sprach ebenfalls eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren, eine Geldstrafe und eine Busse aus. Hingegen ordnete es keine stationäre, sondern eine ambulante therapeutische Massnahme an. Der Beschuldigte wird für acht Jahre des Landes verwiesen.Die Kosten des Strafverfahrens, die der Portugiese bezahlen muss, sind hoch. Knapp 57 000 Franken sind im Untersuchungs- und erstinstanzlichen Gerichtsverfahren entstanden. Das Berufungsverfahren kostete rund 11 000 Franken. Von diesem Betrag muss er die Hälfte berappen. Der Rest geht zu Lasten des Staates.

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