27.08.2022

Rheineck schaltet das Licht aus

Rheineck schaltet neuerdings nachts die Strassenbeleuchtung aus. Damit ist die Gemeinde bei weitem nicht die erste im Kanton.

Von Enrico Kampmann
aktualisiert am 02.11.2022
Wer spätabends in Rheineck durch die Strassen läuft, dem fällt auf: Vielerorts ist es neuerdings stockdunkel. «Man braucht eine Taschenlampe», sagt ein Redaktionsmitglied, das kürzlich abends in Rheineck unterwegs war. Was ist passiert? Im Oktober 2021 beschloss der Stadtrat, dass die öffentliche Beleuchtung gedimmt werden soll. Bis Anfang Juni wurden bereits 169 Lichtpunkte auf dem Gemeindegebiet mit Leuchtencontrollern ausgestattet, schreibt die Stadt in einer Medienmitteilung. Damit machen die Leuchten nachts, wenn sie wenig gebraucht werden, schwächeres Licht und verbrauchen weniger Strom.  Bei 170 der vor dem Jahr 2019 beschafften LED-Leuchten – also rund der Hälfte der Leuchten in der Gemeinde – kann kein Dimmcontroller installiert werden. Aus diesem Grund wurden diese Leuchten per 1. August von der Schaltungsart «Ganznacht» auf «Halbnacht» umgestellt. Konkret: zwischen 23.30 und 5.00 Uhr werden sie abgestellt. Ausgenommen sind Leuchten, die sich im Bereich von «Konfliktzonen» wie Kreuzungen, Strasseneinmündungen oder Fussgängerstreifen befinden. 30 und 45 Prozent Strom gespartDer Rheinecker Stadtpräsident Urs Müller zählt gleich eine ganze Liste von Gründen für das neue Leuchtkonzept auf. Darunter ein «harmonisches Dorfbild», Kostenoptimierung, langfristige Investitionssicherheit, Energieeffizienz und das Vermeiden von Lichtemissionen. Insbesondere die letzten zwei Gründe sind zunehmend Thema in Ostschweizer Gemeinen. Das erwähnte Vorgehen sei «unabhängig von den aktuellen Energiepreisen und der nun erwarteten Strommangellage» verabschiedet worden, sagt Müller. Ein Vergleich mit anderen Gemeinden habe gezeigt, dass Rheineck bei der öffentlichen Beleuchtung einen mehr als 50 Prozent höheren Energieverbrauch pro Lichtpunkt aufgewiesen habe. Mit den neuen Massnahmen liegen die erzielten Einsparungen je nach Standort der gedimmten Leuchten zwischen 30 und 45 Prozent. Müller sagt: «Ziel ist es, den Energieverbrauch um rund 50 Prozent zu senken.»Rheineck ist nicht alleinWie der bisher vergleichsweise hohe Energieverbrauch erahnen lässt, ist Rheineck bei weitem nicht die erste Gemeinde im Kanton, die ihre Strassenbeleuchtung energieeffizienter gestaltet. Die Rheintaler Sektion der Vereinigung der St. Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten (VSGP) hat bereits 2016 eine Handlungsempfehlung für die Allgemeinbeleuchtung herausgegeben, nach der sich laut Müller bereits viele Gemeinden des Rheintals richten. Und auch im restlichen Kanton geht es voran. Thal hat erst kürzlich eine Reduktion der nächtlichen Strassenbeleuchtung um zusätzliche zwei Stunden beschlossen. In Steinach und Rorschach sind jeweils ungefähr die Hälfte der Strassenleuchten mit LED-Technik ausgestattet, und somit dimmbar und auch in Mörschwil wird die gesamte Beleuchtung nachts abgestellt.  Die Stadt St. Gallen führte bereits 2012 erste Tests mit volldynamischer LED-Strassenbeleuchtung durch. Bei dieser Art von Beleuchtung wird das Licht stark reduziert und erst voll hochgefahren, wenn Detektoren einen Verkehrsteilnehmer erfassen. Alleine in Wittenbach wurde damit seit der Einführung 2017 eine Einsparung von 70 Prozent des Energiebedarfs erreicht. Vorbildlich schreitet die Energiewende auch in Eschenbach voran. Seit 2010 rüstet die Gemeinde systematisch auf LED und seit 2019 zusätzlich auf intelligente Beleuchtung um. Gemeindepräsident Cornel Aerne sagt, insgesamt 70 der Strassenbeleuchtungen seien bereits umgerüstet und der Stromverbrauch im Bereich der Strassenbeleuchtung um rund 20 Prozent reduziert worden.Kanton stuft Umrüstung als wichtig einDoch für Aerne könnte es mit der Umrüstung noch schneller vorangehen – insbesondere auf Kantonsebene. Aerne reichte im April eine Interpellation im Kantonsrat ein. Er bemängelte unter anderem, dass die Gemeinden mit Hochdruck daran seien, umzurüsten, während beim Kanton in diesem Bereich «keine offensive Strategie» festzustellen sei. In einer schriftlichen Antwort von Mitte August wehrt sich der Kanton gegen die Vorwürfe: Auf verschiedenen Kantonsstrassenabschnitten würden bereits heute intelligente Beleuchtungsanlagen eingesetzt. «Zwei sehr moderne, intelligente Anlagen wurden erst kürzlich in den Gemeinden Uznach und Rheineck installiert.» An den Kantonsstrassen seien aktuell rund 27 Prozent der Strassenbeleuchtungen auf moderne LED-Anlagen umgerüstet. In manchen Regionen, wie etwa im Linthgebiet in den Gemeinden Kaltbrunn und Uznach seien es «weit über 50 Prozent der Leuchten an Kantonsstrassen». Der Nutzen der Umrüstung auf LED-Leuchten werde hinsichtlich Energieeffizienz als wichtig eingestuft, schreibt der Kanton. Das, obwohl der Anteil der Strassenbeleuchtung «gesamtschweizerisch unter einem Prozent des Gesamtelektrizitätsverbrauchs liegt». Betreffend Lichtverschmutzung werde weiterhin an der heutigen Praxis festgehalten, die Kantonsstrassen in Ausserortsbereichen nicht oder nur sehr zurückhaltend zu beleuchten.Weitere Massnahmen geplantCornel Aerne zeigt sich unzufrieden mit der Antwort der Regierung. Diese erkenne «im Grundsatz» die Wichtigkeit einer energiesparenden Strassenbeleuchtung und befürworte die Umrüstung. «Es scheint allerdings, als nehme der Kanton in Kauf, dass eine Umrüstung einfach im bisherigen Tempo weitergeht.» Mit entsprechendem Willen liesse sich eine positivere Energiebilanz und Verbesserung der  Lichtverschmutzung wesentlich früher erzielen, so Aerne. In Hinblick auf den viel diskutierten bevorstehenden Energieengpass plant Rheineck schon weitere Massnahmen. Die Stadt investiere seit einigen Jahren in die Erstellung eigener Fotovoltaikanlagen. Im Rahmen der VSGP diskutiere man in den kommenden Wochen über weitere möglichen Massnahmen. Stadtpräsident Urs Müller sagt: «Mittelfristig soll möglichst der gesamte Energieverbrauch der stadteigenen Liegenschaften inklusive Schule selbst produziert werden.»

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