Für viele bedeutet es ein Wochenende, das bis zum Montagabend reicht. Alle Jahre, wenn die Natur in Blüte steht, die Sonne schon alles zum Leben erweckt hat, dann kommt Pfingsten. Das ist eigentlich nicht zu vergessen!Und doch lebt vieles, vor allem die Geschichte, die zu diesem Fest geführt hat, nicht mehr in unserem Bewusstsein. Die Geschichte erzählt von Feuer, von Emotionen, von Mut, von Begeisterung, geradezu von einem Event.Jeweils bei erneutem Lesen kann ich mir vorstellen, dass damals in Jerusalem die Leute in eine Art Taumel geraten sind; andere dagegen fragten sich, ob sie es mit Betrunkenen zu tun hätten.Taumel, Ekstase, Trunkenheit – das liegt manchmal nahe beieinander: Vor Verliebtheit in Ekstase sein, trunken sein vor Glück oder sich dem Taumel der Begeisterung hingeben – das ist nachvollziehbar. Doch was hat das mit Pfingsten zu tun?Einer, der sich in einem Anfall von Mut – er hiess Petrus – ins Feuer redet, ruft es in die Menge: «Wir sind nicht betrunken! Wir sind begeistert, vom Geist ergriffen, von heiliger Geistkraft.»Hat der Verfasser der Apostelgeschichte (Kapitel 2) da nicht doch wohl mächtig übertrieben, wenn er schreibt, Zungen von Feuer hätten sich auf die verschüchterte Jüngerschar gesenkt? Unter gewaltigem Brausen?Die bildhafte Schilderung will zum Ausdruck bringen, wovon das Innere dieser Menschen ergriffen wurde. Die Blockaden der Angst und Zögerlichkeit sind gesprengt. Das lässt sich eindeutig am Auftreten von Petrus ablesen. Seit wann ist dieser Fischer so wortgewaltig? Weil ihm und der Gruppe der Versammelten aufgegangen ist, was göttlicher Geist im Menschen bewirken kann – und bewirkt! Die bohrende Frage nach Sinn und Unsinn des Kreuzestodes Jesu scheint «beantwortet».Jetzt sind sie dran, die Freunde Jesu. Sie sind gefordert, im Jetzt die Botschaft Jesu weiterzutragen: Der Tod ist nicht das Letzte unserer menschlichen Existenz!Mit dabei ist Maria, die Mutter Jesu, und zweifellos noch weitere Frauen, die unlängst fassungslos in der Nähe des Kreuzes gestanden sind. Sie alle wissen jetzt: Es geht um das Feuer der Liebe zwischen uns Menschen. Und Liebe kann nicht sterben, weil sie letztlich göttlichen Ursprungs ist. Welch eine hinreissende Perspektive!Das alles feiern wir an Pfingsten. Gerade jetzt, wo bedrohliche Wolken am politischen Himmel aufziehen, darf dieses Fest des Geistes und der Liebe nicht vergessen gehen!Ingrid GraveDominikanerin in Zürich