08.08.2022

Quellen, Brunnen und Zisternen

Oberrieter Wassergeschichten: Wie die Gemeinde im 20. Jahrhundert alle Gebiete mit Trinkwasser versorgte.

Von Peter Zünd
aktualisiert am 02.11.2022
Neben offenen Gewässern spielten Quellen – und wo solche fehlten – Sodbrunnen oder Zisternen die Rolle von Lebensadern, das hat sich im Grundsatz nicht geändert. Da die Qualität der offenen Gewässer bisweilen zweifelhaft war und sich diese nur als Viehtränke, für die Bewässerung und für Reinigungszwecke eigneten, griff man auf  im Alpstein entspringende Quellen zurück. Eine Besonderheit war die Heilquelle aus der Kristallhöhle, die bis über die Mitte des 20. Jahrhunderts hinaus im «Bad Kobelwies» genutzt wurde.In den 1920er-Jahren kam Bewegung in die SacheDie Blattenquelle am Blattenberg nährte nebst eines kleinen Weihers (der Flurname existiert noch) mindestens die Brunnen im südlichen Dorfteil, angefangen mit dem immer noch stehenden «Eintracht»-Brunnen (1894) bis zur Mitte des Oberdorfes. Einen weiteren Brunnen muss es beim «Adler» gegeben haben. Der «Bleandastöber»-Brunnen gegenüber dem Rathaus steht wohl an der Stelle einer früheren Anlage. Der am besten dokumentierte Brunnen stand auf dem Postplatz Eichenwies beim Restaurant Rössli.Gemeindepräsident Carl Kolb (im Amt von 1908 bis 1924) zeichnete schon 1891 bis 1899 als Präsident der Brunnenkorporation Oberriet, sodann war er Initiant, Leiter und Kommissionsmitglied bei der Erschliessung neuer Quellen im Bereich Freienbach, beim Aufbau des allgemeinen Wasser- und Hydrantennetzes und schliesslich der Gewässerkorrektion. Sein Nachfolger war Karl Dux; er wehrte sich für die Wasserversorgung der entlegenen Fraktion Freienbach-Stein, im Verbund mit der Versorgung der Kienberger Al­pen. Als klar wurde, dass die bisherige Quellwasserversorgung wegen der aufkommenden Industrie und dem gestiegenen Privatverbrauch (Hausleitungen statt öffentliche Brunnen) nicht mehr genügte, wurde die Erstellung des Grundwasserpumpwerks beim Feldhof Ende der 1920er-Jahre realisiert. Zuvor hatte man noch erwogen, den auf innerrhodischem Gebiet liegenden Forstsee anzuzapfen.Das war rechtlich nicht möglich, immerhin gelang es, die grenznahe Neuenalpquelle zu fassen und über die neue Waldstrasse eine Leitung zu erstellen, die zu den Kienberger Alpen führte. Mit dem Pumpwerk konnten Montlingen und Kriessern versorgt werden. Hilfsfunktionen erfüllten die Reservoirs in Kobelwald, auf dem Semelenberg und auf dem Montlinger Berg. Eine zentrale Rolle spielen heute die Aufbereitungs- und Verteilanlagen auf der Stieg und im Guet bei Kobelwald. Ein eigenes Reservoir erhielt auch die Fraktion Hard.Aus früherer Zeit hat sich die Brunnenkorporation Moos erhalten, mit fünf offenen Brunnen und eigenen Quellen im Gebiet der Steig. Der «lange Brunnen» unterhalb von Kobelwald ist durch eine moderne Anlage ersetzt worden, während die dorthin führende Brunnengasse aufgegeben wurde. Eine einzige Zisterne ist im Kriessner Oberdorf vorhanden.Auch der Feuerschutz musste beachtet werdenDie Brände im Oberdorf, vor allem aber derjenige von Rüthi-Büchel und besonders der Dorfbrand von Rüthi (1890) waren Schüsse vor den Bug, denn die Feuerwalze griff  über und durch den Hirschensprung auf den gesamten Dorfteil Moos – und verschonte einzig die abseits liegende Mühle Mattle. Man erkannte die Bedeutung eines ausgedehnten Hydrantennetzes, denn auf den Eisenbahnlöschzug aus St. Gallen, wie er 1890 zum Einsatz kam, war kein Verlass. Die lokalen kleinen Pumpen- und Schlauchwagendepots haben längst ausgedient; die Brandbekämpfung ist mit der Anlage im Werkhof zentralisiert.Dass Gemeindepräsident Carl Kolb gleichzeitig die Rol­le als Feuerwehrkommandant (1904 – 1912) erfüllen konnte – heute unvorstellbar! Zur Erinnerung an jene Zeit dient der verglaste Beobachtungsposten der Brandwache auf dem Rathaus.15 verschiedene Funktionen ausgeübtDas Beispiel vom Umgang Oberriets mit Fliessgewässern und der Wasserversorgung ist durch die Rechenschaftsberichte zweier Gemeindepräsidenten dokumentiert, die in der Zeitspanne von 1890 bis 1930 im Amt waren und schon vorher in diversen Behörden mitwirkten. Als Erster zu erwähnen ist Carl Kolb (1862 – 1933), ein eigentliches Faktotum, der allein in der politischen und Ortsbürgergemeinde 15 verschiedene Funktionen ausübte, dazu zeitweise in der Schul- und Kirchenbehörde. Auch in der Justiz und im Kantonsparlament war er tätig, und bei all den Verpflichtungen war er als Sänger und Theaterregisseur im Einsatz. Auch sein Nachfolger Karl Dux (1873 – 1951) engagierte sich für öffentliche Anliegen wie die Abwälzung der alten Rheinwuhrschuld, das Strassenprojekt Oberriet – Appenzell (die sogenannte Waldstrasse), das leider von Eichberg erfolgreich konkurrenziert wurde, die Dürrenbachverbauung, den Ausbau der Realschule (heutiges OZO), die Kostenentlastung des Binnenkanalbaus durch die Integration der Elektrizitätswerke von Oberriet und Montlingen, den weiteren Ausbau der Wasserversorgung, der in der Erstellung des Grundwasserpumpwerkes beim damaligen Bürgerheim Feldhof gipfelte.  

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