22.07.2022

Privilegien für Geflüchtete sind umstritten

Einige Ausserrhoder Gemeinden bieten den Ukrainerinnen und Ukrainern Vergünstigungen und Rabatte für Freizeitaktivitäten.

Von Astrid Zysset
aktualisiert am 02.11.2022
Astrid ZyssetEs ist eine strittige Frage. Einige Gemeinden bieten den ukrainischen Geflüchteten verschiedene Vergünstigungen. So können jene in Herisau beispielsweise kostenlos an den Sommerangeboten der Mobilen Sozialarbeit teilnehmen. Dieses sieht unter anderem einen Besuch im Hüpfburgenpark, Minigolf, Schwimmen im Freibad oder auch ein gemeinsames Grillfest vor. Speicher bietet Gratiseintritte ins Hallenbad Buchen für die ukrainischen Schutzbedürftigen. Reagiert wurde in der Mittelländer Gemeinde schnell: Kurz nach der Ankunft der ersten Geflüchteten wurde eine Whatsapp- Gruppe gegründet. Über diese wurden Badetücher und Badebekleidung gesammelt, welche anschliessend an die Ukrainerinnen und Ukrainer verteilt wurden. In Gais können jene zum halben Preis ins Freibad. Im Vorderland haben die ukrainischen Familien ein Saisonabo für das Freibad in Heiden erhalten. «Wir sind der Ansicht, dass zumindest den Kindern ein Hauch von Normalität ermöglicht werden soll», begründet Gemeinderätin Brigitt Mettler, Präsidentin der Sozialen Dienste Vorderland, die Massnahme. Die Geflüchteten sehen sich fünf Wochen Sommerferien gegenüber und hätten oftmals kein Geld, mit den Kindern etwas zu unternehmen. Mettler betont jedoch, dass für die Abonnements keine Steuergelder aufgewendet wurden. Sie alle wurden durch Spenden an das Café Ukraine finanziert. Sonderbehandlung für die ukrainischen Geflüchteten?Es ist eine Gratwanderung, welche die Gemeinden durchschreiten müssen. Zeigen sie sich solidarisch mit den ukrainischen Geflüchteten oder pochen sie auf die Gleichbehandlung aller Schutzbedürftigen? «Spezielle Angebote ausschliesslich für Flüchtlinge bestehen bei uns nicht. Die Gemeinde ist bemüht, ihre Angebote möglichst der gesamten Bevölkerung zugänglich zu machen, auch jenen Personen mit beschränkten finanziellen Mitteln», so Wolfhaldens Gemeindeschreiberin Sandra Eichbaum. Reute, Lutzenberg, Trogen, Urnäsch oder Bühler sehen das ähnlich und verzichten gänzlich auf vergünstigte oder unentgeltliche Freizeitangebote für die ukrainischen Geflüchteten. Wenn auch nicht alle vollkommen strikt. «Teufen verzichtet im Sinne der Gleichbehandlung von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf die Abgabe von Gratiseintritten», so Gemeindeschreiber Markus Peter. Er fügt jedoch an, dass in begründeten Einzelfällen individuelle Angebote geschaffen werden könnten. Stein geht sogar noch weiter und legt unserer Zeitung nahe, auf die Berichterstattung zu diesem Thema zu verzichten, da die Ungleichbehandlung nicht breit getreten werden soll. Kanton äussert sich differenziertUnd wie steht der Kanton dazu? Die unterschiedlichen Angebote seitens der Gemeinden werden vom Regierungsrat differenziert betrachtet. Einerseits sei die den Geflüchteten entgegengebrachte Solidarität sehr positiv, andererseits, so Yves Noël Balmer, Vorsteher Departement Gesundheit und Soziales, «zementiere sie die aktuelle Ungleichbehandlung». Aufgrund des ihnen vom Bundesrat verliehenen Status S haben ukrainische Geflüchtete mehr Möglichkeiten und Rechte als anderweitig Geflüchtete. Einen anderen juristischen Stand einzuführen, sei aus den gegebenen Umständen ein nachvollziehbarer Entscheid seitens des Bundes gewesen, so Balmer. Jedoch führe dieser zu zwei Arten von Asylbewerbern. Und mit speziellen Angeboten seitens der Gemeinden könne es sein, dass der Unmut seitens anderer Geflüchteter oder seitens Sozialhilfeempfänger zunimmt. «Die Frage, die sich stellt, ist doch: Warum bekommen nicht alle solche Vergünstigungen oder Rabatte?» Ein Umstand, auf welchen die Regierung keinen Einfluss hat. Die Gemeinden sind in der Unterbringung der Geflüchteten autonom.

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