Über Hardrock und Metal gibt es viele Klischees. Dass diese Musikrichtungen reine Männersache seien oder die Anhänger nur rumpöbeln, sind Mumpitz. Andere, etwa zum Aussehen der Metalfans, haben grösstenteils wohl doch ihre Berechtigung. Wer seine Vorurteile von wallenden Mähnen, Nietenarmbändern, schwarzer Kleidung und Jeanskutten voller Bandaufnäher bestätigt haben wollte, wurde am Samstag an der «Rheintaler» Rock-Nacht bedient. Hunderte Metalheads reisten auf die Sportanlage Rheinauen – manche innert fünf Minuten mit dem Velo, andere in einer bis zweieinhalbstündigen Autofahrt –, um neben den beiden Headlinern Black Diamonds und Burning Witches auch Obsidian Black und A Place left to hide live zu erleben.
Unter ihnen Cain Paul aus Eichberg: Er hat 45 Minuten und eine ganze Flasche Haarspray gebraucht, um seine schulterlangen Haare zu einer dreifach hochtoupierten Frisur zu stylen. «Ich laufe gerne extrem herum. Sonst mit einem langen schwarzen Umhang. Heute ist es für den aber zu heiss», sagt der 20-Jährige.
Später am Abend, nach stundenlangem Headbangen, sollten ihm die Haare wieder über die Schultern fallen. Er und zwei Freunde haben sich schon vor Monaten Tickets für die «Rheintaler» Rock-Nacht gekauft. Und dies obwohl in Interlaken mit dem «Greenfield» zeitgleich das grösste Rockfestival der Schweiz stattfand.
«Wenn im Rheintal schon ein Metalkonzert stattfindet, müssen wir die Chance nutzen», sagt Jan Baumgartner aus Diepoldsau. Sonst nehmen die Freunde jeweils bis zu drei Stunden Anfahrt zu Konzerten in Deutschland oder der Schweiz auf sich. «In der Nähe gibt es leider selten etwas», bedauert Baumgartner.
Für einmal aber reisten die Rockfans nach Diepoldsau. Zwei Freundinnen sind sogar aus Ulm angereist. «Ein Konzert der Black Diamonds würden wir nicht verpassen», versichern sie.
Fans kennen sich, sind friedlich und altmodisch
Die «Rheintaler» Rock-Nacht hat sich als Treffpunkt der hiesigen Metalszene entpuppt. Das Alter der Anwesenden lag zwischen zehn und 60 Jahren. Leute aus der Region, Fans von weither. Väter mit ihren Töchtern. Freunde, die schon seit 20 Jahren zusammen an Konzerte gehen. Graue Haarsträhnen schimmern durch, die Liebe zu Heavy Metal ist geblieben. Cain Paul:
Die Metalszene ist wie eine grosse Familie.
Viele kennen sich untereinander. Sobald man die Linse auf sie richtet, strecken sie die Zunge heraus oder halten ihre Fäuste mit gestreckten kleinem und Zeigefinger vor die Kamera. Während der Shows, von treibenden Bässen und energiegeladenen Gitarrenriffs angeheizt, wurde ekstatisch getanzt. Die Stimmung an diesem lauen Sommerabend auf dem Fussballplatz in Diepoldsau war ausgelassen, friedlich und familiär.
«Wir sehen extrem hart aus, aber wir sind die freundlichsten Menschen», sagt Jan Baumgartner. Was auffällt: Die Fans dieser Musikrichtung sind altmodisch – sie wollen die Musik ihrer Lieblinge in Händen halten. «Am liebsten auf Vinyl», sagt Loana am Merchandising-Stand. Auch einige T-Shirts gingen am Samstagabend über den Tresen. Ein Souvenir, das die Fans noch lange an die «Rheintaler» Rock-Nacht erinnern wird.