24.02.2022

«Rätscha»: Seit Jahren füüf Stutz

Die neue «Rätscha» hat zwei Seiten mehr. Ihre Herausgeberin hat sich auch schon mit Klagen beschäftigen müssen.

Von Gert Bruderer
aktualisiert am 02.11.2022
Die Fasnachtszeitung lästert auf der Titelseite stets in einem grossen Leidartikel über peinliche Vorgänge, fragwürdige Entscheide, missratene Experimente, Schnapsideen oder Unzulänglichkeiten der Lokalpolitik. Der Haupttext lenkt den Blick auf eine Posse, heiter-spöttisch, im Gewand der Glosse. Auch diesmal, im 64. Jahrgang.Unrühmliche News aus der StadtDer Stoff geht der Clique nicht aus, weil immer wieder erstaunliche Vorgänge die Altstätterinnen und Altstätter bewegen und teilweise auch jenseits der Gemeindegrenze Aufsehen erregen. So wird im neuen Leidartikel gleich eine ganze Reihe unrühmlicher News um eine Hauptnachricht gruppiert.Daneben werden jeweils mehr und weniger prominente Persönlichkeiten (des vor allem halböffentlichen Lebens) aufs Korn genommen, weil ihnen im Laufe des Jahres ein Missgeschick widerfuhr, über das sie hoffentlich auch selbst lachen.Diese etwa fünfzig spöttisch dargebotenen Geschichtchen werden diesmal über zwei Seiten mehr ausgebreitet, was daran liegt, dass die Clique neuerdings mit einem Zeichner zusammenarbeitet. Erstmals sind gut 15 Texte illustriert, so dass die «Rätscha» aus acht (statt der bisher üblichen sechs) Seiten besteht.Mehr Seiten, aber gleicher PreisInflation wird für die Clique wohl noch jahrelang ein Fremdwort bleiben. Ihre «Rätscha» kostet seit zwei Jahrzehnten «füüf Stutz» und dürfte wohl auch in einigen Jahren den heutigen Preis haben. Das hat einen praktischen Grund. Findet der Altstätter Umzug statt, ist die Fasnachtsmontags-Clique stets mit einem Wagen dabei und verkauft entlang der Umzugsstrecke ihre Zeitung. In aller Regel wird diese mit einem Fünfliber bezahlt, was eine einfache Verkaufsabwicklung und schnelles Vorankommen bedeutet. Die Auflage von 1200 Exemplaren liegt zwar um 20 bis 25 Prozent tiefer als sonst, es fallen aber auch tiefere Kosten an.Die Clique verzichtet dieses Jahr auch auf die Bööggverbrennung sowie die genauso traditionelle Orangenverteilete. Die Ausgabenseite wird deshalb erheblich entlastet, denn die Kosten für den Böögg liegen nahe bei 2000 Franken. Die «Rätscha» wird von einer fünfköpfigen Kommission gemacht, aber von allen 23 Aktivmitgliedern verantwortet. Sie alle steuern Vorschläge für Texte bei.Besteht nicht die Gefahr, dass in der Fasnachtszeitung wegen Covid (bzw. des stark eingeschränkten gesellschaftlichen Lebens) ein noch kleinerer, der Clique nahestehender Personenkreis zum Zuge kommt als sonst? Der Kreis der Pechvögel soll erweitert werden«Das haben wir bewusst vermieden», sagt Kommissionsmitglied Bruno Städler. Der generell bestehenden Versuchung, inhaltlich auf einen bestimmten Personenkreis zu fokussieren, sei man sich bewusst, weshalb man Gegensteuer gegeben habe und weiterhin gebe. Wenn in einem Jahr die 50. «Rätscha» in heutiger Form erscheint, soll die Berichterstattung über Fehltritte und andere amüsante Ereignisse noch weiter als in diesem Jahr über den Kreis der bisher üblichen Verdächtigen hinausgehen. Der für die rechtliche Prüfung des Inhalts zuständige Thomas Hubatka sagt: «Es ist geplant, dass künftig auch Dritte, also Nichtmitglieder, auf der Cliquenwebsite Hinweise geben oder kleine Geschichten im Sinne von Vorschlägen einreichen können.»Zwei-, dreimal musste der Friedensrichter helfenWer eine Fasnachtszeitung macht, kennt die «Gratwanderung», von der Bruno Städler spricht. Der Inhalt soll nicht harmlos daherkommen, sondern Pep haben, zugleich aber nicht verletzen. In den letzten 20 Jahren hat die Fasnachtsmontags-Clique sich «sehr vereinzelt» mit Klagen beschäftigen müssen. Zwei oder drei endeten vor dem Friedensrichter, eine vierte hatte ein ehemaliger Lokalpolitiker wegen Ehrverletzung eingereicht. Daraufhin erhielt die Staatsanwaltschaft von der Clique alle 28 Namen der damals gemeinsam verantwortlichen Cliquenmitglieder zugesandt. Daraufhin habe die Clique nichts mehr gehört, und irgendwann sei die Anzeige verjährt. «Rätscha»-Redaktion verjüngenDie Cliquenmitglieder treffen sich jeweils am Dienstag vor dem Rosenmontag abends im Altstätter Copydruck, um hier in zwei- bis dreistündiger Arbeit gemeinsam die Seiten der «Rätscha» zusammenzustellen, wobei sie vom Profi Roger Kühnis gestalterisch unterstützt werden. Danach wird gedruckt, und am Freitag, 25. Februar – ab 17 Uhr – ist die «Rätscha» dieses Jahr bei über 15 Vorverkaufsstellen erhältlich.Obschon von Müdigkeit noch nichts zu spüren ist und derzeit kein Mitglied ans Aufhören denkt, wird eine Verjüngung angestrebt.Besonders gilt das für die «Rätscha»-Kommission. Anders als bisher muss ein Kommissionsmitglied, das für die Fasnachtszeitung tätig ist, in Zukunft nicht mehr zwingend Cliquenmitglied sein.

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