04.08.2022

Platz für 700'000  m3  Wasser

Das Projekt Hochwasserschutz Rheintaler Binnenkanal steht, nun beginnt das Mitwirkungsverfahren.

Von Reto Wälter
aktualisiert am 02.11.2022
«Mit der heutigen Pressekon­ferenz schliessen wir das Planungsprojekt ab und starten das Mitwirkungsverfahren», begrüsste Roland Wälter, Präsident des Zweckverbands Rheintaler Binnenkanal, die Anwesenden bei den «Drei Brücken» in Balgach. Der Ort war nicht zufällig gewählt, denn dort soll der grösste Teil der baulichen Massnahmen des Hochwasserschutzprojekts Rheintaler Binnenkanal umgesetzt werden. Das Herzstück ist das Drosselbauwerk mit Rückhalteraum, das unmittelbar vor der Brücke der Verbindungsstrasse Balg­ach – Diepoldsau gebaut werden soll. Damit wird die Abflussmenge so gesteuert, das künftig unterhalb der Brücke kein Wasser mehr über die Ufer des Binnenkanals tritt, wie es bei den Hochwassern 1999, 2013 und 2017 der Fall war. Was nicht im Gerinne des Binnenkanals durch Widnau fliessen kann, soll in einem Rückhalteraum gespeichert werden. Bereit sein für ein JahrhundertereignisAusgehend von einem Jahrhundertereignis können mithilfe des Drosselbauwerks 700 000 m3 Wasser zurückgehalten werden.  [caption_left: So würde der Rückhalteraum bei einem Jahrhundert-Hochwasser überflutet.]Dazu wird die natürliche Topografie genutzt. Und ergänzt um einen halben Meter hohe Dämme, die 400 Meter Richtung Balg­ach und 600 Meter Richtung Diepoldsau im Windschutzstreifen entlang der Rietstrasse gezogen werden. Das Drosselbauwerk wird dereinst automatisch gesteuert. Ein Schwemmholzrechen gewährleistet, dass es im weiteren Kanalverlauf  zu keinen Verklausungen und damit zu Rückstauungen kommt. Das 44-Millionen-Projekt beinhaltet aber noch weitere Massnahmen, wie etwa die Verlegung und Aufweitung der Einmündung der Rietaach, Ufererhöhungen und -strukturierungen, ökologische Aufwertungen, Anpassungen von Brücken oder den Neubau eines Pumpwerks in der Nähe der «Drei Brücken». Mit Letzteren werde aber nur Wasser zurück ins Abflussgerinne gepumpt, erklärte Matthias Kreis, Geschäftsführer der Melioration der Rheinebene, die den Unterhalt dieser Anlagen übernehmen wird und von Anfang an beim Projekt involviert war. «Das Augenmerk lag nicht nur beim Hochwasserschutz», sagt Roland Hollenstein, Projekt­leiter des Hochwasserschutzprojekts. Auch die Bedürfnisse der Melioration und der Landwirtschaft, der Ökologie sowie der Menschen, die das Gebiet als Naherholungsraum nutzen, seien berücksichtigt worden. Entsprechend könne man nun ein nachhaltiges und ausgewogenes Konzept präsentieren. Auch das Gespräch mit den Landbesitzern und Pächterinnen wurde gesucht. Müsste ihr Land als Rückhalteraum genutzt werden, würde man den Boden wieder instand stellen und einen allfälligen Ertragsausfall vergüten. Ebenfalls bereits erstellt ist der Verteilungsschlüssel der Kosten: Von den 44 Millionen Franken übernehmen Bund und Kanton 27 Millionen. Neuneinhalb Millionen gehen zulasten von Daten-, Energie- und Wasserversorgern. Die restlichen siebeneinhalb Millionen wer­-den nach Perimeter auf die zwölf Gemeinden von Sennwald bis St. Margrethen aufgeteilt. Mitte August startet das MitwirkungsverfahrenMit dem Abschluss der Planung beginnt das Mitwirkungsverfahren der Bevölkerung. (siehe Kasten) Es startet am 18. August via Online-Plattform www.binnenka nal.ch und dauert bis am 30. September. Auch auf der Website sind Informationen abrufbar. Nach einer allfälligen Bereinigung geht das Hochwasserschutzprojekt Rheintaler Binnenkanal zur zweiten Vorprüfung an Bund und Kanton. «Da wir bereits bei der ersten Vorprüfung viele Inputs bekamen und diese einfliessen liessen, sind wir guter Dinge, dass wir das Projekt im April 2023 öf­fentlich auflegen können», sagt Zweckverbandspräsident Roland Wälter. Der Baustart ist 2025 vorgesehen. Bis zur Inbetriebnahme der Hochwasserschutz-Infrastruktur wird es weitere zwei bis drei Jahre dauern.Im besten Fall wäre alles im Jahr 2027 betriebstüchtig. Vorausgesetzt, es kommt nicht zu unerwarteten Verzögerungen durch Einsprachen oder Rechtsmittelverfahren. Das habe man nie in der Hand, so Wälter, aber: «Wir haben die Schutz­bedürfnisse der Bevölkerung und der Industrie, die Anliegen der Landwirtschaft, der Ökologie, der Fischerei und der Erholungssuchenden in einer frühen Phase bestmöglich aufeinander abgestimmt und hoffen nun, dass es zu keinen Rückschlägen kommt.»Infoveranstaltungen und ExkursionenDas Bauvorhaben Drosselbauwerk wurde mit Berechnungen geprüft und dazu bei der Versuchsanstalt der Technischen Universität München in Obern­ach 1:40 nachgebaut. Dank des Modells können Hochwasser­ereignisse simuliert werden. So kann der Einstau- und Entwässerungsprozess live erlebt werden. Interessierte haben die Möglichkeit, die Modellversuchshalle am 12. oder 13. September in Obern­ach zu besuchen. Abfahrt Car 7.30, Rückkehr ca. 17 Uhr. Anmelden können sich Interessierte unter www.binnenkanal.ch. Die Informationsveranstaltungen zum Hochwasserschutzprojekt finden am Dienstag, 16. August, in der OMR-Aula in Heerbrugg und am Mittwoch, 17. August, im Feuerwehrdepot in Oberriet statt. Beginn ist an beiden Orten um 18.30 Uhr. Den Interessierten wird das Projekt aus erster Hand vorgestellt und aufgezeigt, wie man sich beim Mitwirkungsverfahren einbringen kann. 

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