10.08.2019

Rhesi erweckt den Rhein zum Leben

«Umstrittene Schönheit», Ausgabe vom 7. August

Von Janique Weder, Balgach / Zürich
aktualisiert am 03.11.2022
Kennen Sie Bern im Sommer? Dann kennen Sie auch all die Bernerinnen und Berner, die in Badehosen und mit Badetuch durch die Stadt spazieren. Ein ähnliches Bild zeigt sich in Zürich, wo man bis spätabends an der Limmat sitzt. Wieso ich das erwähne? Weil die Beispiele zeigen, wie integral und identitätsstiftend Flüsse für einen Ort sein können. Und wie viel Lebensqualität eine begeh- und nutzbare Flusslandschaft bedeutet. Dies gilt auch für den Rhein.Das Rhesi-Projekt macht den Rhein wieder zugänglich – in erster und wichtigster Linie für Pflanzen und Tiere. Dies ist nicht einfach der Wunsch einiger Naturfreunde. Die rechtliche Situation besagt heute klar, dass ökologische Massnahmen Pflicht sind, wenn man den Hochwasserschutz eines Gewässers verbessern will. Und das ist wichtig: Die Biodiversität in der Schweiz schrumpft. Rhesi gibt den Pflanzen und Tieren ihre ursprünglichen Lebensräume zurück, die durch die Rheinbegradigung verloren gegangen sind.Rhesi macht den Rhein aber auch für Menschen wieder zugänglich. Dort, wo der Fluss die Schweiz und Österreich heute mitunter wie ein Graben trennt, könnten künftige Generationen ihre Freizeit verbringen, grillieren, baden. Dem Rhein würde neues Leben geschenkt, womit das Rheintal als Wohn- und Arbeitsplatz an Attraktivität gewinnen würde.Ich kenne die Geschichten, die sich um den Rhein ranken und die Gefahren, die mit ihm verbunden sind. Mein Urgrossvater war Vorarbeiter bei der Rheinbegradigung. Seiner Generation haben wir es zu verdanken, dass es im letzten Jahrhundert zu keiner Hochwasserkatastrophe gekommen ist. Doch der moderne Hochwasserschutz kann mehr: Er vereint Sicherheit mit Nachhaltigkeit. Rhesi schlägt einen neuen Weg ein. Deshalb werden mit dem Rhein aber noch lange keine Experimente gemacht, wie dies einige Gegner befürchten. Das Rhesi-Projekt stellt nicht nur die Weichen für den Rhein, sondern auch für das Rheintal. Es verspricht ein lebenswerteres Zuhause – und ist deshalb die Chance, die das Chancental verdient hat.Janique Weder, Balgach / ZürichAltstätten entwickelt sichAltstätten verfügt über ein Ortsbild von nationaler Bedeutung. Dieses Ortsbild zeichnet sich dadurch aus, dass die Bausubstanz von Altstätten nicht – wie bei anderen historischen Städten – irgendwann eingeschlafen ist, sondern sich entwickelt. Diese Entwicklung ist für die Zukunft von Altstätten sehr wichtig.Das älteste Bauwerk, das – zumindest teilweise – noch steht, ist die Stadtmauer, die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet wurde. Die weiteren Bauten entstanden in den folgenden Jahrhunderten – und zwar immer im Stil der jeweiligen Zeit. Nach dem Stadtbrand von 1567 wurden spätgotische Bohlenständerbauten erstellt. Von 1750 – 1772 entstand eine Vielzahl herrschaftlicher Häuser von Kaufleuten, die durch den Textilhandel reich geworden waren, im Barock- und Rokokostil. Darauf folgte die paritätische Stadtpfarrkirche St. Nikolaus im damals modernen klassizistischen Stil, die punkto Höhe und Volumen mit dem neuen Rathaus ohne Weiteres mithalten kann. Auch im 19. und 20. Jahrhundert wurde in verschiedenen Stilen neu gebaut. Als Fremdkörper im Stadtbild wirken nicht verschiedene Stile, moderne Bauwerke oder Teile davon, sondern solche Bauten, bei denen keine Rücksicht auf die Einordnung in die Umgebung genommen wurde, bei denen Rendite und Funktionalität ohne Respekt vor der historischen Umgebung im Vordergrund standen.Altstätten soll sich weiterentwickeln, denn eine Stadt ist nie fertig gebaut. Das beste Beispiel dafür ist die Prestegg, deren ältesten Bauteile aus dem 13. Jahrhundert stammen und an der ab dem 2. September weitergebaut wird.Weiterbauen allein genügt aber nicht. Altstätten soll und muss auch seine Schönheit bewahren. Das heisst, dass mit wertvoller bestehender Bausubstanz sorgfältig umgegangen wird und sich neue Bauten, die bisweilen auch in historischer Umgebung nicht zu vermeiden sind, sorgfältig in ihre Umgebung einfügen.Wesentlich ist aber auch die Gestaltung des öffentlichen Raums – und hier besteht gerade in der Altstadt Handlungsbedarf. Die Altstadtgassen sind noch keineswegs so gestaltet, wie sie sein könnten. Und die Breite, ein sowohl städtebaulich wie historisch ausserordentlich bedeutender Platz, fristet derzeit ein Mauerblümchendasein, das durch den auf die Grösse eines Parkplatzes reduzierten und – im Gegensatz zum Stier – gestalterisch alles andere als überzeugenden Brunnen noch unterstrichen wird.Für den Stadtrat und die Stadtverwaltung gäbe es also durchaus noch kreatives Potenzial. Dazu wäre es aber erforderlich, die Altstadt nicht nur von der Terrasse des Rathauses aus zu betrachten, auch wenn die Terrasse tatsächlich einen sehr schönen Ausblick bietet. Wichtig sind konkrete Massnahmen, und das vor allem auch deshalb, damit das Wichtigste nicht aus den Gassen der Altstadt verschwindet, nämlich das lebendige Treiben all jener, die sich dort aufhalten und wohlfühlen.Werner Ritter-Sonderegger, HinterforstPräsident des Museumsvereins Prestegg

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