02.02.2021

Pflicht bringt kaum einen Effekt

Im ersten Lockdown waren die Strassen leer. Jetzt nicht – obwohl man nach Möglichkeit zu Hause arbeiten soll.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 03.11.2022
Seit zwei Wochen gilt in der Schweiz die Homeoffice-Pflicht. All jene sollen von zu Hause aus arbeiten, bei denen es die Art der Tätigkeit erlaubt und der Aufwand verhältnismässig ist. Der Bundesrat will mit der Anordnung die Mobilität im Land eindämmen. Ist das im Rheintal gelungen?Im ersten Lockdown im Frühling des letzten Jahres waren die Strassen wie ausgestorben. Der öffentliche Verkehr wurde markant weniger genutzt, kaum ein Auto war unterwegs. Das ist jetzt anders. Es sind nach wie vor viele Fahrzeuge auf den Strassen anzutreffen. Zu den Stosszeiten stauen sie sich an den üblichen Stellen.Weniger Homeoffice am IndustriestandortRuedi Mattle ist Präsident der Fachgruppe Verkehr des Vereins St. Galler Rheintal. Er bestätigt den Eindruck, dass der Autoverkehr nicht so stark abgenommen hat wie im Frühling. Zahlen liegen ihm aber nicht vor. «Der erste Lockdown war stärker», sagt er. Es waren mehr Läden geschlossen als jetzt, und die Schulen hatten anders als jetzt auf Fernunterricht umgestellt. Das Rheintal falle landesweit nicht so sehr ins Gewicht wie die Grossstädte, der Anteil des öffentlichen Verkehrs sei kleiner. «Wir sind ein Industriestandort. In der Produktion ist es meist nicht möglich, ins Homeoffice zu gehen.»Im Frühling waren die Menschen überrascht und verunsichert und blieben vielfach zu Hause. Dass sie in der zweiten Coronawelle mehr unterwegs sind, führt Ruedi Mattle auch auf die inzwischen geltende Maskenpflicht zurück. «Masken geben ein Schutzgefühl und erinnern uns an Covid. Im Sommer hatten wir das Virus fast vergessen.»Es habe auch mit den sinkenden Fallzahlen und der angelaufenen Impfaktion zu tun. «Mein Leben steht auch nicht so still wie im Frühling», sagt er als Stadtpräsident von Altstätten. Ruedi Mattle selbst arbeitet durchschnittlich an drei Tagen der Woche von zu Hause aus. «In der Stadtverwaltung setzen wir die Homeoffice-Pflicht weitgehend um.» Etwa die Hälfte aller Sitzungen findet als Videokonferenz statt. Damit die Stadt dennoch den vollen Service bieten kann, muss jede Abteilung mit zwei Mitarbeitenden besetzt sein. Der Schalter- und der Telefondienst sind sichergestellt. «Im Altersheim und den Technischen Betrieben ist Homeoffice weniger praktikabel», sagt Ruedi Mattle.Der Rückgang kam mit Beginn der zweiten Welle«Viele Arbeitnehmer haben schon vor der Homeoffice-Pflicht von zu Hause aus gearbeitet», sagt Roland Ochsner, Unternehmensleiter der Bus Ostschweiz AG. Zu ihr gehört die RTB Rheintal Bus.Mit Beginn der zweiten Welle brach die Passagierfrequenz um etwa 25 Prozent ein. «Der Rückgang im Januar war nicht mehr markant.» Der vom Bundesrat angestrebte Effekt, die Mobilität mittels Homeoffice-Pflicht zu verringern, sei in Zürich oder Basel wahrscheinlich grösser, sagt Roland Ochsner. «Wir haben im Rheintal weni-ger Banken, aber mehr Produktionsbetriebe. Deshalb mehr gewerblichen und Schulverkehr als im ersten Lockdown.»Die Zahlen von Januar 2021 hat der Kanton noch nicht ausgewertet. Deshalb kann Markus Keller, Projektleiter Verkehrstechnik beim Amt für Mobili-tät und Planung des Kantons St. Gallen, keine Angaben machen, wie sehr sich die Homeoffice-Pflicht auf den Autoverkehr auswirkt.Er gibt Auskunft darüber, wie sich die Verkehrsfrequenzen beim Zollamt Au in der Pandemie im Vergleich zum Jahr 2019 entwickelt haben. Das Verkehrsaufkommen lag 2020 durchwegs unter dem Vorjahresniveau. Dazu führte allerdings auch, dass die Rheinbrücke Kriessern-Mäder im Jahr 2019 zwischen der 25. und 41. Kalenderwoche gesperrt war.Zu Beginn des ersten Lockdowns brachen am Zoll Au die Zahlen um 80 Prozent ein. Nach der Grenzöffnung am 15. Juni, ab der 24. Kalenderwoche, stieg der Verkehr an der Grenze Au/Lustenau wieder auf etwa zehn Prozent unter dem Stand aus dem Jahr 2019.

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