13.12.2019

Schätze vor Schaden bewahren

Kürzlich übte die Feuerwehr die Rettung einer Jesusfigur aus der Auer Kirche. Manche Kulturgüter aber sind fixiert.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Historische Gebäude beherbergen meist kulturell wertvolle Gegenstände: Gemälde, Skulpturen, Möbel, farbige Glasfenster oder Archive. In Kirchen sind es ausserdem Kelche und Gewänder.Kulturgüter sind mehrerlei Gefahren ausgesetzt. In erster Linie ist es ein Diebstahl, gegen den man sich zu wappnen versucht. Mehr oder weniger grosse Schätze verschliessen die Eigentümer häufig in Tresoren und holen sie nur zu besonderen Anlässen hervor.Andere Kostbarkeiten sollen der Bevölkerung aber frei zugänglich sein. Viele Kirchgemeinden haben Statuen – figürliche Darstellungen der Muttergottes, von Jesus, einer Pietà oder ein Kreuz – am Sockel respektive an der Wand angeschraubt.Weitere Gefahren für Kulturgüter bergen Feuer und Wasser. Bei einem Brand, Hangrutsch oder Hochwasser schützt, rettet und birgt die Feuerwehr Menschen, aber auch Kulturgüter. Damit der Einsatzleiter weiss, wie er im Ernstfall vorgehen soll, arbeit die Feuerwehr eng mit dem Kulturgüterschutz des Zivilschutzes zusammen (siehe Kasten).Inventar: Kulturgüterschutz hilft den BesitzernDer Zivilschutz erstellt einen Evakuationsplan. Dieser dient der Feuerwehr im Einsatz als Grundlage, um Kulturgüter vor Schaden bewahren zu können. «Die Zivilschützer gehen nicht ins Gebäude», sagt Marco Köppel, Kommandant der Feuerwehr Mittelrheintal. Dafür ist die Feuerwehr ausgebildet und ausgerüstet.Der Evakuationsplan baut wiederum auf einer Inventarliste auf. «Sie zu erstellen, ist die Aufgabe des Besitzers», sagt Zivilschutzkommandant Robert Brocker. Haben Privatbesitzer nicht die nötigen Kenntnisse, finden sie Unterstützung im Kulturgüterschutz. Welches Gut Priorität erlangt, entscheidet der Besitzer. «Eine Kirchgemeinde kann zum Beispiel ein Messgewand als wertvoller einstufen als eine Statue», sagt Robert Brocker. Eine Skulptur könne ein Kunsthandwerker unter Umständen nachfertigen. Bei Paramenten sei das kaum möglich. Zum Beispiel half der Kulturgüterschutz den Besitzern des Schlosses Grünenstein in Balgach im September 2017 bei der Erstellung eines Inventars. Die Zivilschützer fotografierten, vermassen und listeten Möbel, Buntglasfenster, Kunstwerke und die Stuckdecke.Personen- vor KulturgüterschutzDer Ernstfall tritt ein. Kulturgüter sind in Gefahr. Der Einsatzleiter der Feuerwehr ist die erste Einsatzkraft am Platz und fordert den Kulturgüterschutz zur Unterstützung an. Anhand des Evakuationsplans erkennt der Einsatzleiter, welche Gegenstände zuerst geschützt oder geborgen werden sollten. «Ob er die Reihenfolge auf der Liste einhält, entscheidet er vor Ort», sagt Robert Brocker. Das ist abhängig von Art und Umfang des Ereignisses. Brennt zum Beispiel der Kirchendachstuhl, kann die Feuerwehr den Altar abdecken und vor tropfendem Löschwasser schützen.In der Dokumentation ist notiert, welche Güter lose stehen, welche Skulpturen festgeschraubt sind und welches Werkzeug zum Lösen nötig ist. «Wir können nicht alle Risiken abdecken. Im Ernstfall ist es möglich, dass wir keine Zeit haben, um Gegenstände zu evakuieren», sagt Marco Köppel. «Menschen dürfen wir nicht in Gefahr bringen.» Ein brennendes Dach kann einstürzen. «Bei einem Wasserschaden reicht es oft, wertvolle Gegenstände mit Plastik abzudecken. Einbruchsichere Tresore sind meist eine Zeit lang feuerfest und wasserdicht.Eine Gemeinde ist verpflichtet, ein Archiv zu führen. Bei einem Hochwasser in Altstätten vor einigen Jahren stand das Archiv einer Schule unter Wasser. «Dort war es unsere Aufgabe, zu schauen, dass die Dokumente erhalten bleiben», sagt Robert Brocker. Der Zivilschutz habe sie dazu einer entsprechenden Fachstelle zur Gefriertrocknung übergeben.Auf dem Gebiet der Feuerwehr Mittelrheintal stehen mehrere Gebäude mit wertvollen Kulturgütern. In Balgach sind es die beiden Kirchen, das Alte Rathaus und Schloss Grünenstein. In Widnau und Diepoldsau sind es jeweils zwei Kirchen.Noch keinen Ernstfall erlebtMarco Köppel hat noch keinen Ernstfall erlebt, bei dem Kulturgüter evakuiert werden mussten. Weder bei einem Brand noch bei einem Elementarschaden. «Kirchen stehen meist in einem geschützten Gebiet», sagt er. Fernab von Rutschun-gen und Überschwemmungen. Schlösser stehen auf Hügeln.Kulturgüter in Privatbesitz sind nicht öffentlich erfasst. «Privatpersonen können uns aber zum Beispiel auf wertvolle Gemälde aufmerksam machen», sagt Marco Köppel. «Diese Informationen beziehen wir dann ein.»Zu jenen Gebäuden, die mit einer automatisierten Brandmeldeanlage ausgestattet sind, hat die Feuerwehr Zugang. «Dadurch richten wir keinen Schaden am Gebäude an, um Zu-tritt zu erhalten», sagt Marco Köppel.Kantonales Einsatzelement St.GallenBisher ist der Kulturgüterschutz in den regionalen Zivilschutzorganisationen verankert. Kommandant im Mittelrheintal ist Robert Brocker noch bis Ende Jahr. Am 1. Januar übernimmt er das Kommando der zusammengelegten Zivilschutzorganisation Rheintal. Gleichzeitig ändert die Zuständigkeit im Kulturgüterschutz. Neu obliegt er dem Kantonalen Amt für Militär und Zivilschutz im Sicherheits- und Justizdepartement. Kommandant des Kantonalen Einsatzelementes St. Gallen ist Christian Heeb aus Bütschwil. An der Tätigkeit und Aufgabe des Kulturgüterschutzes ändert sich nichts. «Meine Leute habe ich dem Kanton gemeldet. Sie arbeiten nun in seinem Auftrag», sagt Robert Brocker. Mit der Neuorganisation verfolgt der Kanton das Ziel, die Wege zwischen den Besitzern von Kulturgütern und dem Amt für Denkmalpflege zu verkürzen.

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