31.01.2019

Plastikfasten: Schluss mit Kunststoff

Bald beginnt die Fastenzeit: Kein Alkohol, kein Fleisch, keine Süssigkeiten, keine sozialen Medien. Yvonne Hahn fastet nicht, um abzunehmen, sondern die Umwelt zu schonen. Sie will versuchen, 40 Tage lang auf möglichst viele Plastikprodukte zu verzichten.

Von Benjamin Schmid
aktualisiert am 03.11.2022
Benjamin SchmidDie gelernte Therapeutin für traditionelle chinesische Medizin setzt sich schon seit Jahren für Naturschutzprojekte ein. Bilder von mit Plastik verschmutzten Stränden, Röntgenaufnahmen von Seepferdchen, die mit Plastik verstopft waren, oder Filme von Schildkröten, in deren Maul sich meterlange Plastikfäden verkeilten, veranlassten Hahn zum Umdenken. «Mir wurden die Augen geöffnet», sagt Hahn.Im Dezember erkannte sie, dass sie in ihrem Umfeld Verantwortung für das Plastikproblem übernehmen muss. Überall, wo sie hinschaute, war Plastik allgegenwärtig: Plastik hält unsere Lebensmittel frisch, es isoliert Kabel und Elektrogeräte. Plastikpartikel findet man in Duschgels und Gesichtspflegeprodukten, ebenso wie in Fahrkarten und Tetra Paks. «Selbst Getränke- oder Konservendosen sind innen mit Kunststoff beschichtet», sagt Hahn, «ganz zu schweigen von Textilien, Kosmetika und Waschmitteln.» Während Gemüse oft plastikfrei angeboten werden, sieht es bei den Frischwaren bedeutend schlechter aus, und die Situation bei Süssigkeiten ist beinahe hoffnungslos. «Plastik im Alltag ganz zu vermeiden, ist fast unmöglich», sagt die Vorarlbergerin, die in Rebstein arbeitet, «aber eine Reduktion sicherlich erstrebenswert.»Damit die Fastenzeit nicht zur Frustration führt, informiert sich Yvonne Hahn im Vorfeld darüber, welche Alternativen es bereits gibt. In welchen Läden gibt es plastikfreie Produkte? Wo kann man Nahrungsmittel kaufen, die nicht in Plastik verpackt wurden, und welchen Kompromiss gibt es für die herkömmlichen Pflegeprodukte?Positive Ökobilanz vorweisenUm das Plastikfasten richtig umzusetzen, bedarf es einer guten Vorbereitung und einer Portion Mut, mit Gewohnheiten zu brechen. «Selbst die Akupunkturnadeln sind in Plastik verschweisst», sagt die Therapeutin. Es sei bequemer, herkömmliche Produkte zu kaufen, statt nach neuen, plastikfreien Artikeln zu suchen. Aber die Mühe lohne sich, ist Hahn überzeugt. «Mir geht es nicht darum, gar kein Plastik mehr zu verwenden. Entscheidend ist es, sich ein Bewusstsein zu schaffen, welche Wirkung das eigene Verhalten auf die Umwelt hat.» Was nütze es, Plastik zu vermeiden, dafür Kleider über Onlineplattformen von China zu importieren oder mit dem Flugzeug um die Welt zu jetten. Verpackungen bedeuten nicht nur Material- und Energieverbrauch, sondern auch Schutz des Inhalts und helfen so, Food Waste zu minimieren. «Ich orientiere mich an der Ökobilanz», sagt Yvonne Hahn. Die Ökobilanz ist eine systematische Analyse der Umweltwirkungen von Produkten während des gesamten Lebensweges vom Abbau der Rohstoffe für die Herstellung bis hin zur Entsorgung und zum Recycling. Für die 35-Jährige schliessen sich Fairtrade und Umweltverträglichkeit nicht aus, sondern gehen Hand in Hand.Lokale Lebensmittel und Produkte fördern«Umweltverträgliche Produkte kosten zu viel», sagt Yvonne Hahn und ergänzt: «Deshalb entscheiden sich die meisten Leute gegen den Umweltschutz.» Dabei käme ein bewusster Umgang mit den Ressourcen dem lokalen Gewerbe zugute. Statt Lebensmittel um die ganze Welt zu transportieren, sollten regional produzierte Köstlichkeiten gekauft werden. «Erstens verkürzen sich so die Transportwege und zweitens verringert sich der Energieverbrauch», sagt Yvonne Hahn. «Man muss die eigene Bequemlichkeit überwinden und Gewohnheiten infrage stellen.»Noch vor wenigen Generationen war der Offenverkauf selbstverständlich. Kaputte Kleider wurden geflickt und an die jüngeren Geschwister übergeben, statt immer neue Markenklamotten zu kaufen. Man brauchte nicht jedes Jahr ein neues Handy – und war ein Gerät defekt, liess man es reparieren.Yvonne Hahn möchte in der Fastenzeit den Plastikverbrauch derart einschränken, dass all ihr Plastikabfall in ein Gurkenglas passt. Sollte sie das Ziel nicht erreichen, sei es auch kein Weltuntergang. «Wichtig ist, gewisse Lösungsansätze weiterzuführen und ein möglichst plastik­freies Leben vorzunehmen.» Sie möchte die Holzzahnbürste ebenso weiterverwenden wie die Stoff­säcke zum Einkaufen, Seifen statt Duschmittel nutzen und wieder auffüllbare Glasflaschen und Mehrwegdosen aus Edelstahl gebrauchen. In diesem Bemühen schloss sie sich mit über 110 Gleichgesinnten in der Facebookgruppe «Plastikfasten Rheintal» zusammen, tauscht sich aus und liefert Tipps, wie sich im Alltag Plastikabfall vermeiden lässt.

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