Gert BrudererWeil er wiederholt gegen das Tierschutzgesetz verstiess, hat das Kreisgericht Rheintal ihn mit 1000 Franken gebüsst. Der 57-Jährige versteht die Welt nicht mehr. «Ich hatte einen der besten Viehbestände in der Schweiz», meinte er vor Gericht. Und nun das.Die Tierschutzbeauftragten hatten wiederholt so viel zu beanstanden, dass der Richter am Ende meinte, es sei einfach «gnueg Heu dunne».Um Heu und anderes Raufutter geht es tatsächlich. Bei einer Kontrolle am 10. Januar 2018 waren zehn Jungtiere in einer Gruppenbox ohne Raufutter, auch zwei junge Kälber in der gleichen Gruppe hatten keines, obschon sie dies zur Entwicklung des Vormagens benötigt hätten. Raufutter beugt Magenentzündungen vor.Neun Kälber waren zudem ohne Wasser, und die Wasserleitung zu einem weiteren Kalb in einer Pferdebox war defekt. In einem Laufstall mit drei Galtkühen fehlten zwei Abdeckbretter beim Schieberbahnhof, sodass für die Tiere die Gefahr bestand, mit einem Bein einzusinken und sich zu verletzen.Zu lange Klaue «nicht tolerierbar»Ein vierter Vorwurf betrifft die vernachlässigte Klauenpflege. Da kenne er kein Pardon, sagte einer der Tierschutzbeauftragten, die als Zeugen vorgeladen waren. Der Mann, früher selbst Landwirt, sprach von «etlichen Tieren, die schlecht auf den Klauen waren», bezeichnete dies als «nicht tolerierbar» und kommentierte den Zustand des Hofes schonungslos: «Ich habe einfach nicht begriffen, dass so ein fanatischer Tierzüchter Rinder im Dreck hocken lässt» – jemand, der einst «ein angesehener Züchter ohne Fehl und Tadel war».Der Landwirt stritt zwar die Versäumnisse nicht ab, er ist sich aber keiner Schuld bewusst und wurde während der Gerichtsverhandlung mehrfach laut. Nachdem der Richter ihn schon einmal aufgefordert hatte «nöd eifach drii z’pääge», sondern zuzuhören, kommentierte er eine weitere Störung während der Zeugenbefragung schärfer: Er wolle «nicht noch eine Ordnungsbusse aussprechen müssen».Wann immer der Angeklagte Gelegenheit hatte, sich zu äussern, liess er sein Statement aufs gleiche hinauslaufen: Wie sollte jemand, der über 60 Plaketten daheim an der Wand und bei Wettkämpfen über zehn Schellen gewonnen habe, nicht recht zu seinen Tieren schauen? Würde er sie schlecht behandeln, wären solche Preise gar nicht möglich, meinte er.Bauer ist gesundheitlich stark angeschlagenEs wurde ihm denn auch nicht böse Absicht unterstellt, im Gegenteil. In der halbstündigen Urteilsbegründung betonte der Richter beflissen die Tragik, die hinter dem Fall steckt. Der Bauer ist nicht nur gesundheitlich stark angeschlagen, sondern hatte auch Pech mit den Knechten. In der jüngeren Vergangenheit konnte er keinen mehr finden. Und er selbst war auch insofern eingeschränkt, als er den Führerausweis für immer verlor. Trotz Entzugs war er mehrfach gefahren, primär um die Tiere zu versorgen, wie er sagte, also beispielsweise für den Strohtransport.Finanziell ging es stetig bergab. Zur Busse von 1600 Franken, die der Staatsanwalt beantragt hatte, sagte der Landwirt, der mehr schlecht als recht von einer knappen IV-Rente lebt: «I ha ka Geld meh, tuet mer leid, i mos is Gfängnis.» Als Ersatzstrafe bei Nichtbezahlen war gemäss dem Staatsanwalt eine Haftstrafe von 20 Tagen vorgesehen.Wasser ist ab erstem Tag zu gebenZu den Tieren habe er «glueged, so guet wi’s gange isch», sagte der Bauer, «i ha nöd nomöge, da geb i zue.» Es spielte jedoch auch ein Mangel an Einsicht mit. Kälbli, die wie seine Tiere Milch bekämen, würden sowieso kein Wasser trinken, meinte er zum Beispiel, und die Erläuterung eines der Tierschutzbeauftragten fruchtete nichts. Dieser wies darauf hin, dass Kälber ab dem ersten Lebenstag mit Wasser zu versorgen seien und es sich dabei um eine klare Vorschrift handle.Die Bestimmung ist insofern sinnvoll, als die Milch in den Pansen statt in den Labmagen gelangt und dort nicht verdaut werden kann. Die Kälber sollen sich früh ans Wasser gewöhnen, weil sie dann weniger krankheitsanfällig sind und weniger Durchfall haben.Tierhalteverbot war schon angedroht wordenDie Probleme mit dem Landwirt begannen vor ungefähr einem Jahrzehnt mit einer unkontrollierten Vermehrung von Katzen. In den letzten Jahren seien immer wieder gleiche Mängel beanstandet worden, sagten die zwei Zeugen, die dem Bauern bei einer Inspektion auch mal helfend zur Seite standen und keineswegs den Eindruck erweckten, verständnislose Hardliner zu sein. Jener Zeuge, der selbst Landwirt ist und den Angeklagten von früheren Anlässen her kennt, bemerkte vor Gericht, er sei «enttäuscht, dass wir heute überhaupt hier sind». Man hätte längst das (einmal sogar angedrohte) Tierhalteverbot beantragen können, doch man habe auch die Sorgen des Betroffenen gesehen und lange versucht, doch noch alles auf einen guten Weg zurückzubringen.Eine Lösung des Problems steht insofern bevor, als der Beschuldigte den Tierbestand bereits sehr stark verkleinert hat. Der Pachtvertrag ist ihm gekündigt worden, sodass seine landwirtschaftliche Tätigkeit bald zu Ende sein dürfte.Die Vergehen gelten nicht als TierquälereiDas Kreisgericht Rheintal verurteilte den Landwirt schliesslich zu einer Busse von 1000 Franken, die ihn – sollte er sie nicht bezahlen können – für zehn Tage ins Gefängnis brächte. Dass es so weit kommen musste, findet auch der Richter schade. Er sprach von einer Überforderung, die aber natürlich kein Grund für die Gesetzesmissachtung sein dürfe.Für den Landwirt wichtig ist der Hinweis, dass er sich zwar der mehrfachen Übertretung des Tierschutzgesetzes und der Missachtung von Tierhaltevorschriften schuldig machte, dass seine Vergehen jedoch nicht als Tierquälerei gelten. Letztlich setzte sich dann doch noch eine Einsicht durch. Er hätte wohl den Strafbefehl, den er erhalten hatte, besser akzeptiert und wäre nicht noch vor Gericht gezogen. Damit hat er recht: Es wäre trotz der nun gekürzten Busse deutlich günstiger gewesen.