15.09.2022

Pressen mit dem alten Torkelbaum

Drei Feste im Zeichen des Weins als historisches Rheintaler Kulturgut: Den Auftakt macht das Wimmetfest.

Von rew
aktualisiert am 02.11.2022
Der Verein Vinum Berneck organisiert die Produktion eines Rheintaler Torkel-Weins. 40 Reb- und Weinbauern stellen dafür Trauben zur Verfügung. An drei Events kann die Bevölkerung an der Abgabe des Traubenguts am Wimmetfest, beim Pressen mit der riesigen, alten Torkelbaumpresse und der Abgabe des Rheintaler Torkelwii dabei sein. Beda Germann, Peter Indermaur, Jakob Schegg und Felix Indermaur vom Organisationskomitee erklären, was an den Anlässen vor sich geht.Am 7. Oktober startet die Anlass-Serie mit dem Wimmetfest. Was erwartet Besuchende an diesem Freitag?Jakob Schegg: Um 16.45 Uhr formiert sich die Wagenkolonne mit 42 Fahrzeugen auf dem Lindenhausplatz und zieht über die Neugasse zum Rathausplatz, wo die Winzerinnen und Winzer empfangen werden. Deren Ar­beit wird gewürdigt, und ältere Rebleute werden mit Urkunde und goldenem Rebmesser geehrt. Das Ganze wird musikalisch umrahmt. Der Anlass wird auf alten Traditionen aufgebaut?Schegg: Ja, Winzer und Rebleute werden in traditionellen Kleidern und Trachten, mit Leiterwagen, Pferdegespann und alten Traktoren unterwegs sein, um die 2500 Kilo Trauben im Torkel Oberdorf oberhalb des Rathauses abzuliefern. 20 Reb-  und Weinbauern aus Berneck sind dabei und weitere 20 von Thal bis Altstätten. Alle elf Rebbaugemeinden des Tals sind vertreten.Dann wird es allein schon durch die vielen Beteiligten zu einem grossen Spektakel?Schegg: Das wird es. Genau wie früher wird das Traubengut von jedem Winzer vor dem Torkel angenommen, mit einer alten Waage gewogen und geöchselt, das heisst: Der Zuckergehalt (Öchslegrade) wird gemessen. Mit traditionellen Messgeräten und wie früher üblich, verkündet der amtliche Eichmeister die Werte. Danach werden die Trauben gestösselt und in einem alten Gärbottich eingemaischt. Den Besuchenden werden die einzelnen Schritte von einem Moderator erläutert. Für den Torkelwii werden Blauburgunder Trauben verwendet. Darf man nach diesem heissen Sommer hohe Öchslegrade erwarten?Felix Indermaur: Man gackert nicht über Eier, die noch nicht gelegt sind. Sicher ist, der Wein wird durch das spezielle Her­stellungsverfahren etwas Be­sonderes. Das Traubengut wird nur leicht gestösselt, so bleiben manche Beeren ganz, die dann während der langen Zeit von vier Wochen schonend gären. Das bildet eine zusätzliche und besondere Aromakomponente. Peter Indermaur: Der Pinot Noir hat dieses Jahr sicher eine gute Qualität. Wir haben aufgrund der Wetterbedingungen in diesem Sommer das Fest um eine Woche vorverschoben. Hätte man sonst eher Trauben aus einer frühen Lese genommen, werden es nun eher Früchte aus einer späteren Lese sein.Speziell ist, dass 40 Weinproduzenten im ganzen Tal zusammenarbeiten. Wie kommt es dazu?Beda Germann: Reben und Wein sind tief in der hiesigen Kultur verankert: Das Rheintal ist ein Weintal. Identifikation für den Rheintaler Wein zu schaffen, hilft allen Produzenten. Das Fest am 7. Oktober bietet den Winzerinnen und Winzern eine Plattform, auch weil ihre Weine degustiert werden können – in angenehmem Rahmen beim Winzerschmaus, traditionellen Gerichten wie Winzernudeln, Siedwurst und Käsenudeln. Am Wimmetfest sind auch Formulare erhältlich, mit denen der Rheintaler Torkelwii vergünstigt vorbestellt werden kann.Was sind Highlights am Druckfest, das am Samstag, 5. November, ebenfalls in der grössten Weinbaugemeinde des Kantons stattfindet?Germann: Berneck ist übrigens auch weit und breit die einzige Gemeinde, die zwei funktionierende alte Torkelbaumpressen beheimatet – es gibt nicht mehr viele funktionierende.Peter Indermaur: Man kann bei so einer Presse auch nicht einfach loslegen. Dafür braucht es ein eingespieltes Team und viel Wissen. Unsere Torkelmannschaft besteht aus zwölf Leuten. Trotzdem wird es auch für uns eine spannende Erfahrung sein, mit der Presse im Oberdorf zu arbeiten – das letzte Mal taten wir dies 2007. Ich kann versprechen, es wird ein Spektakel. Wenn sich der zehn Meter lange Torkelbaum bewegt, ächzt und knarzt es gewaltig. Man sieht und spürt es, wenn die zwei Tonnen Ge­gengewicht in die Höhe geschraubt werden und die Presse über 20 Tonnen Druck ausübt. Wird mehrmals gepresst?Schegg: Es gibt zwei Druckvorgänge, die zusammen sechs Stunden dauern. Start ist um 14 Uhr, indem vergorene Traubenmasse auf die Wanne geschichtet wird. Felix Indermaur, der wie Tobias Frei Obertorkelmeister ist, wird Moderator Viktor Rohner den Druckprozess erläutern. Nebst den drei weiteren Torkelmeistern werden an diesem Tag zwei Neue feierlich vereidigt. Dann haben wir sieben Torkelmeister aus drei Generationen und die Gewähr, dass das alte Wissen erhalten bleibt.Germann: Vor dem Torkel wird eine Schenke geführt. Das ganze Ambiente ist mittelalterlich gehalten. Auf Feuerschalen können Fackelspiesse selber grilliert werden, es gibt Gerstensuppe. Die Bernecker Küferei Thurnheer stellt vor Ort Fässer her. Den Abschluss macht das  Weinfest am 22. Juni 2024.Germann: Da ist Taufe und Antrinkete des neuen Weins in stimmungsvollem Ambiente mit Jazz und kulinarischen Köstlichkeiten. Alles zeitgemäss gehalten. Wir bauen auf der Tradition auf, unsere Rebbaubetriebe sind aber modern und arbeiten auf neustem Stand der Wissenschaft. Das soll in den drei Events zum Ausdruck kommen.Peter Indermaur: Der Wein wird in 225-Liter-Barrique-Fässern von unserer Dorfküferei Thurnheer im Keller von meinem Weingut Maienhalde gelagert. Durch regelmässige Treffen mit den anderen Rheintaler Kelterern wird der Torkelwii bis zur Abfüllung begleitet.

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