10.11.2020

Pro & Contra Konzerninitiative

Andreas Fehér (Pro) und Brigitte Lüchinger (Contra) nehmen zur Konzernverantwortungsinitiative Stellung, die am 29. November zur Abstimmung kommt.

Von gb
aktualisiert am 03.11.2022
Unser Land sollte mit gutem Beispiel vorangehenPro Ich bin klar für die Konzernverantwortungsinitiative (KVI). Sie ist ein nötiger Anstoss in die richtige Richtung. Es sollte klar sein, dass Verstösse gegen Menschenrechte und die Schädigung der Umwelt durch Schweizer Unternehmen nicht vorkommen dürfen. Andreas Fehér wirkt als Geschäftsleitungsmitglied in der vom Vater gegründeten Fehér AG, einer mechanischen Werkstatt in Balgach. Das Unternehmen beschäftigt 27 Mitarbeitende. Andreas Fehér gehört dem Wirtschaftskomitee für verantwortungsvolle Unternehmen an, von dem die Konzernverantwortungsinitiative unterstützt wird. «Saubere» Rendite gibt gutes Gefühl Dass die grosse Mehrheit der Schweizer Konzerne und KMU auch ohne KVI sauber arbeitet, steht ausser Frage. Eine «saubere» Rendite zu erzielen, gibt ja auch ein sehr viel besseres Gefühl – den Chefs, den Mitarbeitenden, Kunden und Aktionären. Das Problem sind eher wenige schwarze Schafe unter den Konzernen, die riesige Schäden anrichten.Wer schon heute im Sinne der KVI tätig ist, kann bei einem Ja auf den ohnehin bereits bestehenden internen Kontrollen und zu erbringenden Risikoanalysen aufbauen, zu seinem eigenen Nutzen. Sollten Unternehmen den Beweis für die Einhaltung von Sorgfaltspflichten nicht gern erbringen? Auch Versicherer sind an gewissenhafter Geschäftstätigkeit interessiert.Für die Schweiz ein besonderes Gütesiegel Wer geschädigt wurde, muss nachweisen, dass der Schaden widerrechtlich entstand und der Konzern die schadenverursachende Tochterfirma kontrolliert und deshalb verantwortlich ist. Der beschuldigte Konzern hat die Möglichkeit, sich von der Haftung zu befreien. Hierzu muss er die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht beweisen und somit darlegen, dass er die Verantwortung gegenüber seiner Tochterfirma wahrgenommen hat.Für die Schweiz kann die KVI ein besonderes Gütesiegel bedeuten, das einen grossen Imagegewinn zur Folge hat. Gerade in der heutigen Zeit, in der Umweltsünden und Menschenrechtsverstösse eher ans Tageslicht kommen und umgehend publik werden können, ist es wichtig, einen Pflock einzuschlagen. Die Schweiz unterschätzt gern ihren Einfluss. Geht unser Land mit gutem Beispiel voran, kann es gewiss viel mehr bewirken, als viele glauben.Angst vor Wegzug ist wohl unbegründet Die Umsetzung der KVI ist sicher herausfordernd, aber das ist ja bei vielen Initiativen der Fall. Dass die KVI-Gegner mit dem Auszug grosser Firmen drohen, ist ja auch nichts Neues. Erstens haben sich solche Befürchtungen bisher noch nie bewahrheitet, zweitens wäre es nicht schade, zögen Unternehmen weg, die Dreck am Stecken haben.Dadurch verschwänden Arbeitsplätze, das trifft zu. Ich denke, gute Arbeitskräfte fänden einen neuen Job – in einer Firma, die ihren Einsatz verdient. (Notiert: gb) Die Schweiz ist doch jetzt schon ein VorbildContra Die Anliegen der Initianten sind sicher wichtig. Leider wird aber pauschal suggeriert, die Unternehmen kämen ihren Pflichten nicht nach.Brigitte Lüchinger ist Mitinhaberin und Geschäftsführerin der Metallbaufirma Lüchinger in Kriessern, die 50 Mitarbeitende beschäftigt. Im Arbeitgeberverband Rheintal, dessen Vorstand die Initiative geschlossen ablehnt, ist Brigitte Lüchinger als Präsidentin tätig.Die Rede ist stets von Konzernen; kleine und mittlere Unternehmen seien nicht betroffen, heisst es. Im Initiativtext finde ich das aber nicht bestätigt. Also droht KMU noch mehr Bürokratie. Sollte es tatsächlich nur darum gehen, wenige schwarze Schafe in den Griff zu bekommen, hätte dies aus dem Initiativtext klar hervorzugehen. Die Befürworter der Initiative meinen, die Schweiz könnte sich weltweit als Vorbild erweisen, was ihr Image stärke.  Firmen verdienen keinen Generalverdacht Die Schweiz ist aber schon heute ein Vorbild, ein grosses dazu. Schweizer Unternehmen verdienen keinen Generalverdacht, denn sie zeichnen sich durch ein sehr hohes Umweltbewusstsein sowie die Bereitschaft aus, ihren Mitarbeitenden ein bestmögliches Umfeld zu bieten. Freiwillig wird sehr viel getan, wobei die hohen Standards Schweizer Firmen auch im Ausland gelten.Initiative brächte Juristenfutter Nicht verantwortungsbewusst zu handeln, kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten. Entsprechend ist bei den Unternehmen sehr wohl die Einsicht verbreitet, dass die Lieferketten sich zurückverfolgen lassen müssen. Das ist weitestgehend möglich, es bleibt aber immer ein unverschuldetes Restrisiko. Nicht jedes kleinste Detail lässt sich regeln und absichern. Insofern hätte ein Ja zur Konzerninitiative unnötiges Juristenfutter zur Folge.Für Schäden sind Firmen schon jetzt verantwortlich Richtet eine Firma Schaden an, besteht ja längst die Möglichkeit, den Verursacher zur Verantwortung zu ziehen. Dass dies nicht überall auf der Welt zuverlässig funktioniert, hat auch mit Korruption zu tun. Will heissen: Es gibt eine ganze Reihe grösserer Probleme, die es anzupacken gäbe, statt unzählige Firmen wegen allfälligen Fehlverhaltens von Grosskonzernen mit einer unverhältnismässigen Initiative zu belasten.Gemeinschaftliches Handeln ist besser Überdies bin ich klar der Meinung, dass weitere Fortschritte sich am ehesten durch gemeinschaftliches Handeln erzielen lassen.  Nicht von einem einzelnen Land, sondern zum Beispiel von einer Organisation wie der OECD sollten weitere Bestrebungen für umweltgerechtes Wirtschaften und die Einhaltung der Menschenrechte ausgehen.Dass sich sehr wohl viel erreichen lässt, zeigt schon das Beispiel der Armut: Weltweit ist dieses Problem in den letzten Jahrzehnten massiv kleiner geworden. (Notiert: gb)   

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