08.10.2019

Schöner kann ein Töff nicht sein

Josef Wüst haben es die Motorräder aus der Zeit um das Jahr 1930 angetan. Er richtet ein Museum mit solchen ein.

Von Max Tinner
aktualisiert am 03.11.2022
Er war erst zwölf Jahre alt, als Josef Wüst seinen ersten Töff kaufte. Es war weder eine sportliche Strassenmaschine, noch ein kultiger Chopper, sondern eine zu jener Zeit fast 60 Jahre alte Motosacoche. Damals, als Bub, stand Wüst oft in der Töffwerkstatt Titus Haltiners, unweit von seinem Elternhaus in Montlingen. Wüsts Begeisterung für uralte Töff mag dessen Kunden belustigt haben – schliesslich durfte er in diesem Alter noch nicht einmal fahren. Dennoch war dann einer von ihnen (nämlich der Balgacher Jürg Giger) bereit, Wüst zu helfen und ihm von dessen Ersparten einen Oldtimer zu kaufen.Der erste Töff musste ein Schweizer Fabrikat seinZwei Anforderungen stellte der Bub: Es sollte ein Vorkriegstöff sein; einer mit einem grossen Scheinwerfer in der Form ähnlich einer angeschnittenen Kugel, wie er für die Motorräder jener Zeit typisch war. Und es musste unbedingt ein Schwei-zer Töff sein. Giger schlug eine Motosacoche vor und musste als nächstes erklären, dass die Motosacoche tatsächlich ein Schweizer Fabrikat ist, hergestellt in Genf und nicht etwa in Frankreich, wie der Bub zunächst geglaubt hatte.Ein Töffmechaniker wurde aus dem Bub dann zwar nicht. Aber immerhin ein Polymechaniker. Heute arbeitet der mittlerweile 41-jährige Montlinger als Lehrer und Lehrgangsleiter an der Höheren Fachschule ZbW in St. Gallen. Daneben machte er im Militär als Milizler Karriere (siehe «Rheintaler» und «Volkszeitung» vom 2. Oktober). Seine Begeisterung für die Bauweise und die Technik der Motorräder der Zwischenkriegsjahre blieb: Die Lampen, die für ihn wie Augen anmuten, die Handschaltung seitlich am Tank, die Starrrahmen, die unverwüstlichen Motoren … Beginnt Wüst über seine Motorräder zu reden, gerät er schnell ins Schwärmen.Worauf unsere Urgrossväter herumfuhrenMittlerweile ist Josef Wüst Eigentümer von über drei Dutzend Oldtimer-Motorrädern, die meisten gebaut in den Jahren zwischen 1925 und 1936. Viele davon sind Motosacoche. Es hat aber auch andere Raritäten darunter: Terrot, Ravat, Dollar, Peugeot und worauf unsere Grossväter und Urgrossväter sonst noch so herumfuhren … Sein ältester Töff, eine NSU, wurde 1916 gebaut, ist also über 100 Jahre alt. Eine 750er Moser, Baujahr 1932, ist sogar die schweizweit letzte dieses Typs, die noch in den Datenbanken der Strassenverkehrsämter verzeichnet ist. Eine Motosacoche hat Wüst jenem Mann abgekauft, der im Jahr 1935 den Töff neu ab Werk gekauft hatte. Josef Wüst ist also erst der zweite Eigentümer dieses 84 Jahre alten Schmuckstücks.«Jeder Töff hat eine Geschichte, und die ist genauso wichtig, wie der Töff selbst», sagt Wüst, der diese Geschichten weitererzählen will und wird: Am Stickerweg in Oberriet konnte er ein ehemaliges Sticklokal kaufen, das er momentan zu einem Museum umbaut, in dem er die schönsten Maschinen seiner Sammlung ausstellen wird. Unterm Dach richtet er ausserdem eine Bibliothek mit Fachliteratur ein.Eröffnung im Spätsommer 2020Ursprünglich wollte er sein Museum am kommenden Wochenende eröffnen. Weil es aber zu Verzögerungen bei den Bauarbeiten am Schauraum und an den Nebenräumen gekommen ist, hat er die Eröffnung verschoben. Das Datum steht noch nicht definitiv fest. Geplant ist, das Motorradmuseum im Spätsommer 2020 im Rahmen eines Tages der Museen in der Gemeinde Oberriet zu eröffnen – das Gemeindemuseum Rothus Oberriet und das Museum Montlingen hätten bereits zugesagt, freut sich Josef Wüst. Nach der Einweihung will er dann sein Museum jeden ersten Sonntag im Monat sowie für Gruppen nach Anmeldung öffnen.

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