«Heimarbeit in Vorarlberg nach 1945», heisst der Untertitel des halbstündigen Dokumentarfilms. Doch drehte das Filmteam um die ORF-Redaktorin Theresia Bilgeri nicht nur in Vorarlberg, sie lud auch zum Interviewtermin ins Ortsmuseum Balgach. Schliesslich gelangte die Heimarbeit ursprünglich aus der Schweiz ins damalige «Niedriglohnland» Vorarlberg – von St. Galler Handelsbetrieben, aber auch vom Rheintaler Stickereiunternehmen Jacob Rohner. Die Rheintaler Autorin Jolanda Spirig lieferte dem Dokumentarteam die nötigen Kontakte und das Hintergrundwissen aus ihren Büchern, die auch in Vorarlberg gelesen werden. Erstaunen lösten dort vor allem die Kriessner «Schürzennäherinnen» aus. Dass auch in der vermeintlich reichen Schweiz teils grosse Armut herrschte, war in Vorarlberg vielen nicht bewusst. Dank der Heimarbeit seiner Familie konnte er studierenDie Kriessner Lehrerin Charlotte Waldispühl, Tochter der Schürzennäherin Rösli Lutz, schildert im Film die Heimarbeit im Familienverband. Die sieben Kinder packten alle selbstverständlich mit an, wenn es für die Ostschweizer Konservenfabriken Gemüse zu rüsten und Zwetschgen zu entsteinen galt. Auch der Balgacher «Spurensucher» Ernst Nüesch kommt im Film vor. Er sitzt im Sticklokal an seiner Handstickmaschine und macht klar, dass er ohne die Heimarbeit seiner Mutter und der ganzen Familie nicht hätte studieren können. Die «Wirtschaftswunderzeit» nach 1945 wäre ohne Heimarbeiterinnen nicht vorstellbar gewesen. Sie waren als «Puffer» höchst willkommen. Beidseits des Rheins. War viel Arbeit vorhanden, wurden sie damit überhäuft. Fehlten die Aufträge aber, hatten sie frei. Festangestellte Mitarbeiterinnen hätten diese Flexibilität nicht geboten.«Die Kuratorinnen der Heimarbeitsausstellung im Stadtmuseum Dornbirn, die noch bis zum 24. Februar geöffnet ist, waren über das Ausmass des bisher kaum erforschten Wirtschaftszweiges erstaunt: «Die Frauen sassen bis zu 16 Stunden täglich an der Arbeit», sagten Barbara Motter und Barbara Grabherr-Schneider verwundert. Und eine Ausstellungsbesucherin notierte: «Ich habe meine Mutter immer nur von hinten gesehen.» Ihre Aussage ist Teil der Begleitpublikation, die an der Filmpremiere vom Mittwoch vorgestellt wurde. Wie die Ausstellung, enthält auch das Buch einige Beiträge aus der Schweiz. Der letzte erreichte die Kuratorinnen kurz vor Redaktionsschluss: Er beschreibt den Alltag der Oberrieter Heimarbeiterin Marianne Kobler. Ihre Aufträge kommen von SFS. (pd)Hinweis Sendetermin: «Wirtschaftswunder am Küchentisch – Heimarbeit in Vorarlberg nach 1945», Sonntag, 10. Februar, 18.25 Uhr, ORF 2. Ausstellung im Stadtmuseum Dornbirn bis 24. Februar. www.heimarbeit-vorarlberg.at