08.03.2022

Präsidentenwechsel in Evangelisch Oberriet-Eichberg: «Er war mein Ziehvater in der Kivo»

In Evangelisch Eichberg-Oberriet gibt es einen Generationenwechsel: Marc Steiger löst Hansueli Geisser ab.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 02.11.2022
Hansueli Geisser aus Oberriet gehört seit 14 Jahren der Vorsteherschaft (Kivo) der Kirchgemeinde Eichberg-Oberriet an. Seit 13 Jahren steht er der Behörde als Präsident vor. Auf die Legislatur 2022 – 2026 gibt er das Amt in jüngere Hände. Um die Nachfolge per 1. Juli bewirbt sich Marc Steiger aus Eichberg. Seit zwei Jahren ist er der Vizepräsident in der Kivo.Hansueli Geisser, hatten Sie bereits Aussicht auf das Präsidium, als Sie 2008 in die Kivo gewählt wurden?Hansueli Geisser:Zunächst nicht. Ich stand noch im Berufsleben und wurde erst einmal Vizepräsident. Die Gemeindeversammlung machte mich 2009 zu ihrem Präsidenten. Ich trat die Nachfolge von Oliver Fischer an.Welches Ziel setzten Sie sich?Geisser:Mir war damals schon bewusst, dass ich viel Zeit in das Amt investieren würde. Der Aufwand entspricht heute etwa einem 50-Prozent-Pensum. Mir lag von Beginn an viel daran, alle Anliegen und Aufgaben miteinander zu besprechen – mit den Pfarrpersonen, mit der Vorsteherschaft und mit der Gemeinde. Ich wünschte mir, etwas dazu beitragen zu können, dass die Gottesdienste ein wenig besser besucht würden.Ist es Ihnen gelungen?Geisser:Ja, das ist es. Die Menschen fühlen sich wohl in der Kirchgemeinde und nutzen die vielseitigen Angebote. Ich mache eine wirklich schöne Arbeit. Die liebenswürdigen und engagierten Kirchbürgerinnen und -bürger bereiten mir stets Freude. Es gab keinen ernsthaften Streit und nie einen Vorfall, der mich wütend gemacht hätte.Warum treten Sie jetzt ab?Geisser: Ich habe in mehreren Vereinen Präsidien bekleidet. Zuletzt in der Kirchgemeinde. In Marc Steiger sah ich früh einen Mann, dem ich das Amt zutraue. Ich fragte ihn an und führte ihn nach seiner Wahl in die Kivo ein. Nun möchte ich einem jungen Menschen die Chance geben und ziehe mich zurück.Nennen Sie bitte einen Höhepunkt Ihrer Amtszeit.Geisser:Das war die Einweihung der sanierten Kirche im Jahr 2011. Die ganze Gemeinde war stolz, dass aus dem 300 Jahre alten Gotteshaus wieder ein schöner Feierraum geworden war. Die Kirche war von innen und aussen gestrichen, die Sitzbänke und Bodenbeläge sind erneuert worden.Marc Steiger:Es ist eine sehr schöne Kirche – hell, freundlich und schlicht.Welche Herausforderung bezeichnen Sie als Ihre grösste?Geisser: Die Pandemie. Wir mussten festgelegte Termine absagen und Gottesdienste mit Masken feiern. Es war eine harte Probe für die Gemeinschaft und sie ist jetzt wohl vorüber. Pfarrerin Ute Neef und Pfarrer Martin Böhringer können wieder die beliebten Gottesdienste anbieten. Die beiden gehen gut auf die Menschen zu und treffen den Nerv. Ich erinnere mich gern an den Feusenalp- und Rheinufergottesdienst. In der Natur ist es ein besonderes Erlebnis, von dem sich viele Leute ansprechen lassen.Steht die Kirchgemeinde finanziell gesund da und ist sie eigenständig?Geisser:Wir sind im Finanzausgleich der Kantonalkirche, der Steuerfuss liegt bei 28 Prozent. Uns gehören 1234 Bürgerinnen und Bürger an. Von der kritischen Grenze, sie liegt bei 1000, sind wir noch weit entfernt.Eine Fusion mit einer Nachbargemeinde ist also kein Thema?Geisser:In den ersten Jahren meiner Amtszeit wollte die Kantonalkirche Zusammenschlüsse forcieren. Sie legte uns einen mit Nachbargemeinden nah. Der Schritt stiess aber nicht auf Gegenliebe. Die Menschen hier haben ein dörfliches Lebensgefühl. Altstätten ist zum Beispiel eher städtisch geprägt. Weder die Menschen in Eichberg noch die in Oberriet fühlen sich zu Altstätten hingezogen. Ausserdem haben wir als eigenständige Gemeinde noch zwei Pfarrpersonen. Das könnte sich bei einer Fusion ändern.Marc Steiger, was denken Sie zum Thema Zusammenschluss?Steiger:Aktuell sehe ich keinen Sinn darin. Ich glaube, wir würden mehr Menschen verlieren, als dass wir gewinnen könnten. Wir sind eine ländlich geprägte Kirchgemeinde. Zum Beispiel passt Altstätten meiner Meinung nach nicht zu uns, und die Nachbarn der Kirchgemeinde Sennwald richten sich meist nach Süden aus.Spricht sonst etwas dafür, eigenständig zu bleiben?Steiger:Durchaus. Wir haben auch ausserhalb der Gottesdienste vielseitige Angebote. Die Menschen besuchen sie sehr gut, auch wenn sie nicht an Gottesdiensten teilnehmen. Wir wollen unsere Arbeit so gut machen, dass eine Fusion gar nicht erst zum Thema wird.Gilt das auch für die junge Generation?Steiger:In der Jugendarbeit haben wir eine intensive regionale Zusammenarbeit. Wir dürfen die Infrastruktur der Kirchgemeinde Altstätten mitnutzen. Unsere Jugendlichen besu-chen dort den «b free»-Gottesdienst. Umgekehrt bieten wir Anlässe für alle Jugendlichen der Region bei den Erlebnisprogrammen an.Marc Steiger, was reizt Sie am Präsidium?Steiger: Ich habe viel von der Kirche profitiert und die Zeit, die ich in der Kirchgemeinde Altstätten verbracht habe, genossen. Meine Frau und ich haben uns entschlossen, die Kirchgemeinde Eichberg-Oberriet zu unserem Heimatort werden zu lassen. Hier bringe ich mich ein. Ich investiere in die evangelische Kirche, von der ich profitiert habe.Haben Sie sich als Kivo-Mitglied beworben?Steiger:Hansueli Geisser wurde auf mich aufmerksam. Er fragte mich zunächst als Kivo-Mitglied an. Nach einem Jahr wurde ich Vizepräsident und nun bin ich bereit, das Präsidium zu übernehmen. Ich schätze die Zusammenarbeit im Gremium sehr. Wir können diskutieren und Meinungsverschiedenheiten auf eine konstruktive Weise klären.Sie werden ein junger Präsident sein. Als Vater Mitte 30 üben Sie sicher einen anderen Einfluss auf die Gemeinde aus als ein Präsident im Pensionsalter.Steiger:Das schon deshalb, weil ich ein anderer Mensch bin. Hansueli Geisser hat sehr viel Zeit investiert. Davon hat die Gemeinde profitiert. Ich versuche, die grossen Fussstapfen auszufüllen. Ich habe in ihm ein Vorbild und sehe ihn als meinen Ziehvater in der Kivo an.Geisser:Sobald Marc Steiger gewählt ist, werde ich ihm die Geschäfte schrittweise übergeben. Zum 1. Juli ziehe ich mich zurück, mische mich nicht mehr ein und äussere mich nur noch, wenn ich gefragt werde.Steiger: Es ist eine grosse Herausforderung, das Amt von jetzt auf gleich zu übernehmen. Ich bin dankbar, dass die Übergabe fliessend erfolgen wird.Wie vereinbaren Sie Familie, Beruf und Amt?Steiger:Ich habe mein Berufspensum wegen des Präsidiums auf 80 Prozent reduziert. Ich freue mich auf das Amt, bin auch gern Familienvater und in meinem Beruf tätig. Ich möchte die Verantwortung für alle drei Bereiche übernehmen. Die 20- Prozent-Pensenreduktion gibt mir Flexibilität in den diversen Aufgaben. Ich kann nicht so viel Zeit wie Hansueli Geisser investieren. Es ist sicher möglich, die Kivo neu zu organisieren und Aufgaben umzuverteilen.Zur PersonMarc Steiger hat Jahrgang 1985. Er wuchs in Altstätten auf und war dort in der reformierten Kirchgemeinde aktiv. Vor sechs Jahren zog er nach Eichberg. Dort lebt er mit seiner Frau und zwei Kindern. Beruflich ist der ausgebildete Informatiker als Teamleiter in der Systemtechnik tätig. Der Kirchenvorsteherschaft gehört Marc Steiger seit dem Jahr 2019 an. Ein Jahr später übernahm er das Vizepräsidium. (vdl)Hinweis: Die Präsidiumswahl findet an der Gemeindeversammlung vom Sonntag, 13. März, um 10.45 Uhr in der Kirche Eichberg statt.

Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 12 Franken im Monat oder 132 Franken im Jahr.