30.06.2021

Rhein erledigt Arbeit selbst

In der Rhesi-Modellversuchshalle in Dornbirn ist die breiteste Stelle des Rheins nun im Modell zu sehen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 03.11.2022
Bis zu 380 Meter* breit soll das Gewässer bei Oberriet in Zukunft sein. «Der Rhein bekommt dreimal so viel Platz wie heute», sagte Projektleiter Bernhard Valenti am Donnerstag vor Medienvertretern in Dornbirn. Hier, in der Rhesi-Modellversuchshalle, wird neu der Abschnitt zwischen Oberriet und Koblach untersucht. Das etwa hundert Meter lange Modell zeigt erstmals einen ökologischen Trittstein. Zwei weitere solche Trittsteine befinden sich bei Lustenau-Widnau und Kriessern-Mäder.Nachdem ein erstes Modell für die Untersuchung der engsten Stelle (zwischen Widnau und Höchst) gedient hatte, ist nun die breiteste Stelle zu sehen. Teil des neuen Modells ist auch die Einmündung der Frutz in den Rhein. Die Einmündung befindet sich ungefähr auf Höhe der Oberrieter Reitanlage Birkenau bzw. etwa hundert Meter weiter nördlich.Im Modell wird untersucht, wie die Sohle des Rheins sich verändert. Die Folgerungen hydrologischer Berechnungen (z.B. wo Sandbänke oder Eintiefungen entstehen) lassen sich überprüfen. Auch werden die am Ufer entstehenden Belastungen analysiert.Nur zwei solche Projekte in EuropaZur Vorstellung des neuen Modells war sowohl die St.Galler Regierungsrätin Susanne Hartmann als auch der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner gekommen. Wallner nannte das Projekt Rhesi eines der zwei grössten derartigen Projekte in Europa (das andere betrifft die Rhone) und sagte, die ETH in Zürich habe das in Dornbirn aufgebaute Modell als «sehr interessant auch für die Forschung» bezeichnet. Die Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glazilogie der ETH setzt die Modellversuche im Auftrag der Internationalen Rheinregulierung um. Die Versuche in Dornbirn dauern voraussichtlich bis nächsten Sommer.Der Bevölkerung solle das Modell helfen, «ein Gefühl dafür zu bekommen, wie der Rhein in Zukunft aussehen wird», sagte der Landeshauptmann. Susanne Hartmann lobte den guten Aufbau der Nachbildung im Massstab 1:50 und hob deren Anschaulichkeit hervor.[caption_left: Aus der Schweiz waren Regierungsrätin Susanne Hartmann und der Oberrieter Gemeinde- präsident Rolf Huber (2.v.r.) zur Vorstellung des neuen Modells gekommen.]Urs Kost als bisheriger Vorsitzender der Gemeinsamen Rheinkommission (die ab sofort von Walter Sandholzer geführt wird) äusserte seine Überzeugung, dass es fürs Rheintal mit Blick auf den Rhein «nur eine richtige Lösung» gebe – «und da isch dia». Das neue Modell soll Aufschluss darüber geben, wie schnell die Ausweitung des Rheins vor sich gehen wird und welche zusätzlichen Massnahmen nötig sind, damit der Fluss das Material selbst abtransportiert.«Hunderttausende LKW-Fahrten einsparen»Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass der Rhein einen grossen Teil der Arbeit selbst erledigt, weshalb Gesamtprojektleiter Markus Mähr von einer «eigendynamischen Ausweitung» des Flusses sprach. Auf diese Weise sollen «Millionen von Kubikmetern und somit hunderttausende Lastwagenfahrten entfallen».«Das Wasser käme im zweiten Stock daher»Terminlich und fachlich sei man mit Rhesi nach achtjähriger Planung auf Kurs, sagte Urs Kost. Der fürs Projekt nötige, als Rechtsgrundlage dienende Staatsvertrag liegt vor und ist schon nach Bern und nach Wien übermittelt worden. In der nächsten Zeit wird er Gegenstand von Verhandlungen sein.Dass «schwierige Verfahren» anstünden, sei angesichts der Grösse des Projekts absehbar. Für diese Verfahren würden nun alle Unterlagen erstellt, meinte Markus Mähr, wobei zu zeigen sei, welche Auswirkungen das Projekt auf seine Umgebung habe. Gespräche mit den betroffenen Gemeinden zwecks Abstimmung der Detailplanung seien im Gange.Die Baukosten wurden mit einer Milliarde Franken beziffert. Das sei zwar viel, doch bei extremem Hochwasser könne der Schaden das Zehnfache ausmachen. «In Lustenau käme das Wasser im zweiten Stock daher», meinte Markus Wallner.«Heutiges Ödland wird sich verändern»Das Rhesi-Projekt, das die Verantwortlichen als genehmigungsfähig werten, bringe nicht nur einen grossen Sicherheitsgewinn, sondern auch viel neuen Raum für die Erholung. Heutiges Ödland werde sich entscheidend verändern, sagte Vorarlbergs Landeshauptmann. Der hierfür nötige Raum werde durch die entsprechende Anpassung des Richtplans gesichert, sagte Susanne Hartmann.[caption_left: Das Medieninteresse war gross, als am Donnerstag durch Projektleiter Bernhard Valenti die neue Ausstellung in Dornbirns Rhesi-Modellversuchshalle vorgestellt wurde.]In der Rhesi-Modellversuchshalle ist nicht nur die imposante Nachbildung eines Rhein-Abschnitts zu sehen, sondern finden sich auch neue aktuelle Informationen, zum Beispiel zum Aufbau der Dämme und zum Untergrund. In zehn Kistchen ist im Boden vorhandenes Material wie Steine und Sand versammelt. Es zeigt, wie sich der Untergrund mit zunehmender Tiefe verändert.(*In einer ersten Fassung war leider eine falsche Zahl genannt.)Hinweis Alle Infos zu Besichtigungen, Führungen und Anfahrt unter www.rhesi.org/modellversuche

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