Pleitenserie schadet der Motivation nicht

Beni BruggmannDa sitzt er also in der zweiten Halbzeit auf der Spielerbank, er, der in dieser Saison nur bei einem einzigen Spiel wegen einer Verletzung gefehlt hat und bei den restlichen 19 nie ausgewechselt wurde. Ein Stammspieler! «Ich hatte Rippenschmerzen, eine Erinnerung an das Spiel vom letzten Wochenende. Eine Halbzeit lang habe ich auf die Zähne gebissen», sagt Fabian Besserer, «aber als ich spürte, dass ich der Mannschaft nicht mehr helfen kann, habe ich den Trainer um meine Auswechslung gebeten.»Nach der Pause ist er also nicht mehr auf dem Feld, seine Kollegen aber verlässt er nicht: «Ich gehöre zum Team. Mein Platz ist jetzt auf der Bank.» So erlebt er die langweilige zweite Spielhälfte von aussen. St. Margrethen verwaltet den Fünf-Tore-Vorsprung mühelos, schiesst noch ein Tor, das Spiel geht aus Diepoldsauer Sicht 0:6 aus. Seine Kollegen können das Spiel nicht bestimmen. «Ich habe gesehen, dass uns die Qualität dazu fehlt», stellt er fest.Das Team ist trotz desaströser Saison intaktDiepoldsaus Zweitliga-Bilanz ist niederschmetternd: 21 Spiele, ein einziges Unentschieden (gegen Vaduz II) und 20 Niederlagen.Ein Jahr lang den Platz stets als Verlierer zu verlassen, da muss doch die Lust am Sport vergehen. Nicht auf der Rheininsel! «Ich spiele zu gerne Fussball», sagt Fabian Besserer und strahlt sogar ein bisschen, «wir haben auch in dieser schweren Zeit Spass beim Training. Und nachher trinken wir ein Bier miteinander.» So, wie er das erzählt, glaubt man ihm aufs Wort. «Die Stimmung im Team ist gut, wir passen zueinander, die Mannschaft ist intakt.» Das sieht man im Spiel. Da können St. Margre­thens Supertechniker noch so viele Tore schiessen, jeder Diepoldsauer kämpft mit Einsatz bis zum Schluss.Mit seiner Postur ist er der geborene VerteidigerDer 24-jährige Fabian Besserer wächst in Diepoldsau auf. Im Fussball ist seine Rolle klar. Mit seinen 1,85 Metern ist er für Abwehrarbeit prädestiniert. Kopfball- und Zweikampfstärke sind seine Trümpfe, körperlich ist er topfit. Am liebsten wirkt er im Abwehrzentrum.«Ich spiele dort, wo mich der Trainer haben will und wo ich der Mannschaft helfen kann», sagt er, und erinnert sich an sein erstes Spiel in der 2. Liga Inter: «Das war in Chur. Ich war 17-jährig. Trainer Roman Hafner stellte mich als Aussenverteidiger auf.»Arbeit mit Beton – der beim FCD zurzeit fehltEr machte eine Lehre als Maurer und arbeitet heute bei Paluselli Elementbau in Diepoldsau. Nach Plan fertigt er zum Beispiel Treppen, Brunnen und Balkonplatten. Zuerst baut er aus Holz die Schale, dann füllt er den Beton ein. Beton? Das ist genau das Element, das in seinem Hobby zurzeit fehlt. Der Diepoldsauer Abwehr fehlen die Beton-Eigenschaften. Sie ist leicht zu durchdringen, löchrig. 82 Gegentore in 21 Spielen sind eine traurige Bilanz. Und im Spiel gegen St. Margrethen dauert es genau 73 Sekunden, bis die Gäste per Freistoss zum ersten Treffer kommen. Trotz die­-ses Katastrophenstarts gibt Diepoldsau nicht auf.Wie sein Team, gibt auch Fabian Besserer nicht auf. Ein Gespräch zwei Stunden vor dem Match lehnt er ab. Er will sich wie gewohnt vorbereiten, um dann auf dem Platz die optimale Leistung zu bringen. Nach dem Spiel ist er ein mitteilsamer Gesprächspartner mit ungebrochenem Optimismus. «Zum letzten Spiel treten wir in Ems an. Wir werden alles geben. Ich will unbedingt noch einmal gewinnen. Und meine Kollegen auch.»Im Verlauf des Gesprächs schaut Fabians Mutter kurz vorbei. Schliesslich hat die Zuschauerin ihren Sohn in der zweiten Halbzeit auf dem Feld vermisst. Wie steht es mit der Verletzung? Er kann sie beruhigen: «Nichts Schlimmes.» Einen Eindruck, den auch der Besucher vom Diepoldsauer Fussballplatz Rheinauen mitnimmt: Abstieg? Nichts Schlimmes!