19.05.2022

Reverenz an die Ländlerhochburg

Im «Sonnenhügel» trat über Jahrzehnte auf, wer in der Volksmusikszene Rang und Namen hatte. Im Sommer übernimmt eine Investorengruppe die Liegenschaft. Vorher wird am Pfingstmontag aber noch einmal «gmusiget».

Von Max Tinner
aktualisiert am 02.11.2022
Das Restaurant Sonnenhügel verbinden viele noch heute mit urchiger Musik. Die Wirtschaft ist zwar schon länger geschlossen, sie lebt aber in den Erinnerungen vieler als Ostschweizer Ländlermusighochburg weiter. «Hochburg» trifft’s sogar recht passend, steht das gastliche Haus doch an erhöhter Lage auf einer Kuppe über der Talebene. Zum Treffpunkt der Ländlermusikfreunde machte den «Sonnenhügel» Karl «Kari» Nauer, der das Gasthaus 1964 kaufte und hier zusammen mit seiner Frau Theres wirtete. Er zählte damals zu den be­kanntesten Schwyzerörgelern der Schweiz. Er komponierte auch und hatte in Eichberg im Haus Hopfengarten ein eigenes Schallplattenpresswerk, die «Coloraphon».Die Familie Nauer wohnte damals dort, aber halt auch in Lüchingen – die Tage einer Wir­tefamilie sind lang. «Der ‹Sonnenhügel› wäre als alleiniger Wohnsitz zu klein gewesen», erzählt Stefan «Justi» Nauer, «wir waren eine zehnköpfige Familie!» Das Haus in Eichberg gehört der Familie Nauer noch heute. Vier der acht Kinder Kari und Theres Nauers fanden ebenfalls zur Musik: Markus, Stefan, Othmar und Niklaus.[caption_left: Der Höhepunkt: Eine Szene aus der Fernsehsendung «Für Stadt und Land» vom 17. Oktober 1975 im Restaurant Sonnenhügel..  Bild: SRF]Der Papst besucht den König: 1975 kam Wysel GyrWeil Kari Nauer selbst eine Volksmusikgrösse war, verkehrten im «Sonnenhügel» ganz Grosse der Szene: Carlo Brunner, Willi Valotti, die Toggenburgerbuebe, Hans Aregger die Kapellen Wachter-Rutz, Berlinger-Schmutz und viele mehr. Wie jene war auch Kari Nauer verschiedentlich im Schweizer Fernsehen zu sehen. Und im Sommer 1975 kam das Schweizer Fernsehen sogar zu Kari Nauer in den «Sonnenhügel», nämlich für eine Rheintaler Ausgabe der damals ausserordentlich beliebten Volksmusiksendung «Für Stadt und Land»: Der legendäre Volksmusikpapst Wysel Gyr machte sozusagen seine Aufwartung beim Rheintaler Ländlerkönig Kari Nauer.Ausgestrahlt wurde die Sendung, die auch Szenen vom Alt­stätter Augschtemarkt zeigte, am 17. Oktober 1975. «Ganz Lüchingen dürfte vor dem Bildschirm sitzen», schrieb der «Rheintaler» auf jene Sendung hin. Man kann sie übrigens noch heute anschauen: Sie ist in der Mediathek des Schweizer Fernsehens verfügbar (auf www.srf.ch/play/tv im Suchfeld eingeben: Für Stadt und Land Rheintal). Markus Nauer, der die Musik zu seinem Beruf gemacht hat, spielte in jener Sendung als 15-jähriger Bub bereits mit.[caption_left: Aus dem Familienalbum: Kari und sein Neffe Tony Nauer beim Örgelen, im Hintergrund Theres Nauer am Buffet.  Bild: pd]Nach Kari und Theres Nauer wirteten unter anderem die Geschwister Amalie und Othmar Nauer noch eine Zeit lang auf dem «Sonnenhügel». Da lebten die Stubeten weiter. Später war die Wirtschaft verpachtet, die Stubeten wurden seltener. Am 6. Juni, am Pfingstmontag, leben die guten alten Zeiten nun aber nochmals auf. Die Familie Nauer hat den «Sonnenhügel» im Februar verkauft. Bevor die Investorengruppe im Sommer die Liegenschaft übernimmt, organisiert Stefan Nauer nach 58 Jahren, in denen der «Sonnenhügel» der Familie Nauer gehörte, eine Abschiedsstubete – als Reverenz an die frühere Ländlermusighochburg und auch in memoriam Kari und Theres Nauer, die das Lokal zu Lebzeiten zu dem gemacht hatten, für das es weit, weit herum bekannt war.Erwartet werden Formationen aus der Region, die die Volksmusik auch im 21. Jahrhundert hochhalten: die Stossberg Musikanten aus Altstätten, die Kapelle Pfauenhalde aus Berneck, Tony Nauer aus Rehetobel, Pia und Ignaz Foppa aus St. Margrethen und natürlich die Familie Nauer selbst. Die Aufzählung ist nicht abschliessend: «Jeder und jede, die ein Volksmusikinstrument spielen, sind willkommen», sagt Stefan Nauer.Hinweis Platzreservation für die Stubete vom Pfingstmontag bei Stefan Nauer auf Telefon 079 218 31 60 oder 071 777 39 54.[caption_left: Stubete in späteren Jahren, wahrscheinlich 2005, von links: Stefan Nauer, Markus Nauer, Erwin Hersche und Tony Nauer.  Bild: pd

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