03.04.2019

Scherrer: «Endlich zu Hause»

Im Pfarreiheim ist über Hedwig Scherrers vielseitiges Wirken eine umfassende dokumentarische Ausstellung zu sehen.

Von pd
aktualisiert am 03.11.2022
Die Ausstellung beginnt am Samstag, 6. April, um 14 Uhr mit einer Lesung aus Hedwig Scherrers Briefen. Am 12.4.1906 schreibt Hedwig Scherrer ihrer Jugendfreundin: «Nun weiss ich’s – hier (in Montlingen) ist meine Heimat! Am liebsten möchte ich gleich einen Bauplatz kaufen und Maurer und Schreiner anstellen, um so schnell als möglich zu einem Spritzenhäuschen zu kommen. Du bist freundlich eingeladen ins neue Heim. Ich bin in einer Seligkeit, so als ob ich den Menschen gefunden hätte, der ganz zu mir gehört, so sehr löst dieses Land alles in mir aus. Nun kann mir die ganze Welt gestohlen werden bis auf Montlingen und Koblach!»Verschiedene Stationen, die prägtenHedwig Scherrer eine eindeutige Heimat zuzuweisen, fällt trotz dieses Begeisterungsausbruchs nicht leicht. Prägend war für sie der Standort St. Gallen, wo sie im Haushalt ihrer Eltern die Jugend- und ersten Ausbildungsjahre verbrachte. Das soziale Netz mit Verwandten, Freunden und Bekannten war hier besonders dicht.St. Gallen erlebte zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen unglaublichen Bauboom. Die damit verbundene Unruhe wurde verstärkt durch den Betrieb, den die florierende väterliche Anwaltspraxis und die vielseitige politische und soziale Tätigkeit verursachten. Bezeichnenderweise ist im künstlerischen Nachlass Hedwig Scherrers keine einzige Zeichnung mit einem St. Galler Motiv erhalten. Als ihre Mutter Lina 20 Jahre vor dem Tod des Gatten starb, fiel vermutlich eine kleine Erbschaft an, dank der Hedwig Scherrer sich den Traum eines eigenen kleinen Atelierhauses erfüllen konnte, wo sie in Ruhe arbeiten konnte. Auf ihren Streifzügen durch den Kanton St. Gallen stiess sie auf den idyllischen Montlingerberg, wo sie eine aufgelassene Rebparzelle erwerben konnte. Hier entstand nach ihren eigenen Plänen ihr Atelierwohnheim, wo sie z. B. an grösseren Ölgemälden ungestört arbeiten konnte.Mit dem Umzug aufs Land stand Hedwig Scherrer nicht allein da. Aus der Kunstmetropole München, wo sie studiert hatte, übersiedelten verschiedene Exponenten der Sezession ins Vorland, und auch der bekannte St. Galler Maler Carl Liner sen. liess sich in Appenzell Innerrhoden nieder.Hedwig Scherrer war viel unterwegs, und wenn’s im Montlingerhaus im Winter zu kalt wurde, wechselte sie in die Wohnung des Vaters in St. Gallen. Lockten aber die Berge, so hielt sie sich wochenlang auf der Vorarlberger Alp Gamperdond auf, wo die Eltern ein bescheidenes Ferienhaus eingerichtet hatten.«Hauptstützpunkt» blieb in ihrem Leben das Bergli«Hauptstützpunkt» in ihrem Leben blieb dann doch das Bergli, weil es ihr ein eigenständiges Leben, gleichzeitig aber eine recht enge Verbindung zur Rheintaler Bevölkerung ermöglichte, nicht zuletzt durch die von ihr mitgestaltete Trachtenbewegung. (pz)

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