03.02.2021

«Schandfleck endlich renovieren»

Die Einsprecher, die zwei Hauserneuerungen blockieren, sagen, sie seien «nicht die Verhinderer vom Dienst».

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Es geht um die Häuser 9 und 15 an Rheinecks Poststrasse, seit einigen Jahren unbewohnte Gebäude, deren Eigentümer sie erneuern möchten. Das eine Haus (Nr. 9) gehört der Zürcher R&B Immowerk GmbH, das andere der St. Galler Firma Nirmo.Das Haus Nr. 9, in dem einst ein Schuhmacher seinem Handwerk nachging, ist am Verlottern. Vor drei Jahren wurde deshalb die Erneuerung mit einem Baugesuch angestrebt, das die Stadt zunächst bewilligte.Innenverkleidungen herausgerissenZuvor hatte es allerdings einer Ermahnung bedurft. Die Bauverwaltung der Stadt traf nämlich das Haus «völlig ausgeräumt» an, Wände und Decken waren teils bereits mit neuen Pfosten und Balken verstärkt und alle «Innenverkleidungen waren bereits ausgeräumt und in der Mulde gelandet», wie es in einem Schreiben der Bauverwaltung an die Hauseigentümerin heisst. Die Bewilligungspflicht zu missachten, sei strafbar.Begründet wird das rechtswidrige Handeln mit dem Geruch im Gebäude.Das Haus Nr. 9 befindet sich (wie das Gebäude Nr. 15) in der Kernzone Rheinecks. Diese gilt als Ortsbildschutzzone.Das heisst, dass alle grundlegenden Arbeiten in den Althäusern der Bewilligungspflicht unterliegen, auch wenn ein einzelnes Haus als solches nicht geschützt sei. Alte, allenfalls interessante Bausubstanz soll nicht ohne denkmalpflegerische Beurteilung vernichtet oder entfernt werden.Stadt musste die Einsprecher entschädigenVon der Bauverwaltung bekam die Firma R&B Immowerk mitgeteilt, dass für die geplante Dachwohnung keine Bewilligung zu erwarten sei und die Pläne einer Nachbesserung bedürften. Wenige Monate später, im September, bewilligte der Stadtrat die Umnutzung des Erdgeschosses von Gewerbe- in Wohnraum, inklusive Grundrissveränderungen sowie innere Umbau- und Modernisierungsarbeiten im 1. und 2. Stock.Ein Ehepaar aus der Nachbarschaft, das vergeblich Einsprache erhoben hatte, rekurrierte beim Kanton. Weil der Stadtrat die Einsprache ungenügend behandelt hatte, musste er neuerlich über die Bücher. Das führte zum Entschluss der Stadt, das Baugesuch nun doch der kantonalen Denkmalpflege einzureichen und die angefochtene Baubewilligung zu widerrufen. Die Stadt musste die Einsprecher mit fast 3000 Franken entschädigen.Einsprache «notorisch querulatorisch»Die Sache zieht sich hin. Am 19. Januar dieses Jahres beklagt sich die R&B Immowerk GmbH in einem Brief an die Stadt über «notorisch querulatorische Einsprüche» und stellt sich auf den Standpunkt: «Es sollte im Interesse der Stadt sowie der Bevölkerung liegen, dass man den Schandfleck Poststrasse 9 (…) umgehend saniert, um das öffentliche und schöne Bild von Rheineck wiederherzustellen.»Die Einsprecher sehen das Problem eher anderswo. Es störe sie nicht, wenn Immobilienfirmen von irgendwo inmitten des Ortsbildes reine Renditeobjekte sanierten, doch die Regeln hätten unter Einbezug der Denkmalpflege für alle die gleichen zu sein. Auch sie selbst hätten sich bei der Erneuerung ihres eigenen Hauses an diese Regeln gehalten. Hinter der Poststrasse-Häuserzeile, an der Nesplergass, herrsche Kleinräumigkeit, sei das Parkieren sauber zu regeln und nicht durch eine Übernutzung von Liegenschaften ein Problem zu schaffen, lauten vorrangige Argumente.[caption_left: An der Nesplergass (mit der Rückseite der Poststrasse-Häuser) herrsche Kleinräumigkeit, seien Liegenschaften nicht überzunutzen und das Parkieren sauber zu regeln, finden die Einsprecher.]Die Bauherrschaft hat allerdings den Eindruck, die Einsprecher verwechselten ihre nachbarschaftliche Rolle mit jener von Behörden, indem sie etwa auch darauf beharren, es seien alle erforderlichen Beurteilungen von kantonalen Stellen einzuholen.Der Wunsch der Einsprecher nach Energienachweis, Angaben zu Fassadensanierung, zu Fenstern oder Hochwasserschutz verstärkt beim sanierungswilligen Unternehmen die Einschätzung, es gehe der Gegenseite darum, das Bauvorhaben zu erschweren.Kaum Parkplätze, aber unerwünschte GarageEin Einwand der Einsprecher ist hinfällig geworden. Die Bauherrschaft hat den Wunsch nach einer Garage aufgegeben, sodass kein Auto beim Ein- oder Ausfahren über Boden der Einsprecher rollt. Weil der entsprechende Raum nun als Heizungs- und Abstellraum genutzt wird, ist die Einsprache zu diesem Aspekt zurückgezogen worden.Interessanterweise steht der erzwungene Verzicht auf die Garage aber im Widerspruch zu den Anforderungen ans Parkieren. Die Zahl der vorhandenen Parkplätze ist streng genommen zu knapp, wie das Strasseninspektorat schon 2018 feststellte. Gemäss Rheinecks Baureglement sind bei Mehrfamilienhäusern 1,25 Plätze pro Wohnung plus ein Besucherplatz gefordert. Für die Poststrasse 9 ergäbe dies (leicht aufgerundet) fünf Parkplätze. Die Liegenschaft hat aber nur zwei bei der Nesplergass. Diese ist, anders als zum Zeitpunkt der Rekurseingabe, übrigens keine Sackgasse mehr, sondern Durchfahrtsstrasse, sodass keine Wendemanöver mehr nötig sind.Haus Nr. 15: In Kontakt mit der DenkmalpflegeDen Einsprechern soll es vor allem auch darum gehen: Um rechtlich nicht abseits zu stehen, sondern bei der Erneuerung der beiden Liegenschaften an der Poststrasse einbezogen zu bleiben und Einblick in alle Vorgänge zu haben, sei ihre Einsprache unumgänglich gewesen. Insofern sehen sie ihre Einsprache sowie den Rekurs als vorsorgliche Massnahmen.Weil den Einsprechern neben dem Eigenheim an der Nesplergass auch das Haus an der Poststrasse 13 gehört, sind sie vom Erneuerungsprojekt fürs angebaute Haus Nr. 15 ebenfalls betroffen. Die Nirmo AG als Eigentümerin der Liegenschaft ist mit der Denkmalpflege in Kontakt, zu Konzessionen bereit und willens, alles korrekt zu machen. Allerdings ist die Geduld auch dieses Eigentümers mittlerweile etwas strapaziert.Die Einsprecher ihrerseits erwarten ab dem Baustart eine zügige Renovation mit einwandfreiem Arbeitsablauf und jederzeit möglicher Zufahrt. Sie versichern: Eine Liegenschaft, die am Verlottern ist, zu renovieren, sei natürlich sinnvoll und ganz sicher auch in ihrem Sinn.

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