In vier Tagen fährt der 59-Jährige Sandro Scherrer diese Woche mit einer Postkutsche und acht Gästen rund um die Churfirsten. Der Landwirt aus Dietfurt bietet seit bald 30 Jahren Kutschenfahrten an. Eingespannt sind drei Lipizzaner und zwei Freiberger, die Strecke durch das Toggenburg, Werdenberg und Sarganserland fährt er heuer zum sechsten Mal. Start war wie immer in Dietfurt.
Wähen und Käse in Grabserberg
Halb neun Uhr morgens am Dienstag. Nebel hängt über Wildhaus. Bei leichtem Regenschauer trifft die Postkutsche beim Hotel Sonne ein. Über Nacht waren die Pferde bei einem Landwirt in Unterwasser untergebracht. Der bei der Reise mitfahrende Traktor mit idealem Anhänger bietet den fünf Pferden jeweils ein bequemes Nachtlager. Darin verbringen aber auch Sandro Scherrer mit den beiden Söhnen und Helfer Jakob Maute jeweils die Nacht; immer nahe bei den fünf sich erholenden Pferden. «Wir sind natürlich nicht zusammen mit den Pferden in diesem Stall. Die ‹Stallung› können wir vom Anhänger abladen und die Tiere schlafen gut zugedeckt im Freien.»
Nach Grabs führt die Reise. Bald wird von der Hauptstrasse abgebogen in Richtung Grabserberg. Kurvenreich ist dort die schmale Strasse. Bauernhäuser und Scheunen verschiedenster Jahrgänge liegen wild verstreut in der Landschaft. Sogar ein Schulhaus und einen kleinen Einkaufsladen gibt es auf dem Berg, eine Wirtschaft allerdings nicht. Dafür bietet die Bäuerin Babette Schlegel den Reisenden Platz für einen Kaffeehalt. Eine gemütliche Küche, noch warme Wähen mit Aprikosen und Käse sowie eigener Sirup stehen bereit.
Die Gastgeberin plaudert gerne mit den Leuten. Positiv eingestellt ist sie, gibt allerdings dem heurigen Sommer wenig Lob. «Letztes Jahr war unser Heu weiss Gott nicht von guter Qualität. Aber das heurige Futter ist wohl noch schlechter», sagt sie.
In Weite: Plötzlich ist die Strasse gesperrt
Man habe zwar um die Auffahrtstage das Mögliche recht gut geerntet. Doch das Silieren in der vergangenen Woche habe unter extrem nassen Umständen stattgefunden. Dass man Fahrzeuge nur noch mithilfe einer Seilwinde auf die feste Strasse gebracht habe, sei für sie eine Premiere gewesen. Das Mittagessen wird beim Werdenbergersee genossen. Nun geht’s mit der Kutsche in Richtung Wartau. Erst noch sah man steiles, verwinkeltes Land. Jetzt dominiert die Weite –sprichwörtlich. Ziel ist das Restaurant Heuwiese draussen in Rheinnähe. Aber «ohalätz», die Strasse ist plötzlich gesperrt. Sandro Scherrer muss umkehren und nach dem Ersatzweg fragen. Er findet einen Landwirt, der ihm den Weg weist. Und weiter geht’s. Mittlerweile scheint die Sonne. Doch beim Restaurant steht geschrieben: «Wegen Regenwetter geschlossen». Kein Grund, die gute Laune zu verlieren; weiterfahren. Schliesslich wird in einer Beiz in Weite der Nachmittagskaffee eingenommen. Das Gespann wartet derweil im Schatten. Eine Stunde Fahrt noch – und dann ist das Ziel Wangs erreicht.
Gestern ging die Reise weiter von Wangs nach Weesen, und heute hat man am letzten Tag bereits wieder das Ziel im Toggenburg vor Augen.