Start-up-Gründer, Lead Designer, Olympionike, Familienvater – was so unterschiedlich klingt, gehört doch zusammen. Brent LaRues Weg von der Olympia-Arena in London bis ins St. Galler Rheintal war – wenn auch nicht vorhersehbar – aber durchaus geplant und genaustens kalkuliert. Brent, ursprünglich aus Kalifornien in den USA, und Ana, geborene Slowenin, haben sich in den USA an der bekannten Wake Forest Universität in North Carolina getroffen. Beide studierten dort Sport, Brent Leichtathletik, Ana Tennis. Olympia als sportlicher HöhepunktDanach kamen diverse Stationen im Leben des Paares dazu. Eine Zeit lang lebten die beiden in Anas Heimat, Brent trainierte währenddessen intensiv. Mehr durch Zufall als geplant ergab sich für ihn die Möglichkeit, 2012 für seine neue Heimat Slowenien an den Olympischen Sommerspielen in London in der Disziplin 400 Meter Hürden teilzunehmen.
Für unser Interview kramt Brent in der einzigen Tasche mit Erinnerungsstücken, die er nach all den Umzügen behalten hat. Darin befinden sich seine Laufschuhe und auch sein blau-gelbes Trainingsleibchen von den Olympischen Spielen. «Es war ein unglaubliches Gefühl, in das gefüllte Stadion einzulaufen und meine Familie auf den Rängen zu sehen – und natürlich auch die britische Königsfamilie», erzählt Brent etwas nostalgisch. Vor rund 80 000 Zuschauern lief Brent LaRue an der Olympiade 2012 um eine Medaille über 400 Meter Hürden.
Magen-Darm-Grippe statt perfekte Vorbereitung
Doch beinahe wäre aus dem Start nichts geworden. Brent fing sich kurz zuvor eine üble Magen-Darm-Grippe ein und war bis zu seinem Olympiaeinsatz beinahe ausschliesslich im Bett statt im Training. «Ich konnte nur Reis und Bananen essen», sagt er. Schliesslich genas er und kehrte auf die Laufbahn zurück, wo er mit 49,38 Sekunden nicht nur die persönliche Bestzeit, sondern auch bis ins Halbfinale lief. Weil er sich immer öfter verletzte, legte Brent zum Entsetzen seiner Coaches nach Olympia die Laufschuhe beiseite. Ein neuer Lebensabschnitt begann – und das Paar verliess Slowenien in Richtung San Francisco. Während Ana als Product Marketing Manager arbeitete, gründete Brent mit Freunden ein Start-up, das ein digitales Produkt für den medizinischen Bereich entwickelte.
Das Start-up war ein grosser Erfolg und öffnete weitere Türen. Nach ein paar Jahren in San Francisco entschied sich das Paar für den nächsten Lebensabschnitt: «Als wir uns überlegten, Eltern zu werden, wussten wir, dass wir unsere Kinder an einem ruhigeren Ort grossziehen möchten.»
Mit der Tabelle den Umzug planen
Und wie immer bisher begann Brent mit einer detaillierten Kalkulationstabelle: «Ich bin ein Mensch, der alles bis ins kleinste Detail analysiert. Als wir unsere Familie planten, machten wir eine Tabelle mit zehn Städten in Europa, in denen wir uns vorstellen konnten zu leben. Dann haben wir Punkte vergeben für das Bildungssystem, verfügbares Einkommen, Steuern, Nähe zu einem internationalen Flughafen, Integration, wie schwer die jeweilige Sprache zu lernen ist und so weiter.» Vorteile und Nachteile wurden abgewogen.
Von den USA ins St. Galler Rheintal
Altstätten war natürlich nicht auf Ana und Brent LaRues Tabelle mit dabei – dafür aber Zürich. Und nach einem Besuch bei Freunden in der Grossstadt entschied sich das Paar, nochmals den Kontinent zu wechseln und sich in der Schweiz niederzulassen. Ana fing eine Arbeit bei der St. Galler Software-Firma Frontify an und Brent wurde der neue Design Lead bei Hilti in Liechtenstein.
Bereits zu viert im Rheintal zu Hause
Das ist bald drei Jahre her und das Paar hat zwischenzeitlich zwei Töchter bekommen: Maja, zwei Jahre alt, und Baby Flor. Doch ist das Familienleben im Rheintal wirklich so, wie sie es in der in San Francisco aufgestellten Excel-Datei berechnet haben? «Nein, natürlich nicht», sagen beide lachend. «Aber vieles von dem, was uns wichtig war, sehen wir hier realisiert», sagt Brent. «Die Leute sind nicht nur auf der Durchfahrt und auf dem Weg zum nächsten Job. Man kennt einander, die Kinder im Quartier wachsen zusammen auf und man ist auf eine positive Weise wirklich am Leben des Nachbarn interessiert». Ana ergänzt: «Ausserdem gefällt uns, dass die Kinder beispielsweise am Mittag nach Hause kommen. Allgemein steht das Familienleben im Fokus.»
Neue und alte Traditionen zu etwas Eigenem vereint
Halloween-Traditionen wurden gegen die Fasnacht getauscht, man hat Kompromisse in Bezug auf das genaue Weihnachtsdatum geschlossen und für gewisse, spezielle Nahrungsmittel, die man im Rheintal nicht bekommt, einen Direktimporteur in Zürich gefunden. «Die mexikanische Küche ist sehr in die amerikanische Kultur integriert, dieses Essen vermisse ich», sagt Brent.
Einen Ratschlag, den die LaRues gleich zu Beginn ihrer Zeit im Rheintal bekamen, begleitet sie noch immer: «Unsere Nachbarin sagte, dass die Schweizer oftmals nicht den ersten Schritt machen – aber macht man den ersten Schritt selbst, sind sie eigentlich immer sehr offen und heissen einen willkommen. Das hat für uns wirklich toll funktioniert!»