Umweltschutz 24.02.2023

Rheintaler Haare werden gegen die Verschmutzung der Ozeane eingesetzt

Eine neue Frisur und damit erst noch etwas für die Umwelt tun? Das ist in zwei Rheintaler Coiffeursalons möglich. Denn mit Haaren die im Müll landen würden, kann Wasser gesäubert werden.

Von Cassandra Wüst
aktualisiert am 24.02.2023

Der Gedanke, dass man mit seinen alten Haarresten beim Coiffeurbesuch tatsächlich dazu beitragen kann, Ozeane sauber zu halten, klingt zunächst kurios. Doch genau dafür engagiert sich seit einigen Jahren die französische Organisation «Coiffeures Justes» (faire Coiffeure). Da Haare sehr gut Fett absorbieren, gibt es inzwischen mehr als 3000 Coiffeursalons, die geschnittenes Haar an eine zentrale Sammelstelle der Organisation in Frankreich schicken, wo es dann zur Herstellung von Schadstofffiltern verwendet wird. Die Haarreste werden in alte Stützstrümpfe gestopft und bei Ölkatastrophen im Meer eingesetzt, um ausgelaufenes Öl zu binden.

Kein finanzieller Vorteil, dafür grosses Engagement

Das Projekt hat auch bei Dutzenden Coiffeursalons in der Schweiz Anklang gefunden - darunter zwei im Rheintal. Wer sich bei Cosmo Coiffeur in Berneck oder bei Mäser im Feld in Marbach die Haare schneidet, tut nicht nur sich selbst etwas Gutes, sondern auch der Umwelt. Das kommt gut an, wie Philip Mäser sagt: «Noch nie hat ein Kunde widersprochen, dass seine geschnittenen Haare dafür verwendet werden sollen.» Im Gegenteil: Die Leute freuen sich, wenn sie durch eine solch kleine Aktion etwas bewegen können.

Philipp und Katja Mäser haben ihren Salon Mäser im Feld mit integriertem Café vor zwei Jahren in einem ehemaligen Pferdestall in Marbach eröffnet - mitten im Grünen. Philipp Mäser sagt dazu:

Wir haben uns deshalb entschieden, wir machen einfach alles ein bisschen anders.

Chemikalien und Mikroplastik wurden aus ihrem Salon verbannt und das Geschäft hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben. Im Zuge ihrer Recherchen wurden Mäsers auf das Projekt «Sac à Cheveux» von Coiffeur Justes aufmerksam. «Das hat perfekt zu unserem neuen Konzept gepasst und deshalb sind wir beigetreten», sagt Philipp Mäser.

Einen finanziellen Vorteil haben die Geschäfte durch das Haarespenden nicht. Als Mitglied von Coiffeur Justes zahlt man einen Jahresbeitrag und je einen Franken für die Säcke, in denen man die Haare verschickt. Auch die hohen Portokosten nach Frankreich von 40 Franken tragen die Mitglieder selbst. Doch das stört Mäsers nicht: «Es war ein Umdenken. Vor allem, wenn man sieht, dass Coiffeurgeschäfte, die für 12 Franken die Haare schneiden, in den Himmel gelobt werden.» Einen Preisaufschlag für Haarschnitte fordert er allerdings nicht. «Unsere Kundschaft schätzt unser Engagement. Das genügt uns.»

So viel wiegt ein Männer-Haarschnitt

Wie viele Haare Mäsers in den letzten zwei Jahren nach Frankreich geschickt haben, können sie nur grob schätzen.

Wir schicken etwa alle zwei Wochen einen Zwei-Kilogramm-Sack nach Frankreich. Manchmal auch mehr.

Aus Neugierde hat das Mäser-Team die Haarreste eines Männerschnitts gewogen und verglichen. Das Ergebnis: Ein Männerhaarschnitt wiegt etwa acht bis vierzehn Gramm. «Bei Frauen ist das sehr unterschiedlich», sagt Mäser.

Nach Angaben der Organisation kann ein Kilo Haare bereits etwa acht Liter Öl aufnehmen. Sind die Haarfilter voll mit Öl, werden sie in Wäschereien gereinigt. Ein Haarfilter kann bis zu acht Mal verwendet werden. Und selbst danach können die weggeworfenen Haarfilter noch als Isoliermaterial für Häuser und Gebäude verwendet werden.

Laut Coiffeures Justes wurden seit September 2019 bereits 40 Tonnen Haare aus ganz Europa gesammelt. Zwanzig Tonnen davon wurden 2020 nach Mauritius geschickt, nachdem ein Tanker auf Grund gelaufen war und Öl verlor. Gut möglich, dass Rheintaler Haare dort bereits halfen.

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