Das wichtigste Fussballspiel an diesem Samstag findet in Köln statt. Aber auf dem Rheinblick in Rüthi wird auch Fussball gespielt, zu ungewohnter Anspielzeit, um 12.45 Uhr. So wird man rechtzeitig fertig, um das EM-Spiel Ungarn – Schweiz zu sehen. Im Festzelt neben dem Garderobengebäude ist alles eingerichtet. Auch zu trinken, gibt es reichlich, denn die örtliche Bank spendiert für jedes Tor, das Rüthi in dieser Saison in Heimspielen geschossen hat, zehn Liter Bier.
Ein ansehnliches Spiel
In Köln geht es um den EM-Titel. In Rüthi, wo der FC Staad antritt, geht es um nichts. Die Saison ist nach diesem Match abgeschlossen. Eine Partie für die Katz? Nein, beide Teams sind spielfreudig, zeigen guten Fussball, versuchen zu kombinieren, kämpfen fair. Es entwickelt sich ein ansehnliches Spiel, das in der ersten Halbzeit ausgeglichen ist. In der zweiten Hälfte setzen sich die Platzherren mit Toren von Fisnik Berisha, Robin Sonderegger und Nando Eugster verdient durch.
Kein Gegentor. Daran hat Torhüter Danilo Jeremic grossen Anteil. Aber die grundsätzliche defensive Stabilität des FCR kommt von den routinierten Innenverteidigern Nino Schnüriger und Argurian Bojaxhi. Dieser sagt:
Nino und ich sind in Rüthi aufgewachsen, miteinander zur Schule gegangen, haben auf dem Pausenplatz und im FC miteinander gespielt und verstehen uns bestens.
Immer beim FC Rüthi
Aber die Wege der jungen Erwachsenen trennen sich. Argurian Bojaxhi, mit viel Fussballtalent gesegnet, verlässt Rüthi und spielt als Stürmer erfolgreich in Altstätten und beim FC Montlingen. Nino Schnüriger bleibt als Verteidiger beim Stammverein. Für immer.
Als Sechzehnjähriger kommt Schnüriger ins Kader der ersten Mannschaft, die damals in der 2. Liga spielte. «Ich war nicht Stammspieler, hatte aber doch etliche Einsätze.» Er erinnert sich gut an Trainer Didi Metzler, der sagte: «Ich brauche nicht nur Supertechniker, ich brauche auch Kämpfer. Also einen wie dich, Nino.»
Menschenkenntnis
Schnüriger gehört nun schon ein Dutzend Jahre zur Mannschaft.
Mittlerweile ist er Captain. Er nimmt den Auftrag, der mit diesem Amt verbunden ist, ernst: «Ich versuche, Vorbild zu sein, will das Miteinander vorleben.» So hat er sich im Fussball Menschenkenntnis angeeignet. Diese kann er im Beruf brauchen. Der gelernte Mechatroniker hat sich stets weitergebildet, auch an der Höheren Fachschule St. Gallen in Betriebswirtschaft. Als Bereichsleiter Montagen führt er bei NeoVac in Oberriet ein Team von 16 Personen. Auch hier ist er «Captain», organisiert und motiviert.
Seit zehn Jahren gehört Nadine Mattle in sein Leben, seit fünf Jahren wohnen sie zusammen und seit kurzer Zeit sind sie Eltern der kleinen Mila. In Nadines Sportart braucht man keinen Ball, aber mehrere Stangen. Sie ist Trainerin einer Pole-Dance-Gruppe, die bei gelegentlichen Auftritten ihre artistischen Fähigkeiten zeigt.
Ohne Worte
Zurück zum Match. Die Innenverteidigung Bojaxhi–Schnüriger harmoniert. Die athletischen Burschen verstehen sich ohne Worte, sie sichern gegenseitig ab, bauen sorgfältig auf. Schnüriger wagt im Spielaufbau gelegentlich mit seinem rechten Fuss erfolgreich auch das weite Zuspiel. Bei Eckbällen und Freistössen will er im gegnerischen Strafraum seine Kopfballstärke ausspielen – in diesem Match erfolglos.
«Die beiden Siege zum Saisonabschluss haben gutgetan», sagt Schnüriger. Fast ebenso wichtig wie die offizielle Rangliste ist für ihn die Derby-Rangliste, in der die regionalen Drittligisten Diepoldsau, Rebstein, Montlingen II, St. Margrethen und Rüthi nach den Resultaten untereinander bewertet werden.
Diesmal haben wir es nicht – wie so oft – auf den ersten Platz geschafft.
Nach dem Spiel sagt Trainer Granit Bojaxhi über seinen Captain: «Nino ist ein umsichtiger Leader, hilfsbereit, meine rechte Hand.» Und sein Bruder Argurian ergänzt:
Er ist Vorbild für uns alle. Er lebt für den Sport, geht voran und ist ein guter Motivator.
Dank an die Fans
Was für ein Moment, als die Schweizer Nati nach dem Sieg gegen Ungarn vor tausenden Schweizer Fans feierte. Dies macht man in Rüthi ähnlich. Ein halbes Dutzend junger Menschen feuert die Spieler mit Hopp-Rüthi-Rufen immer wieder an.
Nach Spielschluss gehen Team und Staff zu dieser kleinen Gruppe und danken so, wie man es bei grossen Spielen sieht. Eine schöne Geste!