13.08.2021

Ritter klagt, Vorstand schweigt

Der von vier Vorstandskollegen zur Abwahl empfohlene Museumspräsident Werner Ritter spricht von Mobbing.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Ritters Gegner im Vorstand des Altstätter Museumsvereins haben ihren Präsidenten in einem Schreiben an die gut 400 Vereinsmitglieder scharf kritisiert und faktisch zur Abwahl empfohlen, Ritter hat sogleich mit einer Strafanzeige reagiert. Er sagt: «Man kann mir viel vorwerfen. Ich kann manchmal cholerisch sein und Standpunkte mit Nachdruck vertreten.» Doch er sei ganz sicher nicht jener «nicht kooperationsfähige Narzisst», als den die «sehr fähige» Museumsleiterin ihn bezeichnet habe.Auch wegen Corona «hinderenand cho»Es folgt auch sonst ein grosses Aber. Sein Bestreben, die recht umfangreichen Verpflichtungen des Vereins einzuhalten, liessen nicht nach Lust und Laune Abweichungen zu (Sponsoren gegenüber beispielsweise). Oder ein einmal festgelegtes Datum für die Eröffnung des Museums lasse sich nicht immer weiter hinausschieben, wie andere Vorstandsmitglieder es sich vorgestellt hätten. «Hinderenand cho» sei man unter anderem auch wegen der geltenden Corona-Schutzmassnahmen. Ritters Standpunkt lautete: Die Regeln einhalten, aber nicht mehr. Dem hätten Forderungen wie der Verzicht auf Veranstaltungen gegenübergestanden, was für Ritter nicht in Frage kam. Und, ja: An einer Sitzung sei er «wörkli mol echli taub wore», als damit begonnen worden sei, «am Recht herumzukorrigieren».[caption_left: Präsident Werner Ritter, hier in seiner Rolle als Städtliführer, gibt nicht klein bei.  Bild: pd] Das Zwischenmenschliche wird das Problem seinDas Problem, um das es letztlich gehen dürfte, ist das Zwischenmenschliche. Die persönliche Ebene. Vielleicht auch deshalb, weil der Vorstand – in Ritters Wahrnehmung – drei Alphatiere angehören: ausser ihm selbst sind das Fredi Frei und Kuratorin Caroline Schärli. Wie diese haben Katharina Dellai-Schöbi und Brigitte Schneider den Brief an die Vereinsmitglieder unterzeichnet, mit dem der interne Streit eskaliert und diesen Freitag an die breite Öffentlichkeit gedrungen ist, nur wenige Tage vor der Mitgliederversammlung vom 18. August. «Zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt», wie von vielen Aussenstehenden bemerkt wird. Das Museum wird gerade um- und ausgebaut, wobei ein aufgehobener Durchgang und die Erhöhung der Umgebungsmauer zwei vieldiskutierte Reizthemen sind.Vorwurf: Nicht konstruktiv, nicht wertschätzendDie Vorwürfe des genannten Quartetts gegenüber ihrem Präsidenten lauten so: Im Vorstand sei es «wiederholt zu untragbaren Vorkommnissen und existenziellen Konflikten». Werner Ritter habe «eine konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit im Sinn der übergeordneten Sache verunmöglicht». Dies habe «der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung der Geschäftsabläufe und betrieblichen Prozesse in Verein und Museum vielfach im Weg» gestanden. An der Vorstandssitzung vom 9. August haben die vier genannten Kritiker des Präsidenten in einer Konsultativabstimmung Werner Ritter «das Vertrauen entzogen». Seine Wiederwahl in ein Amt im Museumsverein werde nicht unterstützt.«Zöge ich mich zurück, gäbe ich Kritikern recht»Vorstandsmitglied Walther Baumgartner, dessen Rücktritt auf Ende der Amtsdauer schon länger feststeht, hat den Brief nicht unterschrieben. Dessen Verfasser berufen sich auf den Anspruch der Vereinsmitglieder auf Transparenz.Werner Ritter sagt, für den Fall seines freiwilligen Rücktritts sei ihm ein guter Abgang in Aussicht gestellt worden. Doch er denkt nicht an Rücktritt. Er sagt: «Zöge ich mich aus dem Amt zurück, gäbe ich meinen Kritikern recht, aber was sie behaupten, ist schlicht und einfach nicht wahr.» Lieber ist ihm eine Untersuchung durch die Geschäftsprüfungskommission des Museumsvereins. Ritter weist darauf hin, dass der Jahresbericht vom Vorstand ohne Gegenstimme genehmigt und die Vereinsführung gelobt worden sei. Im Brief an die Mitglieder wird die Kritik am Präsidenten so eingeleitet: «Werner Ritter hat in den letzten Jahren grosses Engagement für das Museum bewiesen.»Die Kuratorin mochte sich am Freitag zu der Angelegenheit nicht weiter äussern, ebensowenig Katharina Dellai-Schöbi; vor der Hauptversammlung erteile man keine weitere Auskunft; Ritters Klage habe man noch nicht gesehen.«In der Pflanzenwelt gibt es Kakteen und Mimosen»Je nachdem, wen man zu Werner Ritter, dem früheren langjährigen Kantonsrat, befragt – hört man, er sei «speziell», «eigenwillig», ein «Polteri» oder jemand, der einem «fadengrad» auch Sätze entgegenschleudert, die man vielleicht lieber nicht hören würde. Der «Rheintaler» schrieb 2004 in einem Porträt über Werner Ritter, er sei sich «auch für kindisch anmutende Auftritte nicht zu fein» und habe sich nach einer Niederlage vor Gericht «nicht unbedingt als der beste Verlierer» erwiesen. Letztes Jahr geriet Ritter in einer Einsprache- und Einigungsverhandlung mit einem Kritiker aneinander. Die Emotionen gingen hoch, und Ritter wurde ziemlich laut.Zur Frage, ob nicht auch seines Erachtens der Ton die Musik mache, entgegnet er: Es gebe eben viele Pflanzen, unter ihnen auch Kakteen und Mimosen.Besonders intensiv hat der Altstätter Jürg Mächler mit Werner Ritter zu tun. Mächler ist seit der Gründung der Genossenschaft Wohnen im Alter vor gut zwei Jahrzehnten der Präsident, Ritter ist genauso lange Vizepräsident und im Verwaltungsrat fürs Personalwesen zuständig. Dass es immer wieder Reibungsflächen gebe, liege auf der Hand, sagt Mächler, doch bei der Zusammenarbeit mit Werner Ritter habe er «nur die besten Erfahrungen gemacht»; er wolle «keinen anderen Vizepräsidenten». Was er für die Genossenschaft leiste, sei «sensationell».Alternative zur Klage heisst EntschuldigungDie Anschuldigung aus den eigenen Reihen weist Werner Ritter zurück. In seiner Strafanzeige führt er aus, der Vorwurf, er verunmögliche eine konstruktive und wertschätzende Zusammenarbeit im Sinne der übergeordneten Sache, sei als ehrverletzend zu betrachten. Es handle sich um die Unterstellung eines unehrenhaften Verhaltens. Weil die beschuldigten Personen diese Vorwürfe per Brief allen Mitgliedern des Museumsvereins geschickt hätten, sei der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt. Die Ehrverletzung, hält Ritter fest, sei zwar «wider besseres Wissen, aber ohne besondere Skrupellosigkeit oder ähnliches» erfolgt. Er fordert eine Bestrafung sowie für sich selbst eine Genugtuung von 500 Franken.Den Beschuldigten stehe alternativ die Möglichkeit offen, sich bei ihm zu entschuldigen, sagt Werner Ritter. In diesem Fall würde die Klage zurückgezogen. Die vier internen Kritiker wollen «neuen Präsidenten suchen»Die vier Vorstandsmitglieder, die Werner Ritter «das Vertrauen entzogen» haben, schreiben in ihrem Brief an die Vereinsmitglieder: «Wir sind bemüht, schnellstmöglich eine andere Person für das Präsidium zu suchen und Ihnen diese an einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung im Frühjahr 2022 zur Wahl vorzuschlagen.» Eine vorübergehende Lösung ohne Präsident werde «für die konstruktive Weiterarbeit (…) als bessere Lösung als eine weitere Zusammenarbeit mit Werner Ritter als Präsident» erachtet. Schon am nächsten Mittwoch, 18. August, findet die Hauptversammlung statt. Nach Ritters Ansicht steht der vom Vorstand genehmigte Geschäftsbericht «in unauflösbarem Widerspruch zum Brief» seiner vier Kritiker an die Vereinsmitglieder. Ausserdem sei das mit dem Brief gewählte Vorgehen sowohl nach dem Gesetz als auch den kürzlich erneuerten Statuten nicht kompatibel. 

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.