«Wir hatten nicht auf Anhieb mit fast 120 Anmeldungen gerechnet», sagt Andrea Zai, Präsidentin der Frauengemeinschaft Montlingen-Eichenwies, die am Samstag den Anlass im Pfarreizentrum organisiert hatte und sich freute, dass das Angebot gut ankam.[caption_left: Zur Begrüssung wurde gemeinsam ein Friedenslied gesungen.]In erster Linie ging es darum, sich untereinander austauschen zu können. Auf der einen Seite die Ukrainer, auf der anderen Seite aber auch die Gastfamilien. Letztere hatten auf die private Initiative von Martin Tschirren und seiner Partnerin Sabrina Lüchinger Unterkünfte für die erste Welle von Flüchtlingen organisiert.[caption_left: Ein Erinnerungsfoto wurde gewünscht mit Sabrina Lüchinger (Bildmitte mit Sonnenbrille) und rechts von ihr Martin Tschirren, weil sie als Anlaufstelle am Anfang Hilfe anboten.]Seit Mitte März macht dies nun der Kanton und Ankommende werden über das Empfangs- und Verfahrenszentrum Altstätten und das zuvor leerstehende Altersheim Rosenau in Kirchberg auf die Gemeinden verteilt. Nach wie vor sind Unterkünfte gesucht und Interessierte können sich bei den Gemeinden melden.Ohne Plan und Ziel losgefahrenDie Montlinger Sibylle und Beni Specker sind zwei, die sich meldeten. Sie wohnen nun seit fast 14 Tagen mit dem Ehepaar Nosov zusammen. «Es fühlt sich wie das Leben in einer WG an», sagt Sibylle Specker. Die vier sind im selben Alter, in den Dreissigern, und auch Anastasija Nosov findet, es sei fast so, wie wenn sie mit Ukrainern zusammenleben würden.[caption_left: Sibylle Specker (v.l.) mit Valentyne und Anastasija Nosov, die seit fast zwei Wochen zusammen wohnen.]Ihr Ehemann Valentyne, der zuvor als Bankangestellter arbeitete, durfte ausreisen, weil er als ehemaliger Kunstturnprofi eine Rückenverletzung hat. Auch ihre Eltern sind hier und sogar Hund und Katze nahmen sie mit. «Uns geht es damit vergleichsweise gut, weil wir einen Teil unserer Lieben hier haben», sagt Anastasija Nosov auf Englisch. Aber auch sie habe seit Wochen keinen Kontakt mehr zu ihrer Schwester, die in der stark umkämpften Hafenstadt Mariupol lebt. Mit dem Auto flüchtete das Ehepaar aus Charkiw, mit 1,5 Millionen Einwohnern die zweitgrösste Stadt der Ukraine. «Als wir abreisten, fuhren wir einfach Richtung Westen, ohne Ziel und ohne Plan», erzählt Nosov. Vom Angebot in der Schweiz, respektive in Montlingen, hätten sie dann unterwegs erfahren. So wie ihnen erging es vielen. Renato Lohers fünfköpfige Familie nahm Olya Avershyna mit ihrem dreijährigen Sohn Ruslan auf und räumte dafür kurzerhand das Wohnzimmer. Er meint: «Auch wenn sich Olya sofort am Haushalt beteiligte, brauchte es Tage, bis sie mit dem Kopf wirklich hier war.» Und natürlich sei sie in ständiger Angst um die Zurückgebliebenen, vor allem um ihren Ehemann, der als Soldat Widerstand gegen die russische Invasion leistet. Ukrainer wollen schnell selbstständig werdenWas an diesem Nachmittag in Montlingen von den Gastfamilien immer wieder gesagt wird, ist der unbedingte Wille der Ukrainer, möglichst schnell Arbeit und eine eigene Unterkunft zu finden. «Bei diesen Gesprächen kann ich mir jeweils gut vorstellen, wie ich mich selber in dieser Situation fühlen würde. Ich würde auch niemanden auf der Tasche liegen wollen», sagt Beni Specker. Martin Tschirren bat die Ukrainer im Infoteil des Treffens um Geduld: «Wir brauchen hier in der Schweiz nun etwas Zeit, um alles aufzugleisen, aber wir werden Lösungen finden, die funktionieren.» Er empfahl, die Zeit zu nutzen und die Sprache zu lernen, das sei die Basis, um sich möglichst schnell zu integrieren. «Vorerst», sagte er, «ist es schön, dass ihr hier seid, dass ihr es geschafft habt. Ihr seid willkommen.» [caption_left: Am Treff wurden auch Informationen abgegeben. Unter anderem informierte eine Ukrainerin, die seit einigen Jahren hier lebt, über die Gepflogenheiten in der Schweiz.]Zurzeit werden erste Sprachkurse organisiert und in Kürze angeboten. «Wir müssen Schritt um Schritt schauen, was benötigt wird und darauf reagieren», sagte Donat Haltiner, Diakon der Katholischen Kirchgemeinde Montlingen-Eichenwies, die das Pfarreizentrum für den Anlass zur Verfügung stellte. Er empfahl Gastfamilien, dass sie sich an die jeweilige Kirchgemeinde wenden, wenn sie Bedürfnisse hätten. Auch der Treff soll wieder stattfinden: «Das kann durchaus auch in einer anderen Gemeinde oder etwa als Grillfest im Wald sein. Einfach so, dass es hilfreich ist.» So könnten die Ukrainer besser Fuss fassen. Gewillt sind sie, das war an diesem Nachmittag zu spüren, oder um es mit den Worten Sibylle Speckers zu sagen: «Man muss sie eher bremsen.»Hilfsprojekt zügelt in Räume einer Oberrieter FirmaVier Wochen ist es her, seit der Frümsner Kantosnrat Hans Oppliger den Verein Humanitäre Nothilfe Ukraine gegründet hat. Weit über 100000 Franken an Spenden sind bisher eingegangen. Hilfsgüter wurden mit Sattelschleppern und Privatautos bereits zu nationalen Verteilzentren und Partnerorganisationen gefahren, teilweise gar an die Front gebracht. Hilfsangebote werden gemacht und immer mehr Hilfsgüter treffen ein und werden von Freiwilligen und ukrainischen Flüchtlingen sortiert. Der Verein hat diese Woche aus Platzgründen ein neues «Hauptquartier» bezogen – und zwar in den Räumen der Oberrieter Firma Gschwend Transporte AG am Bahnweg Nord 16 in Sevelen. Diese nutzt die Halle derzeit nicht und stellt sie kostenlos zur Verfügung. Unterstützt wird der Verein von der Kantonsregierung und dem Kantonalen Führungsstab. Er arbeitet mit Bund und Gemeinden zusammen. Hinweis: Details zur Hilfsaktion online auf www.hilfeukraine.org